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Lohnerhöhung

TElbe Klinken: Bis zu 20 Prozent mehr Gehalt für 2400 Beschäftigte

Eine Pflegerin kümmert sich im Elbe Klinikum um eine Patientin.

Eine Pflegerin kümmert sich im Elbe Klinikum um eine Patientin. Foto: Elbe Kliniken

Die Elbe Kliniken Stade-Buxtehude heben die Gehälter und Vergütungen von 2400 Klinikbeschäftigen und Auszubildenden zum 1. Juli 2024 deutlich an. Es profitieren besonders die Beschäftigten, die viele Jahre zu wenig verdient haben. Die Reaktionen.

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Von Karsten Wisser
Sonntag, 15.10.2023, 11:31 Uhr

Der Aufsichtsrat der Elbe Kliniken hat eine umfangreiche Erhöhung der Tabellenentgelte beschlossen. Damit folgte er der Empfehlung, die die Geschäftsführung mit den Betriebsräten beider Gemeinschaftsbetriebe in Stade und Buxtehude erarbeitet hat. Für examinierte Pflegekräfte im stationären Betrieb sowie in Funktionsbereichen wie beispielsweise im OP steigt das Gehalt monatlich pauschal um 200 Euro und zusätzlich um 5,5 Prozent.

Der Aufsichtsrat entscheidet bei den Elbe Kliniken, weil diese seit Jahren nicht zum Tarifverbund Öffentlicher Dienst gehören.

Die niedrigen Einkommen profitieren besonders stark

Für Mitarbeitende in anderen Bereichen wie beispielsweise der Reinigung oder der Verwaltung steigt das Gehalt pauschal um 150 Euro in den höheren und um bis zu 250 Euro in den niedrigeren Entgeltgruppen. Zusätzlich erfolgt eine Erhöhung um jeweils 5,5 Prozent. Die getroffene Entscheidung zur Vergütungsentwicklung hat eine Laufzeit bis Ende 2025.

Ziel des neuen Gehaltsgefüges ist, die niedrigeren Entgeltgruppen besser zu bezahlen. Darüber hinaus werden einzelne Funktionen wie allen voran die medizinischen Fachangestellten bereits ab dem 1. Januar 2024 höher eingruppiert. Das heißt, dass sie schon ohne die Erhöhung mehr Geld bekommen.

Es geht hier um gut 100 Stellen und über 200 Köpfe, da viele hier in Teilzeit arbeiten. In Addition Sockelbetrag, prozentuale Gehaltssteigerung und höhere Eingruppierung liegt das Plus eines Beschäftigten mit drei Jahren Berufserfahrung bei 23 Prozent.

Elbe-Kliniken-Betriebsrat: Bin stolz darauf“

„Ich bin stolz darauf, dass wir das geschafft haben“, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Kai Holm gegenüber dem TAGEBLATT. Eine examinierte Pflegekraft bekommt insgesamt 12,1 Prozent mehr, eine Pflegefachkraft 12,54 Prozent, eine Küchenhilfe 19,6 Prozent, eine Reinigungskraft auch 19,6 Prozent, genau wie die Transportdienstkraft. Medizinisch technische Assistenzen im Labor erhalten 12,8 Prozent und Physiotherapeuten auch 12,8 Prozent.

Die Auszubildenden und Schülerinnen und Schüler profitieren ebenfalls von einer Erhöhung. Die Tabellenentgelte werden zum 1. Juli 2024 um jeweils 10 Prozentpunkte ohne festen Sockelbetrag erhöht. Der Großteil der Beschäftigten erhält damit spätestens ab dem zweiten Halbjahr 2024 eine Gehaltssteigerung im zweistelligen Prozentbereich.

In den Elbe Kliniken in Stade und Buxtehude arbeiten insgesamt knapp 3000 Beschäftigte. Dazu gehören unter anderem knapp 400 Ärzte, einige leitende Angestellte und etwa 50 Beschäftigte mit Altverträgen. Sie profitieren nicht von der Tariferhöhung. Die Elbe Kliniken sind der größte Arbeitgeber im Elbe-Weser-Raum und auch der größte Ausbildungsbetrieb.

Wissen nicht mehr, wie sie die Mieten zahlen sollen

Damit reagiert der Klinikverbund auf die massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten, die jeden einzelnen Beschäftigten treffen. „Wir sehen uns nicht nur in der Verantwortung, die Patientinnen und Patienten bestmöglich zu versorgen, sondern auch unser qualifiziertes Personal fair zu vergüten“, sagt Elbe-Kliniken-Geschäftsführer Siegfried Ristau. „Diese leisten Tag für Tag rund um die Uhr hervorragende Arbeit im Sinne der Patientinnen und Patienten.“

In Zeiten von Inflation und Preissteigerungen wüssten viele Menschen nicht mehr, wie sie ihre Miete, ihren Einkauf oder ihre Energiekosten bezahlen könnten. „Deshalb ist es gerade für uns als größter Arbeitgeber in der Elbe-Weser-Region wichtig, unsere Mitarbeitenden markt- und leistungsgerecht zu vergüten“, so Ristau.

„Ich bedanke mich ausdrücklich bei unserem Aufsichtsrat, der die notwendige Vergütungsanpassung sofort mitgetragen hat. Ein besonderer Dank gilt darüber hinaus unserem Träger, dem Landkreis Stade, für die Gewährung von Liquiditätshilfen in für Kliniken wahrlich schwierigen Zeiten“, so Ristau. Die Elbe Kliniken werden wohl in diesem Jahr erstmals seit 20 Jahren Verluste machen. Der Kreis hat die Kliniken mit 15 Millionen Euro unterstützt.

Die Erhöhung ist der verdiente Lohn für die Arbeit

Ein Großteil der deutschen Kliniken schreibt in diesem Jahr aufgrund von nicht refinanzierten Preiserhöhungen, steigenden Energiekosten, Inflation und den Nachwirkungen der Corona-Pandemie rote Zahlen. Viele davon sind in ihrer Existenz bedroht. „Kliniken haben bundesweit eine Verantwortung für etwa 1,3 Millionen Beschäftigte. Auch wenn die Zeiten für Krankenhäuser herausfordernder kaum sein könnten, müssen wir der Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitenden gerecht werden“, so Ristau.

„Die Einigung ist ein wichtiges Signal an die Beschäftigten“, sagt Landrat Kai Seefried als Aufsichtsratsvorsitzender der Elbe Kliniken. Das Ergebnis der Verhandlungen zeige die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung, wie sie seit vielen Jahren gelebt werde. „Es sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich tagtäglich mit großem persönlichem Einsatz für die Patientinnen und Patienten engagieren. Als Träger der Kliniken sind wir für dieses Engagement zutiefst dankbar“, sagt Seefried. Die Erhöhung der Entgelte sei eine verdiente Anerkennung. Außerdem sei eine marktübliche Bezahlung ein wichtiger Baustein, um als attraktiver Arbeitgeber zu bestehen - besonders in Zeiten des Fachkräftemangels.

Ein starkes Signal an die Belegschaft

Der Landkreis Stade hat mit Investitionszusagen für den Ausbau der Kliniken, mit der Liquiditätshilfe sowie mit dem Ziel eines eigenen Konzeptes zur Medizinerausbildung mehrfach klare Bekenntnisse zu seinen Krankenhäusern als kommunale Kliniken abgelegt. Es gelte, die gut aufgestellten Häuser erfolgreich in die Zukunft zu führen und dabei auch die Belange der Beschäftigten zu berücksichtigen, so Seefried.

„Das ist ein starkes Signal sowohl an unsere Belegschaft wie auch an künftige Mitarbeitende“, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Kai Holm. Die Elbe Kliniken müssten sich vergütungstechnisch nicht verstecken. Arbeitgeber und Betriebsräte konnten sich trotz finanziell schwieriger Zeiten auf gemeinsame Vorschläge einigen. Holm: „Das ist nicht selbstverständlich und setzt viel gegenseitiges Vertrauen voraus.“ Holm bremst aber auch die Euphorie: Vonseiten der Kostenträger - das sind die Krankenkassen - und des Gesetzgebers sehe er aber persönlich derzeit wenig positive Signale zur Verbesserung der finanziellen Situation in Krankenhäusern. „Hier scheint weiter die Absicht zu bestehen, unsere Kliniklandschaft durch ein System des finanziellen Aushungerns nach dem Zufallsprinzip zu verkleinern.“

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