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Vor Grundschule

T„Frechheit“: Warum dieser Snackautomat in Stade für Unruhe sorgt

Die Alte Dorfstraße in Wiepenkathen. Links der Snackautomat, rechts die Grundschule, dazwischen fließt Verkehr.

Die Alte Dorfstraße in Wiepenkathen. Links der Snackautomat, rechts die Grundschule, dazwischen fließt Verkehr. Foto: Alexandra Bisping

An einer Straße in Wiepenkathen steht seit kurzem einer der derzeit sehr beliebten Snackautomaten. Auf der anderen Straßenseite liegt die Grundschule – und diese Konstellation sorgt jetzt für Ärger.

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Von Alexandra Bisping
Freitag, 23.02.2024, 18:15 Uhr

Stade. Alpha Snack heißt der Automat. Und er kommt gut an. Zumindest bei den Kindern. Die schauen nur wenige Meter entfernt vom Schulhof der Wiepenkathener Grundschule auf den Automaten mit dem ungesunden Zeugs - das viele Kinder jedoch lieben. Angefangen von Riegeln und Schokoladenbonbons über Schoko-Tafeln bis hin zu Soft- und Energydrinks. Vielen Erwachsenen schmeckt das nicht.

„Den Automaten dort aufzustellen ist eine Frechheit.“ Ortsbürgermeister Horst Deede (UBLS) sieht das Ganze äußerst kritisch. „An einem Montagmorgen war der Automat da, gegen Mittag haben sich schon die ersten Eltern bei mir beschwert“, sagt er. Die Grundschule liegt an der Alten Dorfstraße in Wiepenkathen, der Automat genau gegenüber auf der anderen Straßenseite. Abgesehen von dessen Inhalt, so Deede, sei der Standort auch „so was von gefährlich“.

Für Grundschüler sind Produkte wie Softdrinks und Süßes in dem Automaten verlockend, aber Gesundes sieht anders aus.

Für Grundschüler sind Produkte wie Softdrinks und Süßes in dem Automaten verlockend, aber Gesundes sieht anders aus. Foto: Alexandra Bisping

Schüler in Stade waren von dem Automaten begeistert

„Die Schüler gehen nicht mehr bis zur Ampel, sie rennen direkt über die Straße“, sagt Deede, der befürchtet: Obwohl dort Tempo 30 vorgeschrieben sei, könne schnell etwas passieren.

Grundschulleiter Niels Gramkow ist der Automat ebenfalls ein Dorn im Auge. In den ersten Tagen seien die Schüler „hellauf begeistert“ gewesen. „Gefühlt 100 Kinder haben am ersten Morgen am Zaun gehangen und rübergeschaut“, sagt er. Und nachmittags zögen sich durchaus Kinder etwas aus dem Automaten.

Auch Gramkow hat beobachtet, dass seine Schüler nicht unbedingt die Ampel benutzen, um über die Straße zum Automaten zu kommen. Der Ausgabeapparat mit den gezuckerten Snacks - außer diesen lassen sich auch E-Shishas ziehen - sei in den Klassen thematisiert worden, berichtet der Schulleiter.

Eltern hätten sich an ihn gewandt und ihn um Hilfe gebeten, sagt Gramkow. Er habe mit dem Ortsbürgermeister gesprochen. Doch den Stein des Anstoßes wieder entfernen zu lassen, gestaltet sich schwierig. Der steht nämlich auf einem Privatgrundstück. Dass die Stadt in diesem Fall nichts unternehmen kann, bestätigt Pressesprecher Stephan Voigt. „Auf Privatgrundstücken hat die Stadt keine Handhabe“, sagt er.

Zahl adipöser Kinder unter 15 Jahren steigt

An der Schule habe es sich inzwischen aber „deutlich beruhigt“, sagt Gramkow. „Wir gehen stark davon aus, dass Eltern ihren Kindern das verboten haben.“ Im Ort, so habe er gehört, werde der Snackautomat aber noch immer diskutiert. Besorgte Eltern dürften auch dabei sein. Das wäre allein aufgrund der angebotenen, durchaus gewichtssteigernden Zuckerbomben nicht verwunderlich.

Wie auf dem Portal des NDR zu lesen, ist laut Barmer Krankenkasse der Anteil an adipösen Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren in Niedersachsen gestiegen. Waren im Jahr 2011 insgesamt 32.000 fettleibige Kinder bei der Barmer versichert, stieg die Zahl zehn Jahre später, auch teilweise bedingt durch Corona-Lockdowns, Homeschooling und wenig Bewegung, auf 43.000 an. Was hat also den Betreiber dazu veranlasst, genau dort den Automaten aufzustellen?

Der Betreiber ist ein ehemaliger Grundschüler

Wer die Handynummer wählt, die an dem Snackautomaten steht, spricht mit Alexander Fitz. Er betreibt diesen und weitere Snackautomaten - und ist tatsächlich ein ehemaliger Schüler der Wiepenkathener Grundschule. Hat er Resonanz bekommen? Ein paar Elternbeschwerden habe es gegeben, sagt er. Aber nicht persönlich, sondern auf Facebook.

Warum er seinen Automaten genau dort platziert hat, kann er leicht erklären. „Ich kenne den Besitzer des Grundstücks. Und der hat mich gefragt, ob ich einen Automaten aufstellen will“, so der Betreiber. Es scheint, als habe Fitz sich wenig Gedanken darüber gemacht, dass sich der Apparat in unmittelbarer Nähe zur Grundschule befindet.

Zu den Produkten gehören nicht nur Energydrinks. Die sind übrigens nach Angaben von Foodwatch (Verbraucherschutz-Verein für Lebensmittelqualität) bis zum Alter von 18 Jahren in Lettland, Litauen und Polen verboten. Fitz sagt: „Alles, was erst ab 18 gekauft werden darf, kann nur mit Ausweis gezogen werden.“ Dazu zählten bei diesem Automaten auch Energydrinks. Aber: Cola gehöre nicht dazu.

Gibt es an dieser Stelle, an der augenscheinlich wenig Laufkundschaft vorbeikommt, genug Kunden? Ob sich der Automat dort lohne, könne er noch nicht sagen, sagt Alexander Fitz. „Der steht erst seit ein paar Wochen, das wird sich zeigen.“

Was den Standort betrifft, scheint es keine rechtliche Handhabe zu geben. Horst Deede hat aber noch etwas anderes im Köcher: Der Automat ist kameraüberwacht. Und Aufnahmen im öffentlichen Raum, so Deede, seien nicht zulässig.

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