TFitness-Bundesliga: Wo die Quälerei Teamarbeit ist

Maurice Monte und Jana Joy Vorrenhagen heben gemeinsam den „Wurm“ hoch, einen 50 Kilogramm schweren Sack. Solche Trainingsgeräte sind typisch für Crossfit. Foto: Ralf Masorat
Für den Trendsport Crossfit muss man bereit sein, an seine körperlichen Grenzen zu gehen. Das Team „Better Training“ aus Bremerhaven startet sogar in der Fitness-Bundesliga. Was ist das für ein Wettbewerb? Und warum wächst die Crossfit-Szene?
Bremerhaven. Wer zum ersten Mal Begriffe wie Box Jumps, Wall Balls, Cal Row oder Double Isabel hört, wird sich kaum vorstellen können, dass dahinter anspruchsvolle und schweißtreibende Crossfit-Übungen stecken. Immer mehr Frauen und Männer in Deutschland betreiben dieses besondere Fitnesstraining, das turnerische Elemente mit Gewichtheben und Eigengewichtsübungen verbindet. Deutsche Meisterschaften hat die Crossfit-Szene ebenfalls zu bieten - in dieser Saison startet erstmals ein Team aus Bremerhaven in der Fitness-Bundesliga.
60-mal zwei Kugelhanteln in die Höhe stemmen
Bei „Better Training“ im Bremerhavener Stadtteil Wulsdorf sorgen an einem Sonntagvormittag stampfende Beats für Stimmung, lautstark werden die Sportlerinnen und Sportler angefeuert, die gerade ihr Work-out absolvieren.
„Ja, Sarah. Nimm die Hüfte hoch. Noch mal Gas geben“, ruft Nils Franzke seiner Teamkollegin Sarah Seidel zu. Und die kann die verbale Unterstützung des „Better Training“-Inhabers gut gebrauchen.
Gemeinsam mit Jana Joy Vorrenhagen muss sie zwei Kugelhanteln 60-mal in die Höhe stemmen. Gar nicht so einfach, wenn man das gleiche Programm zuvor schon mit einer Langhantel durchgezogen hat. Die von der Fitness-Bundesliga vorgegebene Zeit von zwölf Minuten für diese Übung erreichen die Bremerhavener dieses Mal nicht. „Das schafft aber kaum ein Team“, tröstet sich Sarah Seidel.
Während des Work-outs kommt die Frage nach dem Sinn auf
Was treibt die Sportlerinnen und Sportler an, sich derart auszupowern und körperlich an ihre Grenzen zu gehen? Darüber wundert sich Celina Wübbe manchmal auch, das räumt die ehemalige Handballerin der HG Bremerhaven ein. „Während der Work-outs, wenn es besonders hart wird, frage ich mich oft: Warum machst du das eigentlich?“, erzählt die 21-Jährige lachend.

Nils Franzke, Inhaber von „Better Training“ in Bremerhaven, und Celina Wübbe machen Klimmzüge. Beide gehören dem Team an, das in dieser Saison in der Fitness-Bundesliga startet. Foto: Ralf Masorat
Die Bremerhavenerin hat in der Pandemie, als Handballtraining wegen der Corona-Auflagen verboten war, zum Crossfit gefunden. Als Mannschaftssportlerin gefällt ihr der Teamgedanke: „Man feuert sich gegenseitig an und leidet zusammen.“ Auch der gesundheitliche Aspekt ist Celina Wübbe wichtig: „Im Fitnessstudio geht es oft ums stumpfe Pumpen. Beim Crossfit trainiere ich nicht nur Kraft, sondern auch Ausdauer, Beweglichkeit und Schnelligkeit.“
Wer mit seinem Work-out fertig ist, feuert die anderen an
Nils Franzke kommt aus dem Kampfsport und ist zum Crossfit gewechselt, nachdem ihn ein Kumpel zum Probetraining in eine Box - so heißen die Trainingsstätten - mitgenommen hatte. „Im Fitnessstudio wird man erst ernst genommen, wenn man nach was aussieht. Beim Crossfit hat mich begeistert, dass alle nett waren und auf mich zugekommen sind. Wenn man mit seinem Work-out fertig ist, wartet man auf die anderen und feuert sie an“, sagt der 35-Jährige, der vor zwei Jahren die „Better Training“-Filiale in Bremerhaven eröffnet hat. „Ich bin stolz darauf, dass wir es so weit gebracht haben, ein Team für die Bundesliga stellen zu können. Das sind alles Athleten, die erst neu mit dem Sport angefangen haben“, betont Franzke.
„Better Training“ kann in die 1. Liga aufsteigen
Dafür können sich die Ergebnisse des gemischten Bremerhavener Teams, für das sich
vier Frauen und vier Männer in einer internen Ausscheidung, den sogenannten Box Battles, qualifiziert haben, schon sehen lassen. Deutschlandweit haben sich rund 180 Mannschaften für die Fitness-Bundesliga angemeldet. „Better Training“ belegt aktuell den 114. Platz und wurde damit in die 2. Liga eingestuft.

Gemischte Teams sind beim Crossfit üblich. Für „Better Training“ treten (vorne von links) Celina Wübbe, Jana Joy Vorrenhagen und Sarah Seidel sowie (hinten von links) Nico Kleinert, Nils Franzke, Maurice Monte und Thorsten Zinke an.Foto: Ralf Masorat Foto: Ralf Masorat
Bei den Region Battles am Sonntag, 12. November, haben die Bremerhavener aber die Chance, in die erste Liga aufzusteigen. „Es hängt vom eigenen Biss und von der Selbstdisziplin ab, wie weit man kommt. Unsere Teammitglieder trainieren alle vier- bis fünfmal in der Woche“, erklärt Franzke.
Trainer geben ihr Wissen gerne weiter
Trainiert werden die Bremerhavener von Crossfittern, die bereits erfolgreich an der Fitness-Bundesliga teilgenommen haben. Christopher Brügmann, ein früherer American-Football-Spieler der Bremerhaven Seahawks, und Madita Rudloff haben in der vergangenen Saison mit dem Bremer Ableger von „Better Training“ die Playoffs in Mühlhausen/Thüringen erreicht und unter den 24 besten deutschen Teams den neunten Platz belegt. „Wir möchten unser Wissen weitergeben“, sagt Madita Rudloff. Ihr gefällt es, dass sich jeder nach seinen Stärken einbringen kann: „Man kann die einsetzen, die das Work-out am besten können.“
Mit dem Training wird man nie fertig
Simon Reiche, auch ein ehemaliger Footballer, ist nur da, um seine Freundin Sarah Seidel zu unterstützen. Der Bremerhavener trainiert aber selbst fleißig und weiß, warum das zumindest ihm und seinen Mitstreitern nie langweilig wird: „Irgendwo hat man immer Schwächen, an denen man arbeiten kann. Man wird nie perfekt sein.“
So sehen die Work-outs aus
In der Saison 2023/2024 haben die Teams, die in der Fitness-Bundesliga als Zweitligisten eingestuft wurden, an den Spieltagen insgesamt vier Work-outs zu meistern, für die es strenge Zeitlimits gibt. Oft beginnen zwei Männer eine Übung, dann sind die Damen dran. Es gibt aber auch gemischte Übungen. Für die Frauen gibt es leichtere Gewichte und kleinere Holzboxen, auf die sie springen müssen. Wir stellen zwei Work-outs vor.
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Work-out 1: Die Übung absolvieren zwei Mixed-Teams in 24 Minuten. Für Team 1 geht es darum, synchron einen Wall Ball, einen modernen Medizinball, auf ein in der Höhe angebrachtes Schild zu werfen - und das 40-mal. Es folgen 20 Ausfallschritte nach hinten mit einer Hantel. Danach wird der Wall Ball wieder 40-mal geworfen. Im Anschluss wird 20-mal aus dem Stand auf eine Box gesprungen. Team 1 hat es fast geschafft. Zum Abschluss stehen noch weitere 40 Würfe und 20 Überquerungen der Box mit einer Hantel auf dem Programm. Team 2 wird ähnlich gefordert, hier kommt aber noch die Klimmzugstange zum Einsatz.
Work-out 2: Hier treten zwei Männer zusammen an, ebenso zwei Frauen. Die Übung muss ebenfalls in 24 Minuten geschafft sein. Die Männer führen 200 Liegestützen aus, wobei die Füße auf der Holzbox liegen und mit den Händen auf dem Boden liegende Kugelhanteln gegriffen werden. Anschließend geht es an die Klimmzugstange, wo bei der Übung mit den Zehen die Stange berührt werden soll. Die Frauen ziehen dasselbe Programm durch, heben aber im Sitzen 200-mal eine Langhantel.