TFort Kugelbake: Geschichte der letzten Marinefestung an der Nordseeküste

Blick auf die Kugelbake mit Bauhafen, wie er sich in den 1950er und 1960er Jahren darbot. Es gab hier einen beachtlich langen Anlegesteg. Im Hintergrund ist vor dem Fort Kugelbake noch die alte Strandhalle zu erkennen. Foto: Stadtarchiv
Das vor 155 Jahren errichtete und 1994 restaurierte Fort Kugelbake in Cuxhaven ist die einzige noch erhaltene Marinebefestigungsanlage an der deutschen Nordseeküste. Ein historischer Rückblick.
Cuxhaven. 1870 wurde auf Betreiben Preußens der Grundstein für die Küstenbefestigungsanlage an der Kugelbake gelegt. Ihr Zweck: mit Geschützen schwersten Kalibers den Schifffahrtsweg Elbe und die Einfahrt in den Nord-Ostsee-Kanal sichern.
Vor gut 30 Jahren wurde das Fort, das zuvor über 20 Jahre lang im Dornröschenschlaf vor sich hingedämmert hatte, zum Leben erweckt. Die weitgehend geschichtstreue Wiederherstellung der Festung kostete mehr als 6,5 Millionen Mark, vorwiegend aus Mitteln der EU. Heute kann das fünf Hektar große Marineartilleriefort mit fachkundigen Führungen besichtigt werden. Zudem finden hier regelmäßig publikumsträchtige Veranstaltungen statt.
Schon Napoleons Truppen bauten hier Befestigungsanlagen
Die strategische Bedeutung dieses exponierten Standorts bei der Kugelbake hatten schon die Franzosen erkannt. Napoleons Militärs errichteten ab 1807 Befestigungsanlagen, um die Kontinentalsperre gegen Großbritannien durchzusetzen und Angriffe auf die unter französischer Besatzung stehende norddeutsche Küste zu verhindern. Nach dem Abzug der Franzosen im Jahr 1813 blieb von diesen Batterien nichts übrig.
Erst 1868 genehmigte das preußische Kriegsministerium, vier Jahre nach der Seeschlacht vor Helgoland im deutsch-dänischen Krieg, den Bau von zwei Forts, eines an der Kugelbake und eines bei Grauerort bei Stade. Noch während des Baus des Kugelbake-Forts brach 1870 der deutsch-französische Krieg aus. In dieser Zeit wurde sogar die Kugelbake abgebaut, um feindlichen Schiffen keine Orientierung zu geben.
Einwohner mussten Arbeiter und Soldaten unterbringen
Während der Errichtung des Forts mussten 1800 Arbeiter und 1400 Soldaten in Cuxhaven, das zu der Zeit nur 5000 Einwohner hatte, untergebracht und verköstigt werden. Das musste, zum Unmut der Bürger, privat geschehen. Auch nach Ende des Krieges blieben noch 400 Soldaten in Cuxhaven. Den Bau einer Kaserne lehnte das Kriegsministerium zunächst ab. Eine Unterbringung im Fort kam aufgrund der Feuchtigkeit nicht infrage.
Cuxhaven wurde stärkste Festung des Deutschen Reichs
Das Fort wurde zunächst mit 21-Zentimeter-Geschützen ausgestattet, 1890 waren es bereits zehn 28-Zentimeter- und vier 21-Zentimeter-Kanonen. Die Geschütze aus der Rüstungsschmiede Krupp waren allerdings veraltet. Die Aufrüstung des Forts ging dann mit der Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals (Kaiser-Wilhelm-Kanal) einher. Die preußische Armee übergab ihre Einrichtungen an die Kaiserliche Marine. 1892 wurde Cuxhaven Marinegarnisonsstadt. Während des Ersten Weltkrieges waren 8500 Soldaten in Kasernen, Batterien und Massenquartieren untergebracht. In dieser Zeit wurde Cuxhaven die stärkste Festung des Deutschen Reichs.
Größter Scheinwerfer der Welt installiert
Zwischen 1893 und 1908 wurden entlang der Cuxhavener Küste etliche Befestigungsanlagen mit schweren Geschützen errichtet. Die Geschütze der Batterien von der Alten Liebe bis Duhnen hatten eine Reichweite von 17,5 Kilometern und konnten somit das Fahrwasser bis Scharhörn und zur holsteinischen Küste abdecken. Die 28-Zentimeter-Geschütze des Forts Kugelbake hatten eine Reichweite von zehn Kilometern. An einem Bunker mit bis zu drei Meter dicken Stahlbetonwänden wurde der damals größte Scheinwerfer der Welt installiert. Er erreichte eine Lichtintensität von 318 Millionen Normalkerzen, konnte 4,5 Kilometer weit scheinen und wurde von vier 20-kw-Motoren angetrieben.
Schießübungen im Fort lockten Touristen an
Vor dem Ersten Weltkrieg fanden jährlich Schießübungen im Fort statt, ein touristischer Magnet. Auch Flottenmanöver wurden zwischen Cuxhaven und Helgoland durchgeführt. Für die Besatzung des Forts waren allerdings die Lebensumstände in den Kasematten beinahe unerträglich, denn die Feuchtigkeit war nicht in den Griff zu bekommen. Erst 1913 wurde die Besatzung in einer Baracke vor dem Fort untergebracht.
Kanonenbahn vom Bahnhof bis zum Fort
1889 wurden Gleisanlagen für eine Militärverbindungsbahn, im Volksmund „Kanonenbahn“ genannt, vom Bahnhof bis zum Fort Kugelbake verlegt, um Schwertransporte abzuwickeln. Da die Bahn nicht ausgelastet war, wurde eine zivile Mitnutzung in Angriff genommen. Nach langen Verhandlungen mit der Marineverwaltung ging die Straßenbahn am 6. Juli 1914 in Betrieb und erfreute sich sofort großer Beliebtheit. Doch nach nur 28 Tagen musste die Bahn den Betrieb aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges wieder einstellen.

Eines der 28-Zentimeter-Geschütze im Fort Kugelbake während des Ersten Weltkrieges. Foto: Angelbeck / Sammlung Gerd Wildfa
Nach Ende des Krieges, in dem das Fort unversehrt geblieben war, wurden nach den Bedingungen des Versailler Vertrages die Geschütze abmontiert. Das Fort diente nun als Munitionslager. Erst kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde es zur Batterie Kugelbake wieder aufgerüstet.
Unterkunft für Flüchtlinge und Firmensitz
Nach dem Krieg und der folgenden Entmilitarisierung diente das Fort mit seinen Baracken, Bunkern und Kasematten als Unterkunft für Flüchtlinge. 24 Familien waren hier untergebracht. Darüber hinaus wurde das Gelände gewerblich genutzt. Eine Tischlerei, eine Hühnerfarm, eine Spielzeugmanufaktur, eine Nerzfarm, ein Handel mit Häuten, eine Fertigung von Hausschuhen aus gegerbten Fischhäuten waren hier zeitweilig tätig. Ein Flüchtling richtete sogar eine Jugendherberge mit alten Wehrmachtsbetten im Betonbau der Wehrmachtsbaracke ein, die bis 1967 Bestand hatte. Die Gießerei Schmidt war bis 1956 im Fort ansässig.

Das Fort Kugelbake von oben mit Messeplatz und Kugelbake-Halle (ältere Aufnahme). Foto: Armbrust
Nachdem 1971 die 76-jährige Witwe Wally Schimmelpfennig in ihrem Haus vor dem Fort mit ihrer eigenen Axt erschlagen worden war - der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt - verließ auch der letzte Bewohner, der bekannte Fremdenführer Max Kaule („He lücht“), das Fort. In den Jahren danach eroberte die Natur das Gelände und überwucherte die Gemäuer der Küstenbefestigungsanlage. Erst durch das Künstlersymposium „Schützen, Wappnen, Entrüsten“ von 1991 kehrte das Areal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurück und wurde - zumindest teilweise - wieder zugänglich gemacht.
In den Zustand des Jahres 1910 zurückversetzt
Die Stadt Cuxhaven übernahm das Fort bereits 1970 vom Bund. 1984 wurde es als erhaltenswerte bauliche Anlage nach dem Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz eingestuft. Die Restaurierung zehn Jahre später mit dem Ziel, die Anlage in den Zustand des Jahres 1910 zurückzuversetzen, stoppte den Verfall und gab ihr den historischen Charakter zurück. Dazu zählt auch das auf einer Betonplattform an der Originalposition aufgebaute baugleiche 10,5-Zentimeter-Fla-Geschütz. Es handelt sich dabei um eine Dauerleihgabe aus der norwegischen Festung Oscarsborg.
(Quelle: „Fort Kugelbake - Ein Streifzug durch die Geschichte“, Broschüre des Veranstaltungszentrums Nordseeheilbad Cuxhaven, Verfasserin: Elke Schröder-Roßbach, 1994)