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Gastronomie

TGasthof-Aus im Stader Nachbarkreis: Traditionslokal schließt nach 160 Jahren

Die alten Lokale von Uthlede: Gaststätte „Zur Erholung“ (v.o.l.), „Tante Meta“ Blendermann, die Gaststätte „Würger“ und die Gaststätte „Up‘n Barg“.

Die alten Lokale von Uthlede: Gaststätte „Zur Erholung“ (v.o.l.), „Tante Meta“ Blendermann, die Gaststätte „Würger“ und die Gaststätte „Up‘n Barg“. Foto: Baur

Eine Tradition endet: Die Gaststätte Würger in Uthlede (Kreis Cuxhaven) schließt. Nach 160 Jahren sieht das Betreiberpaar Fischer keinen anderen Ausweg, als die Türen für immer zu schließen.

Von Otto Baur Sonntag, 20.07.2025, 07:50 Uhr

Landkreis Cuxhaven. Ende dieses Jahres wird Uthledes letztes Traditionslokal, die Gaststätte Würger, seine Pforten schließen. Die 1865 eröffnete Gastwirtschaft wurde stetig erweitert. 1965 wurde die Diele zum Saal umgebaut, und die Hengststation zog in das Stallgebäude ein.

Gaststätte Würger: 1865 bis 2025

Carsten Fischer und seine Frau Vera, geborene Würger, absolvierten in den 1970er Jahren ihre Gastronomieausbildung im renommierten Hotel Naber in Bremerhaven. In den vergangenen vierzig Jahren bauten sie den Betrieb in Uthlede zu einem weithin bekannten Lokal mit Saal, Konferenzräumen, Kegelbahn und Gästehaus aus. Hochzeiten, Geburtstage, Erntefeste, Grünkohl-, Spargel- und Fischessen – der Laden läuft.

„Aber wir haben das Rentenalter erreicht, und unser Sohn hat kein Interesse, den Betrieb allein weiterzuführen“, sagt Carsten Fischer. „Dazu kommen aber auch der Personalmangel und ständig neue Vorschriften, die uns Gastronomen allgemein sehr zu schaffen machen.“

Damit geht Ende des Jahres die Ära der Uthleder Traditionsgaststätten zu Ende. Vor gut vierzig Jahren hatte Uthlede fünf davon, zu denen meistens noch ein weiterer Geschäftszweig gehörte, um davon leben zu können.

Gastwirtschaft Wolters: Das älteste Lokal von 1847

So war es auch bei Uthledes ältester Gastwirtschaft Wolters. Neben einer Bäckerei war hier bereits 1847 eine Deckstelle des Königlich Hannoverschen Landgestüts untergebracht. 1884 wurde der Gesangverein und 1897 die Freiwillige Feuerwehr „im Woltersschen Locale“, wie es in den Protokollbüchern hieß, gegründet. Halterungen im Tanzboden zeugten auch noch lange davon, dass hier die Sportler bei ihren Turnübungen ihre Geräte befestigt hatten.

Noch aus dem 19. Jahrhundert stammt dieses Bild von Uthledes ältester Gastwirtschaft „Wolters“. Bereits 1847 wurde hier eine Hengstdeckstelle des Königlich Hannoverschen Landgestüts eingerichtet.

Noch aus dem 19. Jahrhundert stammt dieses Bild von Uthledes ältester Gastwirtschaft „Wolters“. Bereits 1847 wurde hier eine Hengstdeckstelle des Königlich Hannoverschen Landgestüts eingerichtet. Foto: Baur

Eine weitere alte Gastwirtschaft war die der Familie Blendermann, zu der ebenfalls eine Bäckerei und Honigkuchenfabrik gehörte. Wenn in den Fünfzigerjahren Schützenfest gefeiert wurde, konnte man für einmal Eintritt zahlen auf beiden Sälen tanzen.

Zwischen beiden Lokalen waren an der Moorstraße die Buden und Karussells aufgebaut. Bei Wolters war in den „Fünfzigern“ noch regelmäßig Kino.

„Tante Meta“ Blendermann mit dem ersten Fernseher

„Tante Meta“ Blendermann hatte dagegen den ersten Fernseher im Dorf. Zur Fußballweltmeisterschaft 1954 war ihr Clubzimmer ein besonderer Anziehungspunkt. Aber auch die Kinder des Dorfes sahen sich dort am Sonntagnachmittag gern die Kinderstunde an und gönnten sich dabei einen „Sprudel“, der damals vom Sandstedter Bierverlag Stieg noch selbst hergestellt wurde.

Bei größeren Festlichkeiten bedienten auch die Leute aus dem Dorf die Gäste. Unser Bild aus den 1950er Jahren zeigt von links Anna Bippus, Hinrich Hölljes, Wirtin „Tante Meta“ Blendermann, Johann Wesemann, Jonny Ohlsen und Walter Sasse.

Bei größeren Festlichkeiten bedienten auch die Leute aus dem Dorf die Gäste. Unser Bild aus den 1950er Jahren zeigt von links Anna Bippus, Hinrich Hölljes, Wirtin „Tante Meta“ Blendermann, Johann Wesemann, Jonny Ohlsen und Walter Sasse. Foto: Baur

Hochzeiten wurden immer mehr auf den Sälen und nicht mehr auf der Diele gefeiert, aber es gab noch nicht den Rundumservice von heute, sondern die Nachbarn übernahmen weiterhin einen großen Teil der Arbeiten.

Gaststätte war „Zur Erholung“ mit Tanz nach Schallplatte

Eine weitere traditionelle Gaststätte war „Zur Erholung“ der Familie Baur. In den Dreißigerjahren gab es hier im Obergeschoss noch einen kleinen Saal, in dem Otto Baur senior Tanz nach Schallplatten machte, also ein Vorläufer der heutigen Disco.

Als Vereinswirt des Schützenvereins rettete Otto Baur hier bei Kriegsende die Vereinsfahne vor den Besatzungsmächten, indem er sie unter den Fußbodenbrettern versteckte. Neben einem Geschäft gehörte auch noch eine Viehwaage zu dieser Gastwirtschaft, wie auch bei Wolters.

Gastwirtschaft „Up‘n Barg“

Vielen werden noch manches Schüsseltreiben nach der Treibjagd oder die großen Koteletts nach der Feuerwehrversammlung in Erinnerung sein. In den Fünfzigerjahren machte auf dem Uthleder Berg die Familie Brockmann eine Gastwirtschaft auf, die später von den Familien Schikohr, Dau, Klaus Meier und Hermann Oetjen weitergeführt wurde, bis sie in den Achtzigerjahren geschlossen wurde.

Später zog hier das italienische Restaurant „La Fontana“ ein, das aber auch schon seit einigen Jahren geschlossen ist. Am Sportplatz gibt es noch die „Kleine V-Arena“, die aber nur stundenweise geöffnet hat. Während die Gaststätten Wolters, Baur und Blendermann in den neunziger Jahren schlossen, ist die Gastwirtschaft Würger nun das letzte Traditionslokal, in dem der Zapfhahn ruht.

Als „Ausweichquartier“ hat Uthlede noch sein Heimathaus, doch hier muss man bei Feiern viel selbst machen und kann nicht auf den Rundumservice einer Gaststätte zurückgreifen. (yvo)

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