TDarum greift Harsefeld jetzt zur „Klobürsten“-Kritik

Torben Vagts, Kämmerer in Harsefeld, hat eine Klobürste mitgebracht. Die Gemeinden fühlen sich beim Thema Ganztagsschulanspruch wie die Schuldentoilette. Foto: Fehlbus
Wer bestellt, zahlt: Das Prinzip gilt nicht mehr. Harsefelds Kämmerer Torben Vagts ist mit Blick auf neue Schulden nicht allein mit der Kritik an Bund und Land.
Harsefeld. Die Weihnachtssitzung in Harsefeld endet mit dem Haushaltsplan für das neue Jahr und einem gemeinsamen Rückblick auf die vergangenen Monate. Das ist der Politik unter dem Adventskranz schon fast zur Gewohnheit geworden. Mit anerkennenden Worten für die Gesprächs- und Verhandlungskultur im Ratssaal geht auch diesmal die letzte Sitzung auf Samtgemeindeebene zu Ende. Aber beim Haushalt bleibt es nicht friedlich. Vor allem mit Blick auf Land und Bund hagelt es Kritik.
Gemeinden tragen Großteil der Maßnahmen für den Ganztag
Mit einer Klobürste stellt sich Harsefelds Kämmerer Torben Vagts vor die Ratsmitglieder. Die Gemeinden würden zur Schuldentoilette für Land und Bund, erläutert der Finanzexperte das Bild. Vor allem ein Posten droht bildlich die Abflüsse zu verstopfen: der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen.
2021 hatten Bundestag und Bundesrat einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zugestimmt, wonach ab 1. August 2026 stufenweise ein Anspruch auf Ganztagsbetreuung für die Klassen eins bis vier eingeführt wird. Lange wurde über die Finanzierung diskutiert. Inzwischen steht fest, dass für den Großteil der nötigen Um- und Neubaumaßnahmen die Kommunen aufkommen müssen.
Kurzsichtigkeit beim Land: Kredite für Pflichtaufgaben
Für Harsefeld bedeutet das konkret, dass eine Kreditneuaufnahme unumgänglich wird. Einer Förderzusage von Land und Bund über 1,05 Millionen Euro stehen Kosten von rund 20 Millionen Euro gegenüber. Und damit ist nicht alles erreicht. Für 2026 wird mit 17 Millionen Euro und für 2027 mit 9 Millionen Euro an Kreditaufnahmen geplant.
Für Harsefeld scheint es eine machbare Aufgabe, weil die Samtgemeinde seit April 2021 keine Kreditverpflichtungen mehr hat. Aber Schulden bedeuten, dass Zinsen gezahlt werden müssen. Und deshalb kann sich Kämmerer Torben Vagts mit einem Freifahrtschein über neue Schulden in unbegrenzter Höhe für Pflichtaufgaben vom Land nicht anfreunden.
„Ab 2028 brauchen wir fast eine Million Euro, um die Kredite zu tilgen“, rechnet der Kämmerer vor. Und wenn die dauernde Leistungsfähigkeit bedroht sei und das dem Land egal, findet er das kurzsichtig.
14,8 Millionen Euro für die Feuerwehren
Konkret wird für die Ganztagsschule mit Mensa und modernem Raumangebot in Ahlerstedt mit rund 16 Millionen Euro geplant. Für die Planungen der noch nicht eingerechneten Baumaßnahmen an der Grundschule in Bargstedt werden 500.000 Euro bereitgestellt. Die Erweiterung der Grundschule am Feldbusch in Harsefeld wird in der Investitionsplanung mit rund 3,5 Millionen Euro berücksichtigt. Daneben werden bis 2028 die Ausrüstung der Feuerwehren, die Gerätehäuser und die Fahrzeuge kontinuierlich modernisiert. Es geht um insgesamt 14,8 Millionen Euro.
2025 sind 140.000 Euro für Feuerwehrfahrzeuge vorgesehen. 750.000 Euro werden für die Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses Ahlerstedt berücksichtigt. Mittelfristig sind für den Umbau des Feuerwehrgerätehauses in Harsefeld 12 Millionen Euro eingeplant. Für Fahrzeuge sind 910.000 Euro vorgemerkt.
Politik reagiert unterschiedlich: Schlag ins Gesicht der Kommunen
Die Toilettenbürste werde er ganz bestimmt in Erinnerung behalten, sagt Matthias Mittlmejer für die SPD in der Sitzung. Aber er hebt vor allem auf die positive Ausgangslage in Harsefeld ab: „Natürlich macht Kommunalpolitik mehr Spaß, wenn Geld da ist“, sagt Mittlmejer. „Vielleicht wird uns einiges nicht so leicht fallen, aber wir wollen alle Schulstandorte erhalten.“ Und es gebe noch wertvolle freiwillige Leistungen im Haushalt, wie das Ahlerstedter Hallenbad, in dem viele Kinder schwimmen lernten.
Markus Eisenblätter von der CDU wird deutlicher: Eine Million Euro Fördergelder für so eine Aufgabe wie die Ganztagsschule, das sei ein schlechter Scherz. „Lächerlich und ein Schlag ins Gesicht der Kommunen“ sei diese Zahlung für Dinge, die an anderer Stelle verordnet wurden. „Aber wir wollen nicht, dass unsere Kinder unter dem mangelnden Demokratie-Verständnis von Bund und Land leiden, deshalb machen wir es“, so Eisenblätter.
Schon viel geschafft: Aber es braucht Vertrauen in die Gemeinden
Auch Susanne de Bruijn signalisiert für die Freie Wählergemeinschaft die Zustimmung für den Haushalt, verbunden mit dem Wunsch, Bund und Land würden ihre Aufgaben besser übernehmen. Hartwig Holthusen von den Grünen lobt die Weitsichtigkeit im Harsefelder Rathaus, auch der Vorgänger. Viele Sanierungen seien schon durch, „das haben wir nicht mehr vor der Brust. Wir haben viel Geld investiert, und das war gut“, sagt er. Mit einer Gegenstimme von der AfD wird der Haushalt 2025 verabschiedet.