TGewalt gegen Homosexuelle in Cuxhaven: Ein Opfer spricht über Angriffe

Jürgen Sucht wurde als homosexueller Mann schon mehrmals Opfer von Hass und Diskriminierung. Foto: Lütt
Jürgen Sucht lebt in Cuxhaven und wurde mehrfach wegen seiner Homosexualität angegriffen. Die jüngsten Attacken auf schwule Männer alarmieren ihn.
Cuxhaven.
Gebürtig kommt Jürgen Sucht aus Tirschrenreuth in der Oberpfalz, nach ein paar Jahren, die er in Hof in Franken verbrachte, lebt er jetzt seit zwei Jahren in Cuxhaven.
Schon oft in seinem Leben begegnete er Diskriminierung und Hass, weil er schwul ist, auch in seiner eigenen Familie. Im Winter 2023 erlebte der 56-Jährige zum wiederholten Mal Angriffe. Der Überfall ereignete sich in seiner eigenen Wohnung, den er auch zur Anzeige brachte - jedoch erfolglos. Er habe sich nicht ernst genommen gefühlt, äußert er im Gespräch.
Die Dating-App „Romeo“ diente ihm als Hilfe zur Kontaktaufnahme mit anderen schwulen Männern. „Ich habe es schon öfter erlebt, dass man verarscht wird oder sich jemand über einen lustig macht“, erzählt Jürgen Sucht. Es sei halt schwierig, Gleichgesinnte kennenzulernen.
„Es gibt keine Bar und die Menschen tragen ja auch kein T-Shirt mit der Aufschrift ‚Ich bin schwul‘ auf der Straße“, führt er weiter aus. Die App habe er aber schon länger nicht mehr genutzt. Er wurde auf der Straße angesprochen und so sei es auch zu Treffen gekommen.
Als er kürzlich auf seinen Zug in Bremerhaven wartete, sei ein Mann zielgerichtet auf ihn zugekommen und habe ihn geschlagen und mit einem Cuttermesser bedroht. „Nur durch das Eingreifen von drei anderen Fahrgästen konnte Schlimmeres verhindert werden“, betont Sucht. Auch dies habe er zur Anzeige gebracht, auch bei der Bundespolizei.
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Ein verstecktes Leben aus Angst
Als er dann von den Angriffen auf homosexuelle Männer las, die durch eine Dating-App angelockt wurden, fasste er den Entschluss, an die Öffentlichkeit zu gehen und kontaktierte unser Medienhaus. Jürgen Sucht hat das Gefühl, dass homosexuelle Menschen hier häufig aus Angst ein verstecktes Leben führen.
Die Angriffe seien mehr geworden, betont er. In Cuxhaven suchte er den Paritätischen auf, in der Hoffnung, eine Selbsthilfegruppe gründen zu können. Diese kam jedoch nie zustande. Da Jürgen Sucht seit 30 Jahren mit der Diagnose HIV-positiv lebt, fährt er regelmäßig zur Aidshilfe nach Oldenburg, um dort mit Gleichgesinnten zu frühstücken.
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Staatsanwaltschaft Stade zum Verfahren dazugezogen
Nach Angaben von Stephan Hertz, Polizeioberkommissar und Pressesprecher der Polizeiinspektion Cuxhaven, gibt es keinen neuen Stand bei den Ermittlungen um die Angriffe auf homosexuelle Männer. „Es haben sich noch keine neuen Opfer gemeldet. Gleichzeitig sind auch ähnlich gelagerte Fälle in der Vergangenheit im gesamten Cuxland nicht bekannt geworden“, erläutert er.
Aufgrund der Deliktschwere, es handelt sich strafrechtlich um Raub und/oder Erpressung und/oder Körperverletzung, wurde für das Verfahren die Staatsanwaltschaft Stade hinzugezogen.
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Queer-feindliche Straftaten nehmen zu
Auch in Berlin und Frankfurt kam es in den vergangenen Wochen vermehrt zu queer-feindlichen Angriffen. Carsten Gehrig, stellvertretender Geschäftsführer der Aids-Hilfe Frankfurt (AHF), äußerte sich gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und forderte sichtbare Polizeipräsenz und mehr Präventionsarbeit an Schulen.
Auch nach Angaben des Bundeskriminalamtes nehmen Straftaten gegen LGBTQI*-Menschen (Abkürzung der englischen Wörter Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual/Transgender, Queer, Intersexual und Asexual) in Deutschland zu. Bei den Gewalttaten gab es 212 Opfer, im Jahr 2022 waren es noch 197. Seit 2010 haben sich die Zahlen sogar verzehnfacht. Die Dunkelziffer wird noch weit höher geschätzt.