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Infrastruktur

TGlasfaser-Kuddelmuddel: Hausanschlüsse sorgen für Frust in Oldendorf

Ein Röhrchen ohne Fasern: Im Neubau in der Oldendorfer Lindenstraße fehlt nicht viel - aber das Entscheidende für schnelles Internet.

Ein Röhrchen ohne Fasern: Im Neubau in der Oldendorfer Lindenstraße fehlt nicht viel - aber das Entscheidende für schnelles Internet. Foto: Klempow

Im Oldendorfer Neubaugebiet sind immer mehr Häuser bezugsfertig, moderne Haustechnik inklusive. Was fehlt, ist ein Internetanschluss. Das sorgt für Ärger und Zeitdruck.

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Von Grit Klempow
Montag, 23.06.2025, 11:55 Uhr

Oldendorf. Vor den Neubauten stehen Wärmepumpen, auf dem Dach fängt Photovoltaik Energie ein. Der neueste Stand der Technik in Sachen Internet endet im Oldendorfer Neubaugebiet Kranenburger Straße aber noch vor der Haustür - und im Kuddelmuddel der Auskünfte und Angebote.

Joachim Moorth ist frustriert. Er steckt im Umzug von Nottensdorf nach Oldendorf. Ab Juli wird er in einer der neuen Doppelhaushälften leben. Damit alles rechtzeitig fertig ist, wollte er sich zeitig um den Glasfaser-Hausanschluss kümmern. Das ginge nur über die EWE sei ihm im April bei der Glasfaser Nordwest gesagt worden. Moorth bestellte dort den Hausanschluss - notgedrungen. Vom Anschluss bis November 2026 war die Rede.

„Ausbauzeitraum bis November 2026“

Auch einer der Nachbarn hat bei der EWE bestellt. Anschluss bis November 25, hieß es bei ihm. Wer zurzeit die Verfügbarkeit als möglicher Kunde online prüfen lässt, bekommt folgendes Ergebnis angezeigt: „Gute Nachricht: Glasfaser kommt zu Ihnen! Ihr Zuhause liegt in einem Glasfaser-Ausbaugebiet!“ Die durch Ausrufezeichen generierte Euphorie wird durch den nächsten Satz getrübt: „Sie können somit demnächst die modernste Internet-Technologie nutzen: Ausbauzeitraum: Bis 01.11.2026“.

Ist auf einen guten Internetanschluss im Homeoffice angewiesen: Joachim Moorth.

Ist auf einen guten Internetanschluss im Homeoffice angewiesen: Joachim Moorth. Foto: privat

Für Joachim Moorth ist das alles andere als eine gute Nachricht. Er arbeitet als Gutachter für ein Stader Bauunternehmen. Und er ist aus gesundheitlichen Gründen aufs Homeoffice angewiesen - und damit auch auf ein stabiles Datennetz in seinem Büro daheim. Warum es so mit den Hausanschlüssen hakt? Moorth sagt, er habe die Antwort erhalten, es seien keine Unternehmen für die Erstellung zu bekommen.

Unmut bei der Gemeinde

Dass Hausanschlüsse auf sich warten lassen, sorgt auch bei der Gemeinde Oldendorf für viele Anfragen und für Unmut. Die Grundstücke im neuen Baugebiet vermarktet sie selbst. Es fehle an Unternehmen, sei auch ihnen gesagt worden, so Bürgermeister Johann Schlichtmann. Er ist genervt. Auch, weil die Gemeinde hier mit den Power Townhouses der Firma Viebrockhaus den sozialen Wohnungsbau mit forciert hat.

Die drei Reihenhäuser mit insgesamt 17 Wohneinheiten sollen wie berichtet im Sommer bezogen werden. Aber ohne Leitungsanschluss ans Kommunikationsnetz? „Das geht so nicht“, sagt Schlichtmann und kündigt an, dass die Gemeinde sich umgehend weiter hinter das Problem klemmen werde. „Notfalls beauftragen wir ein Unternehmen und holen uns das Geld zurück“, sagt er.

Abzweigung zu jedem Grundstück

Die drei Schritte zum Glasfaser-Netz schildert Marina Zwackhoven-Beratz, Pressesprecherin der Glasfaser Nordwest: Auf öffentlichem Grund werden Leerrohrverbände von einem zentralen Technikstandort zu kleineren Netzverteilern geführt. Jedes Grundstück erhält eine Abzweigung des Leerrohrs. Im zweiten Schritt folgt der Hausanschluss von der Grundstücksgrenze bis in die Immobilie - sobald ein Interessent einen Glasfaseranschluss bei einem der Internet-Anbieter beauftragt hat.

Im Neubaugebiet Kranenburger Straße hat die Glasfaser Nordwest die digitale Infrastruktur gebaut. Das Verteilnetz soll nun final abgenommen werden.

Im Neubaugebiet Kranenburger Straße hat die Glasfaser Nordwest die digitale Infrastruktur gebaut. Das Verteilnetz soll nun final abgenommen werden. Foto: Moorth

„In Oldendorf könnten sich die Anwohnerinnen und Anwohner zwischen unterschiedlichen Produkttarifen der sechs Vermarktungspartner entscheiden - Telekom, EWE, 1&1, SIT Telekom, MK Netzdienste und Plusnet.“ Der Produktauftrag Hausanschluss geht dann wieder bei der Glasfaser Nordwest ein.

Glasfasern werden in Leerrohre geblasen

Für den Hausanschluss werde das Glasfaserröhrchen unterirdisch bis in das Haus geführt. Im Haus werden anschließend die Glasfasern in die Leerrohre eingeblasen und die Glasfaserdose innerhalb der Immobilie installiert. „Ab dem Zeitpunkt kann der Router des Telekommunikationsanbieters angeschlossen und der Anschluss durch den Vermarktungspartner geschaltet werden“, so Marina Zwackhoven-Beratz. So weit das Prozedere.

In den Technikräumen der Oldendorfer Neubauten kommen gleich neben den weiteren Versorgungsanschlüssen die Leerrohre schon aus dem Boden. Was fehlt, sind die hauchdünnen Glasfasern, die das Haus ans Netz anschließen.

Der Hausanschluss wird meist vom Vertragspartner fürs Internet bezahlt - dafür müssen die Kunden aber auch für zwei Jahre unterschreiben, so wie Joachim Moorth bei der EWE. „Gemäß unserer Erfahrung werden die Hausanschlüsse in der Vermarktungsphase kostenlos angeboten. Dies liegt allerdings vollständig in der Entscheidung unserer Vermarktungspartner“, schildert die Glasfaser Nordwest.

Kurzfristige Aktivierung möglich

Inzwischen sei der Verteilnetzbau im ersten Baubschnitt an der Kranenburger Straße abgeschlossen und „wird nächste Woche nochmal final auf Fehler überprüft“. Hoffnung auf einen zügigen Internet- und Telefonanschluss können sich die Neu-Oldendorfer und Hausbauer vielleicht jetzt doch machen: Nach erfolgreicher Abnahme werde das Gebiet kurzfristig für die Aktivierung freigegeben, „sodass die Glasfaseranschlüsse zügig in Betrieb genommen werden können. Spätestens bis 2026 sollen alle Haushalte in diesem Neubaugebiet mit einem Glasfaseranschluss versorgt sein“, so die Pressesprecherin. Häuser in der Lindenstraße stünden in Kürze zur Aktivierung bereit.

Joachim Moorth hat durchs Homeoffice enormen Zeitdruck und sich um eine Übergangslösung gekümmert, die ihm wenigstens eine 350 Mbit-Datengeschwindigkeit ermöglicht. Die kann er über die Telekom via Satellit und Router bekommen - wenn er denn den Hausanschluss über die Telekom bucht. Damit will Moorth noch warten - bis die EWE ihm bestätigt, dass sein erster Hausanschluss-Auftrag storniert ist.

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