TGlasfaserausbau in Horneburg: Die Verwirrung hält an

Glasfaserkabel liegen zum Ausbau bereit. Auch in der Samtgemeinde Horneburg tut sich was. Foto: Sina Schuldt/dpa
Kunden der Deutschen Glasfaser in der Samtgemeinde Horneburg sind verunsichert: Es passiert nichts, während der Konkurrent schon buddelt. Jetzt reagiert das Unternehmen.
Horneburg. In der Samtgemeinde Horneburg wachsen die Zweifel am Ausbau der Deutschen Glasfaser. Kunden sind verunsichert, denn auch sechs Monate nach Erreichen der Quote von 33 Prozent der Haushalte ist nicht viel passiert.
„Wir stehen in den Startlöchern“, sagt Unternehmenssprecher Dennis Slobodian. Das Problem sei, dass verkehrsbehördliche Anordnungen (VBA) noch fehlen, heißt es vonseiten der Deutschen Glasfaser. Diese seien teilweise schon im Mai beantragt worden, so der Sprecher.
In der VBA ist geregelt, wie die Arbeitsstelle abzusperren und zu kennzeichnen ist, ob und wie der Verkehr zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist. Die Anordnung erlässt das Straßenverkehrsamt des Landkreises Stade.
Subunternehmen haben Anträge gestellt
Entsprechende Anträge von Subunternehmern seien gestellt worden und es gab bereits Besprechungen - auch unter Beteiligung der Samtgemeinde Horneburg, bestätigte Kreissprecher Daniel Beneke. Mitunter fehlten allerdings Details oder der Antrag sei nicht präzise genug gewesen, so Beneke. „Es gab und gibt aber das Ziel, das man die Arbeit koordiniert durchführt.“ Einzelne VBA, etwa in Dollern, seien auch bereits erteilt worden.
Der Kreissprecher betont, dass der Landkreis lediglich für die verkehrsrechtlichen Genehmigungen zuständig ist. Für die Aufgrabungsgenehmigung sei der Besitzer - also in der Regel die Gemeinde oder Samtgemeinde - der Straßen und Gehwege zuständig.
Ausbau nicht gleichzeitig am selben Ort möglich
Dabei hatte auch die Deutsche Glasfaser zumindest in Nottensdorf schon Mal erste Schritte unternommen. In der Straße „In den Stücken“ hatte das Unternehmen mit Arbeiten für einen sogenannten Point of Presence (POP) begonnen, berichtet Bauamtsleiter Roger Courtault. Ein solcher POP ist - vereinfacht gesagt - ein Verteilerkasten. Doch von einem auf den nächsten Tag sei das Bauloch wieder zugeschüttet worden, so Courtault weiter.
Schnelles Internet
T Deutsche Glasfaser: Weiter Ärger um Ausbau in der Samtgemeinde Lühe
Während die Deutsche Glasfaser noch nicht mit den Arbeiten begonnen hat, baut die Konkurrenz der Glasfaser Nordwest bereits seit Ende Augst in der Samtgemeinde Horneburg für schnelles Internet. Das Gemeinschaftsunternehmen der Telekom und EWE plant, knapp 6000 Haushalte und Unternehmensstandorte in Horneburg zu versorgen.
„Hier gilt first come, first serve“, sagt Bauamtsleiter Courtault mit Blick auf die Verkehrsbehördlichen Anordnungen. Er bestätigte, dass in Absprache mit dem Straßenverkehrsamt in der Regel nur eine VBA pro Gemeinde gleichzeitig erteilt wird. Damit soll verhindert werden, dass ein Ort nicht mit Baustellen lahmgelegt wird. Damit ist aber auch klar: Solange die Glasfaser Nordwest an einem Standort ausbaut, kann die Deutsche Glasfaser dort nicht mit ihren Arbeiten beginnen.
Doppelausbau in Jork: Deutsche Glasfaser zieht sich zurück
Der Glasfaserausbau in der Samtgemeinde beschäftigt immer wieder Politik und Verwaltung. Straßen sollten mehrfach aufgerissen werden, dazu aggressive Werbung - das trübte die Vorfreude auf das schnelle Internet. „Den Bürgerinnen und Bürgern scheint es so, als ob der Rat oder Samtgemeinderat zuständig sei für den Glasfaserausbau und das damit verbundene Chaos“, sagte Verena Wein-Wilke (Grüne). Diesen Eindruck will die Kommunalpolitikerin ausräumen, wandte sich ans TAGEBLATT. „Offensichtlich kämpft die ‚freie Marktwirtschaft‘ untereinander um Wettbewerbsvorteile“, sagt sie.
Das Hin und Her erinnert an die Vorgehensweise in Jork. Hier hatte die Deutsche Glasfaser zwischenzeitlich von einem „Teilausbau“ gesprochen, ehe sie sich letztlich ganz aus der Gemeinde zurückzog und der Glasfaser Nordwest das Feld überließ. Für den Konzern sei ein doppelter Netzausbau „weder betriebs- noch volkswirtschaftlich sinnvoll“, teilte ein Sprecher der Deutschen Glasfaser damals mit.
In Horneburg wolle das Unternehmen dennoch an den Ausbau-Plänen festhalte, heißt es zumindest. Stand heute.
Bundesweit Streit um Glasfaser-Doppelausbau
Der umstrittene Doppelausbau sorgt auch bundesweit für erhitzte Gemüter in Deutschlands Telekommunikationsbranche. In einem Brief an das Bundesdigitalministerium fordern die Verbände Breko, Anga und VATM, welche die Interessen von Konkurrenten der Deutschen Telekom vertreten, Maßnahmen zu ergreifen. Der strategische Doppelausbau - auch „Überbau“ genannt - sei „ein großes Problem.
Laut einer Breko-Marktanalyse vom August kann schon jeder dritte Haushalt in Deutschland an Glasfaser-Internet angeschlossen werden. Vor allem die Telekom investiert stark. Dass der Bonner Konzern mancherorts Ausbauvorhaben verkündet, obwohl dort schon ein kleineres Unternehmen Pläne bekanntgegeben oder umgesetzt hat, führt zu Kopfschütteln in der Branche. Denn wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen seine Muskeln spielen lässt, kommen die Kleinen unter Druck, ohne dass dem Internetausbau insgesamt damit gedient sei, so die Kritik.
Die Telekom argumentiert hingegen, dass der Infrastrukturwettbewerb gut sei für die Verbraucherinnen und Verbraucher, die dadurch eine Wahlmöglichkeit haben. Deutschlandchef Srini Gopalan warnt davor, mit dem Prinzip des freien Marktes zu brechen und Investitionen der Telekom in bestimmten Gebieten blockieren zu wollen. Das würde Wettbewerb verhindern. „Und im Klartext heißt das, Deutschland bekäme ganz viele, lokal begrenzte Glasfasermonopole“, sagt der Manager. „Das ist Kleinstaaterei und kann nicht der digitale Weg sein, den eine der führenden Wirtschaftsnationen einschlägt.“
Bisher knapp 300 Meldungen für „Überbau“ angezeigt
Eine Monitoringstelle der Bundesnetzagentur wurde im Juli eingerichtet, um Doppelstrukturen im Blick zu haben und prüfen zu können, ob Firmen wettbewerbsbehindernde, missbräuchliche oder unlautere Methoden anwenden. Inzwischen liegen Zahlen vor: In den Monaten Juli, August und September registrierte die Monitoringstelle 292 Rückmeldungen zum Thema Glasfaser-Ausbau.
Die Einreichungen kommen von Telekommunikationsunternehmen, Verbänden, Kommunen und Privatleuten. Sie beziehen sich auf die Gegenden, in denen der umstrittene „Überbau“ stattfindet. Es sind Mehrfachnennungen möglich - also mehrere Wortmeldungen, die sich auf ein und das gleiche Gebiet beziehen. Außerdem sind Fälle darunter, die als unkritisch gelten. Die Aussagekraft der Zahl ist daher zwar eingeschränkt. Nach Lesart des VKU ist die Zahl aber ein Beleg dafür, dass es sich keineswegs um ein „Nischenphänomen“ handele. (mit dpa)