TGrößer, höher, weiter: So agierte Co.Net auf Mallorca

Die Großrazzia in Cala Ratjada auf Mallorca beschäftigt in dem Küstendorf viele Menschen – dort ist Co.Net auch ein wichtiger Arbeitgeber. Foto: privat
Die Razzia rund um die Verbrauchergenossenschaft Co.Net hat nicht nur in Drochtersen für Aufregung gesorgt: Auch auf Mallorca schlugen die Ermittler zu. So gab sich das Unternehmen auf der spanischen Insel - und so nahmen die Spanier Co.Net wahr.
Drochtersen/Mallorca. Der tiefe Fall von Co.Net ist derzeit das Dorfgespräch in Cala Ratjada, dem bekannten Ferienort im Nordosten von Mallorca. Es gibt kaum jemanden, ob Deutsche oder Spanier, der auf dem Spielplatz, im Supermarkt oder im Café nicht auf das Thema zu sprechen kommt. Wegen des globalen Ausmaßes der länderübergreifenden Razzien am vergangenen Freitag. Vor allem aber wegen der lokalen Bedeutung der Verbrauchergenossenschaft aus Drochtersen.
Co.Net ist in Cala Ratjada omnipräsent
Praktisch jeder in Cala Ratjada kennt jemanden, der in den vergangenen Jahren für Co.Net gearbeitet hat. Noch immer ist das Firmenlogo im Küstendorf omnipräsent, es prangt auf Ferienanlagen, Autos, Hotels.
Kein Wunder: Co.Net kam in Cala Ratjada nie bescheiden und leise daher. So tosend sie derzeit untergeht, so lautstark machte sich die Genossenschaft einst im Ort breit. Zunächst staunend, dann mit immer mehr Wohlwollen sahen viele Einheimische mit an, wie die deutschen Investoren sich vor einigen Jahren mit Neueröffnungen und Aufkäufen in der Gemeinde Capdepera geradezu überschlugen.
Gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne
Größer, höher, weiter, das war die offen kommunizierte Devise. Co.Net suchte neue Mitarbeiter gezielt vor Ort. Sowohl Spaniern als auch deutschen Residenten eröffneten sich beruflich plötzlich ganz neue Perspektiven: gute Arbeitsbedingungen, faire Löhne, verantwortungsvolle Posten, ganzjährige Anstellungen. Bei einem Arbeitgeber, bei dem Geld keine Rolle zu spielen schien. Und so ließen sich viele anstecken vom Co.Net-Fieber.

Co.Net-Mitgründer Thomas Limberg 2020 auf Mallorca. Auf der Ferieninsel erwarb die Verbrauchergenossenschaft diverse Immobilien. Foto: Co.Net
Auch Co.Net-Gründer Thomas Limberg scheute den öffentlichen Auftritt nie. Lange kannte man den blonden Hünen mit dem schulterlangen Haar als wohlhabenden Gast in Cala Ratjdas Nachtleben und Gastronomie. Spendabel, unbekümmert, gerne im Rampenlicht. In der Phase des großen Aufschwungs gab er sich zudem betont volksnah. Nicht wenige Einwohner fühlten sich irgendwie geschmeichelt, dass dieser etwas eigenartige Deutsche, der kaum Spanisch spricht und auch sonst wenig mit der Alltagswirklichkeit des Durchschnitts-Mallorquiners gemein hat, sich so ins Zeug legte, um den Bewohnern zu gefallen und dem Ort Gutes zu tun.
Mutmaßliche Festnahme: „Das geschieht ihm recht“
2022 wurde es plötzlich stiller um Co.Net. Im Dorftratsch machten erstmals Negativmeldungen über die Genossenschaft die Runde. Von Entlassungen munkelte man, von Geldproblemen, von Gehältern, die nicht ausgezahlt wurden. Langsam kippte die Stimmung - und die kollektive Ahnung eines herannahenden Absturzes wuchs.
Doch dass das Co.Net-Imperium nun so lautstark zerbricht, hätte wohl kaum jemand im Küstenort gedacht. Auf Rückhalt in der Bevölkerung kann Limberg dort nicht mehr bauen. Vielmehr ist dieser Tage Häme aus den Stimmen der Menschen herauszuhören, wenn sie über den Großeinsatz der Polizei gegen den Co.Net-Boss und seine Komplizen sprechen. Zu viele Menschen in Cala Ratjada warten noch immer auf ihren Lohn, fühlen sich hintergangen, benutzt. Ein Satz fällt immer wieder im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Festnahme von Thomas Limberg: „Das geschieht ihm recht.“
Transparenz-Hinweis: Dieser Artikel ist zuerst in der „Mallorca Zeitung“ erschienen, den die Kollegen dem TAGEBLATT zur Verfügung gestellt haben.