TGrundsteuer-Schock: Hausbesitzer muss 1300 Prozent mehr zahlen

Blick auf das Parzellengrundstück von Ulf Gersonde in der Gleiwitzer Straße/Ecke Oderberger Straße: Es ist 2618 Quadratmeter groß. Sieben Pächter nutzen es als Gartenland. Künftig soll Gersonde 1300 Prozent mehr Grundsteuer zahlen. Foto: privat
Rund 35.000 Grundstückseigentümer erhalten derzeit einen neuen Grundsteuerbescheid in Bremerhaven. Es gibt einen besonders krassen Fall.
Bremerhaven. Die eine Hälfte zahlt ab 2025 mehr Grundsteuer, die andere weniger. Bei 16 Prozent in Bremerhaven und Bremen bleibt alles wie gehabt. In einem krassen Fall wurde die Steuer sogar um rund 1300 Prozent erhöht. Als er seinen Grundsteuerbescheid öffnet, traut Ulf Gersonde seinen Augen nicht. Statt bislang rund 232 Euro soll er jetzt 3079 Euro im Jahr bezahlen.
Das Grundstück befindet sich in Lehe in der Gleiwitzer Straße/Ecke Oderberger Straße und ist 2618 Quadratmeter groß. „Verpachtet ist das Grundstück an sieben Pächter, die es als Gartenland nutzen“, erzählt Gersonde. „Meine Einnahmen daraus liegen bei knapp 1500 Euro im Jahr. Selbst wenn wir das Grundstück verkaufen wollten, ergibt sich bei einem Bodenrichtwert von 170 Euro pro Quadratmeter ein Wert von 445.000 Euro. Den Preis würde aber niemand dafür bezahlen. Es gibt aktuell in Bremerhaven überhaupt keinen Markt für solche Grundstücke, und insofern ist es unter den neuen Bedingungen wertlos für uns.“

1300 Prozent mehr: Ulf Gersonde ärgert sich über die deutlich höhere Grundsteuer. Foto: privat
Die Stadt besteuert „solche unbebauten, unverkäuflichen Grundstücke mehr als doppelt so hoch wie bebaute Grundstücke“, betont Gersonde. „Wäre es bebaut, läge die Steuer bei nur bei 1236 Euro: eine riesige Ungerechtigkeit.“
Grundsteuer hat sich für Familie U. mehr als verdoppelt
Auch Familie U. sieht ihren Fall als exemplarisch für viele Betroffene an, möchte aber persönlich nicht in Erscheinung treten. Ihr Haus im Ortsteil Bürgerpark wurde Ende der 50er Jahre gebaut. Mit einem Umbau 2006 vergrößerte sich die Wohnfläche von etwa 80 Quadratmetern auf heute 185 Quadratmeter. Das Grundstück ist etwas größer als 800 Quadratmeter.
Grundsteuerreform
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Bisher bezahlte Familie U. für Grundsteuer und Hochwasserschutz 442,13 Euro im Jahr, nun sind es 953,41 Euro – mehr als das Doppelte. „Offenbar macht sich bemerkbar, dass Lage, Haus- und Grundstücksgröße in die Berechnungen einfließen, aber wir waren trotzdem entsetzt“, so die Familie und überlegt, Widerspruch einzulegen. „Auch wenn es bei der neuen Berechnung um eine gerechtere Verteilung der Steuer geht, ist das ärgerlich für diejenigen, die mehr zahlen müssen.“
Familie U. besitzt außerdem zwei Wohnungen, die 2025 weniger stark besteuert werden – in der Wohnung am Handelshafen, ein Neubau von 2018, werden 161,28 Euro weniger fällig. Da freuen sich die Mieter.
Böse Überraschung droht Mietern im nächsten Jahr
Auch Andreas Feddern gehört zu den Glücklichen, bei denen die Grundsteuer jetzt weniger zu Buche schlägt: „Wir zahlen im Jahr 96,48 Euro weniger Grundsteuer nach der neuen Berechnung“, sagt der Surheider SPD-Ortsvereinsvorsitzende. Er wohnt in einem 180 Quadratmeter großen Reihenhaus in Surheide, das 1996 gebaut wurde. „Die neue Grundsteuer B beträgt bei uns 539,12 Euro im Jahr“, sagt Feddern. „Ich habe Glück, ich weiß auch von Leuten, die jetzt das Dreifache zahlen.“
Es ist zu erwarten, dass auch für einige Mieter – voraussichtlich erst 2026 – die böse Überraschung kommt, wenn sie die Nebenkostenabrechnung für 2025 erhalten. „Die Grundsteuer ist eine Nebenkostenposition, die der Mieter zahlen muss, wenn es so im Mietvertrag vereinbart ist“, sagt Sybille Kassebaum-Liermann vom Mieterverein Bremerhaven. Kommt es für den Vermieter zu einer höheren Grundsteuer, wird er die Erhöhung an den Mieter weitergeben. Umgekehrt können auch Mieter mit Entlastungen rechnen. Wenn der Mieter die Abrechnung bekommt, hat er ein Recht auf Einsichtnahme in die Belege.