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Bremerhaven

TGrundsteuer-Wahnsinn: Kuriose Fälle und kein Ende in Sicht

Mark Ella betreibt das Alberts Huus. Dort gibt es auch einen Streichelzoo für Kinder. Jetzt hat sich seine Grundsteuer verfünffacht. Das erhöht die Kosten für Feriengäste.

Mark Ella betreibt das Alberts Huus. Dort gibt es auch einen Streichelzoo für Kinder. Jetzt hat sich seine Grundsteuer verfünffacht. Das erhöht die Kosten für Feriengäste. Foto: ls

Die neue Grundsteuer sorgt bei vielen weiter für Ärger. Mark Ellas Abgaben für das Alberts Huus haben sich verfünffacht. Und es gibt noch mehr kuriose Fälle.

Von Denise von der Ahé Montag, 03.03.2025, 05:50 Uhr

Bremerhaven. Die Grundsteuerreform sorgt für einige kuriose Fälle: Für eine Schmuddelecke soll ein Bremerhavener im Stadtsüden 1000 Prozent mehr Grundsteuer zahlen. Auch Mark Ella, der Betreiber des Alberts Huus an der Königsheide, hat sich sehr über den neuen Grundsteuerbescheid geärgert.

„Für uns haben sich die Abgaben in diesem Jahr verfünffacht – von jährlich 425,89 Euro auf 2163,84 Euro“, sagt Ella und kritisiert: Die Steuermesszahl von 0,75 Promille für Nichtwohngrundstücke liege weit über dem Bundesmodell (0,34). „Außerdem liegen wir mit unserem Hebesatz von fast 900 Prozent weit über der bedeutend größeren Stadt Bremen (755 Prozent)“, kritisiert Ella weiter.

„Im Landkreis zahle ich deutlich weniger Grundsteuer“

Nicht nur der Vergleich zu Bremen ärgert ihn, sondern auch zum Landkreis Cuxhaven, der direkt an der Grundstücksgrenze beginnt: „Ich habe dort ein ähnliches Grundstück, das mich nur ein Zehntel der Abgaben kostet“, sagt er.

Das Alberts Huus wird zum einen kommerziell als Gästehaus und Hostel genutzt. Gebäude und Gelände werden zum anderen dem Verein Kultur und Bildung kostenfrei für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt. Auch für Strick- und Skatrunden, Bands und Vereine ist es eine Art „Bürgerhaus“. Das Grundstück, auf dem das Ferienhaus steht, umfasst 1841 Quadratmeter. „Dort halten wir – als Hobby-Landwirtschaft und Streichelzoo für Kinder – Bienen, Hühner, Enten und Minischweine“, sagt Ella.

Für ihn stelle sich die Frage, „ob die Seestadt der Wirtschaft und insbesondere dem Bereich Tourismus bewusst Steine in den Weg legt und uns in den Landkreis drängen will? Die wichtige Arbeit des Kulturvereins wird erschwert, da die steigenden Steuern von uns erwirtschaftet werden müssen.“

Die Übernachtungspreise musste Ella erhöhen. „Seitdem hat niemand mehr gebucht. Die Gäste verlieren wir an den Landkreis.“

Hotlines sind für Bürger schwer erreichbar

Auch der Fall von Christa B. aus Bremerhaven klingt kurios: Für ihre 3-Zimmer-Wohnung am Bürgerpark (Neubau 2017) soll sie 185 Euro mehr Grundsteuer zahlen als ihr Nachbar. „Es sind zwei Wohnungen im gleichen Haus, die gleiche Quadratmeterzahl“, sagt sie. „Der einzige Unterschied. Ich wohne auf der Westseite, er auf der Ostseite.“ Von den zuständigen Behörden bekam sie bis heute trotz mehrfacher Kontaktversuche keine Antwort. Christa B. hat Verständnis, dass die Mitarbeiter überlastet sind. Dennoch sagt sie: „Mir scheint, man wird erst aufmerksam, wenn ich die alte – niedrigere – Grundsteuer zahle.“

Kurios: 2-Zimmer-Wohnung wird höher bewertet als 3-Zimmer-Wohnung

Auch Manfred Tigges versteht die Welt nicht mehr, seitdem die Grundsteuerbescheide für seine 2- und 3-Zimmer-Wohnungen im Debstedter Weg in den Briefkasten flatterten. Für die Berechnung der Grundsteuer für die 20 Quadratmeter kleinere Wohnung wird eine höhere monatliche Nettokaltmiete herangezogen als für die größere Wohnung. Warum das so ist, konnte ihm bislang niemand erklären.

Auf Nachfrage sagt der Sprecher des Bremer Finanzressorts, Matthias Makosch: „Ausgangspunkt für die Berechnung der Grundsteuer ist der Grundsteuerwert. In diesen fließen die Wohnfläche und die Listenmiete sowie die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert ein. Ebenso wird das Alter des Gebäudes berücksichtigt.“

Die Listenmieten stellen durchschnittliche Mieten dar. „Diese anzusetzende Miete pro Quadratmeter wird vom Alter des Gebäudes sowie der Wohnungsgröße beeinflusst“, so Makosch weiter. „Dabei gilt die folgende Einteilung: unter 60 Quadratmeter, von 60 bis unter 100 Quadratmeter und 100 Quadratmeter und mehr. Für kleinere Wohnungen ist die Miete pro Quadratmeter höher als für größere Wohnungen mit dem gleichen Baujahr.“ Dabei orientiere sich Bremen am Bundesmodell, in dem das so festgelegt worden sei.

Kontaktmöglichkeiten bei Fragen zum Grundsteuerbescheid

„In den vergangenen Wochen sind im Finanzamt über das ELSTER-Kontaktformular, per Brief und per E-Mail insgesamt rund 10.000 Anliegen eingegangen“, sagt Makosch. Es könne daher zu Verzögerungen kommen. „Eigentümer, die dem Finanzamt bereits geschrieben haben, werden gebeten, zurzeit von Rückfragen abzusehen“, sagt Makosch. „Die Steuerpflichtigen können sich sicher sein, dass ihre Nachricht im Finanzamt bearbeitet wird.“

Für Fragen zum Grundsteuerwert oder Grundsteuermessbetrag ist die Bewertungsstelle des Finanzamtes Bremerhaven zuständig: Kontakt per Telefon 0421 361 54450 oder über das ELSTER-Kontaktformular (https://www.elster.de/eportal/wizard/seq/steuerlichenachricht-1/eingabe). Die Anzahl der Anrufe habe deutlich abgenommen.

Bei Fragen zum Hebesatz oder anderen Fragen zum Grundsteuerbescheid ist das Steueramt zuständig: 0471/590- 2327/-2428/-2322/-3122, Mail: Grundsteuer@magistrat.bremerhaven.de.

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