THandarbeit in Harsefeld: Hausfrau hat ihr Hobby zum Geschäft gemacht

Patchwork ist ihre große Leidenschaft: Martina Fricke zeigt ihr selbst genähtes Quilt mit Tasche. Foto: Laudien
Die Handarbeitsbranche hat es nicht leicht, immer mehr Geschäfte schließen. Martina Fricke ist das Gegenbeispiel: Sie hat viele Krisen überstanden.
Harsefeld. 37 Jahre hat Ursula Schinowski in einem Handarbeitsgeschäft gearbeitet und ist leidenschaftliche Patchworkerin. Die Staderin fährt regelmäßig nach Harsefeld, um sich in dem kleinen Geschäft „verflixt & aufgenäht“ für ihr Hobby einzudecken.
„Ich möchte Nilpferdkissen nähen und brauche dafür Baumwollstoffe mit farbenfrohen Motiven.“ Was sie an dem Hobby besonders schätzt? „Patchworken ist meditativ und für jedes Alter geeignet“, sagt die 70-Jährige.

Kundin Ursula Schinowski (rechts) hat 37 Jahre in einem Handarbeitsgeschäft gearbeitet. Foto: Laudien
Das kann Geschäftsinhaberin Martina Fricke bestätigen. Auch sie näht seit Jahren hauptsächlich Patchworkdecken, sogenannte Quilts. Beim Patchworken werden viele verschiedene Stoffabschnitte zu einem neuen Muster zusammengenäht. Ihre Patchworkstoffe erhält die 58-Jährige vornehmlich von einem Familienbetrieb in Münster, der die sogenannten Westfalenstoffe liefert, aber auch aus Dänemark und Holland.
2018 hat sich Martina Fricke mit dem kleinen Geschäft in Harsefelds Ortskern selbstständig gemacht - entgegen dem Trend. Denn inzwischen gibt es immer weniger Handarbeitsgeschäfte in der Umgebung. Viele Inhaber geben auf, wie zum Beispiel Birgit Müller in Buxtehude, weil sie keinen Nachfolger finden.
Spontane Entscheidung zur Selbstständigkeit
Martina Fricke hat einst in ihrer Nähgruppe erfahren, dass für das Geschäft in Harsefeld ein Nachfolger gesucht wird. „Meine drei erwachsenen Kinder waren gerade aus dem Haus und ich hatte wieder Zeit. Es war eine spontane Entscheidung“, erzählt sie.
Vorher sei sie noch nie selbstständig gewesen, sondern lediglich Hausfrau. Das Geschäft habe sie leer übernommen und bei null angefangen. Sie richtete es mit nostalgischen Schränken ein und spezialisierte sich beim Sortiment ausschließlich auf Patchworkstoffe.
Kaum hatte sie im Einzelhandel Fuß gefasst, kam Corona. „Als ich den Lockdown überstanden hatte, kam der Ukraine-Krieg“, berichtet die Einzelhändlerin, die in Zeven wohnt.

Martina Fricke zeigt einen ihrer selbst genähten Quilts. Foto: Llaudien
Seit sechs Jahren pendelt die Geschäftsinhaberin viermal in der Woche von dort nach Harsefeld. „Ich habe keine Angestellte, das könnte ich mir gar nicht leisten, und mache alles alleine“, erzählt sie. Mittwochs bleibe der Laden geschlossen und dann nähe sie ihre bunten Patchworkquilts mit passenden Taschen zum Mitnehmen für unterwegs.
Aber auch Auftragsarbeiten wie etwa farbenfrohe Schnecken-Kissen, die man ausrollen und als Bettumrandung in ein Babybett legen kann, fertigt sie für ihre Kunden. Oder, ganz aktuell, einen Quilt für den Lieferanten aus Münster als Ausstellungsstück für eine große Handarbeitsmesse im März.
Für Einsteiger empfiehlt Fricke die fertig zugeschnittenen Stoffpakete. Ihre Patchworkkunden kommen aus dem gesamten Landkreis. „Reich kann ich mit meinem Geschäft nicht werden, aber ich bin zufrieden mit meiner Arbeit, nur das zählt für mich.“
Tendenz in der Handarbeitsbranche
Der stationäre Handel hat für die Handarbeitsbranche weiterhin Bedeutung, muss sich aber großen Herausforderungen stellen, teilt der Branchenverband Initiative Handarbeit mit. Der Lockdown und der hohe Bedarf an Stoffen und Nähbedarf für selbst genähte Corona-Masken ließ das Onlinegeschäft 2020 zwar explodieren (plus 13,1 Prozentpunkte). Doch in den letzten Jahren kehrten die Nähfans nur teilweise zurück in den stationären Handel, der seitdem kontinuierlich an Substanz verliert. Die große Herausforderung sind neben dem Onlinehandel aktuell hohe Kosten durch die gestiegenen Preise für Energie und Rohmaterialien.