THemmoor: Sohn prügelte Vater ins Krankenhaus

Vor dem Otterndorfer Amtsgericht wurde am Donnerstag der Fall eines 23-Jährigen verhandelt, der seinen Vater krankenhausreif schlug. Foto: Nicolas Armer/dpa/Symbolbild
In diesem Moment hat sich reichlich und unkontrolliert Wut entladen: Ein 23-Jähriger attackierte seinen Vater derart heftig, dass er durchaus dessen Tod in Kauf genommen hatte.
Otterndorf/Hemmoor. Wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung hatte er einen Strafbefehl über eine achtmonatige Bewährungsstrafe erhalten, aber dagegen Einspruch eingelegt. Nun kam es zum Prozess vor dem Amtsgericht Otterndorf.
Seine Kindheit? Die war nicht gerade von elterlicher Liebe geprägt. Die Verteidigerin des Angeklagten bezeichnete das Verhältnis zu seinem Vater nicht nur als gestört, sondern zerrüttet. Es habe gewalttätige Auseinandersetzungen gegeben. Ihr Mandant sehr mehrfach von den Behörden in ein Heim eingewiesen worden.
Und Gewalt spielte auch am 29. März 2023 eine Rolle, als er im alkoholisierten Zustand mit seinem Vater sprechen wollte und ihn in Osten besuchte. Die Aussprache sei - so seine Anwältin - auch vorher abgeklärt gewesen. Doch plötzlich habe der Vater es sich anders überlegt. Ihr Mandant kam zum Treffpunkt, wo der Vater gerade mit dem Auto angekommen sei.
Faustschläge „ohne Vorwarnung“
„Ohne Vorwarnung“ - so der Staatsanwalt - habe ihn der 23-Jährige dann mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Der Mann sei aus dem Wagen ausgestiegen, ausgerutscht und von dem Angeklagten dann mit Fußtritten traktiert worden. Dabei habe er Stiefel mit Stahlkappen getragen. Das Opfer habe unter anderem erhebliche Verletzungen am Kopf, im Rippenbereich und an den Lendenwirbeln davongetragen. Entsprechende Bilder wurden der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung im Rahmen des Prozesses unter der Leitung von Richterin Sabine Deutschmann auch vorgelegt.
Der Angeklagte gab zwar zu, seinen Vater geschlagen zu haben, doch er habe „nur einmal und nicht mehrfach zugetreten“. Für die Staatsanwaltschaft war es juristisch ein Grenzbereich zum Vorwurf des versuchten Totschlags. Dies hätte bei einer entsprechenden Anklage und einer Verurteilung ein wesentlich höheres Strafmaß bedeutet.
„Opa-Rolle“ war Streit-Auslöser
Das Opfer hat den Angriff überlebt, doch eine Bilderbuch-Familienwelt wird es sicher niemals geben. Konkreter Auslöser des Streits war übrigens der Versuch des Sohnes, seinen Vater zu überzeugen, dass er eine „Opa-Rolle“ annehmen solle und sich bei Bedarf um das damals noch ungeborene Kind des 23-Jährigen und seiner ehemaligen Lebensgefährtin kümmern möge, von der er sich zwischenzeitlich getrennt hat. Wegen dieser „Opa-Rolle“ sei es ohnehin - so der Angeklagte - auch zu dem vereinbarten Gesprächstermin gekommen, der dann völlig aus dem Ruder lief. Inzwischen ist der Hemmoorer zwar Vater geworden, lebt aber jetzt getrennt von seiner Partnerin und hat sich im Dezember vergangenen Jahres auch einer psychotherapeutischen Behandlung unterzogen.
Ob er sein Leben wieder in den Griff bekommt? Das bleibt auch nach der Gerichtsverhandlung in Otterndorf unklar. Zwar bestätigte das Gericht die achtmonatige Haftstrafe, die per Strafbefehl zur Bewährung ausgesetzt worden war und ist. Gleichzeitig wird er seinem Vater aber Geld wegen der Gewalttätigkeit überweisen müssen. Auch das ist ein Problem: Der 23-Jährige ist arbeitslos.