THilfe für Hinterbliebene: Sie hören zu, halten Schweigen und Weinen aus

Auf Trauerbänken oder Trostbänken bieten Ehrenamtliche Gesprächszeiten an, erläutert Grit Beimdiek, Vorsitzende des Hospizvereins Bramsche. Foto: Heese/epd
Trauernde finden oft nur schwer Menschen, die ihnen zuhören mögen. In Bramsche ist das anders. Auf „Trauerbänken“ bieten Ehrenamtliche Gespräche an - auch über den Tod und die Einsamkeit.
Bramsche. „Trostbank“ - weiße Großbuchstaben machen auf den Zweck der robusten Eichenholzbank aufmerksam. Sie prangen gut sichtbar auf dem Schild an der Rückenlehne, ebenso eine Handynummer und ein QR-Code. In einem transparenten Kasten stecken Flyer, auf der Erde steht eine Laterne mit einem Grablicht darin. Darüber breitet eine Ulme ihre Äste aus.
Wer auf der Bank Platz nimmt, hat fast alle Gräber des kleinen Friedhofs der katholischen Kirchengemeinde St. Martinus in Bramsche bei Osnabrück im Blick. „Ich habe meistens eine Thermoskanne mit Tee und eine Dose mit Keksen dabei, wenn ich hier Gesprächszeiten anbiete“, sagt Grit Beimdiek, Vorsitzende des Hospizvereins Bramsche.
Trauernde finden auf den Bänken Trost
Auf ihre Initiative hin hat der Verein vor anderthalb Jahren fünf solcher „Trostbänke“ aus Eichenholz in der Stadt aufgestellt - auf Friedhöfen, im Friedwald und an einem kleinen See. Einmal pro Monat stehen dort Ehrenamtliche zu festen Zeiten für Gespräche bereit. Sie erfahren dann vom kürzlich verstorbenen Ehepartner, von der nicht enden wollenden Trauer über den Tod eines Kindes oder vom Leid der Einsamkeit. „Manchmal kommen Menschen, die sagen: Wie schön, dass Sie da sind. Ich habe heute noch mit niemandem gesprochen“, berichtet Beimdiek.
Wer im Internet sucht, stößt auf viele ähnliche Projekte, meist unter dem Label „Trauerbank“. So haben etwa der Caritasverband in Gießen, der Hospiz- und Palliativverein in Gütersloh und der Malteser-Hospizdienst in Darmstadt Trauerbänke auf Friedhöfen und in einem Stadtpark aufgestellt.
„Trauerbänke sind ein noch relativ junges Angebot der immer stärker nachgefragten Trauerbegleitung“, sagt Stefanie Garbade aus Osterholz-Scharmbeck vom Vorstand des Bundesverbands Trauerbegleitung. Vor allem seit der Corona-Pandemie hätten sie sich verbreitet, als Treffen in geschlossenen Räumen kaum möglich gewesen seien, ergänzt die Co-Vorstandsvorsitzende Marei Rascher-Held aus Karlsruhe.
„Die Menschen brauchen jemanden zum Reden“
„Heute gibt es in fast allen Städten Trauercafés, Trauerwanderungen und -spaziergänge, Trauergruppen, Trauerreisen und eben auch Trauerbänke. Das hat etwas mit unserer Gesellschaft zu tun“, sagt Garbade. Jeder dritte Haushalt sei ein Single-Haushalt. Die Generationen wohnten nicht mehr wie einst unter einem Dach. „Wenn der Partner stirbt oder ein Kind, sind die Menschen allein, brauchen aber jemanden zum Reden.“
Auch Rituale, die der Trauer Raum und Zeit gäben, kämen den Menschen zunehmend abhanden, meint Garbade. Trauerfeiern mit anschließendem Kaffeetrinken gebe es immer seltener. Das traditionelle Trauerjahr sei kaum noch sichtbar. Zudem stießen Trauernde in einer auf Spaß getrimmten Gesellschaft auf wenig Verständnis. Vor allem, wer länger trauere, höre oft: „Jetzt muss es auch gut sein. Wie lange willst du denn noch trauern? Es ist doch schon ein halbes Jahr her. Lach doch mal wieder.“
Die Ehrenamtlichen halten auch Schweigen oder Weinen aus
Trauernde bräuchten Menschen, die ihnen zuhörten, ohne zu bewerten, die auch Schweigen und Weinen aushalten könnten, sagt Rascher-Held. Trauerbänke seien ein besonders niedrigschwelliges Angebot der Trauerbegleitung: „In einem Hospiz oder bei einem Verein anzurufen, erfordert Mut, den Trauernde nicht immer aufbringen.“
Auch in Bramsche warten an manchen Tagen schon Menschen vor Beginn der Gesprächszeiten auf die Ehrenamtlichen, erzählt Beimdiek. Einigen reiche ein einziges Gespräch, andere kämen eine Zeit lang regelmäßig. (epd/axt)