THitzige Debatte im Rat: Gegenwind für geplante Windenergieanlagen

Das Unternehmen RPC Verpackungen Kutenholz möchte Strom aus regenerativen Energien beziehen. Foto: Jens Büttner/dpa
Ein neuer Standort für Windenergie spaltet die Gemüter in Fredenbeck. Das Unternehmen RPC will sich selbst mit Strom versorgen. Im Samtgemeinderat sorgt das für Zoff.
Fredenbeck. Es ist ein großes Projekt mit großer Sprengkraft: Mitarbeiter des Windenergieanlagen-Herstellers Windwise hatten ausführlich ihre Pläne erläutert. Statt des wohl erhofften Aufstellungsbeschlusses gab es kräftigen Gegenwind.
Darum geht‘s: Für den Betrieb RPC Verpackungen in Kutenholz will Windwise mit dem Logistik- und Planungsunternehmen Crane & Logistics Partner einen Windpark realisieren. Dieser soll RPC direkt mit Strom versorgen, überschüssiger Strom soll ins örtliche Netz eingespeist werden.
Ein örtliches Unternehmen mit vielen Arbeitsplätzen
„Wir brauchen sehr viel Energie und werden immer ein energieintensives Unternehmen bleiben“, erklärte RPC-Geschäftsführer Andreas Köhnen. Es sei wichtig, die Energieversorgung am Standort Kutenholz zu sichern. Das Unternehmen beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema regenerative Energien, sagt Köhnen, und hat in Windwise einen Partner gefunden.

War von einigen Reaktionen enttäuscht: RPC-Geschäftsführer Andreas Köhnen. Foto: Bisping
Der Standort werde gesichert und mit ihm 189 Arbeitsplätze und 17 Ausbildungsstellen, 89 Arbeitnehmer wohnen in der Samtgemeinde Fredenbeck. Außerdem werde Strom aus der Region für die Region produziert und das lokale Verteilerstromnetz der öffentlichen Versorgung entlastet. Weiteres Plus, so Köhnen: RPC könne sich weiter zu einem nachhaltigen Unternehmen entwickeln.
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Wieder mehr Strom aus Erneuerbaren
Die RPC Kutenholz wurde 1947 als Glaswarenfabrik Kutenholz gegründet und gehört seit 2019 zur Berry Global Inc. Im vergangenen Jahr produzierte das Unternehmen 325 Millionen Kunststoffflaschen und -behälter sowie 80 Millionen Verschlusskappen und weitere Verschlüsse.
Maxcap: Windenergieanlagen speziell für die Industrie
Die für den Standort geplanten Windenergieanlagen seien speziell für die Industrie gefertigt worden, sagte Windwise-Projektleiter Dominik Everding. Die Anlage namens Maxcap zeichne sich durch einen größeren Rotor bei langsamerer Rotation aus. Strom werde bedarfsgerecht erzeugt.
Die Anlage hat eine Gesamthöhe von 196,5 Metern, einen Rotordurchmesser von 141 Metern, der Stahlrohrturm ist 126 Meter hoch. Im Schallemissionsverhalten sollen sich diese Anlagen nicht von anderen unterscheiden.
Das geeignete Gebiet, eine Fläche von circa 50 Hektar, liegt zwischen Essel, Mulsum und Tinste unweit von RPC. Die vorgeschriebene Entfernung von 500 Metern zur nächsten Bebauung könne eingehalten werden, so Everding, der Wald sei 100 Meter entfernt.
RPC-Geschäftsführer Köhnen sagte am Tag nach der Sitzung in Kutenholz, am Abend zuvor sei er ernüchtert gewesen. „Mir wurde das Gefühl gegeben, ich hätte etwas vorbeigemauschelt“, sagte er. In die Vorbereitungen habe er bisher schon 200.000 Euro gesteckt. Er habe gehört, das Projekt sei „doof“. Köhnen sagt: „Darüber bin ich sehr enttäuscht. Wir zahlen Steuern, wollen Arbeitsplätze sichern.“
Samtgemeindebürgermeister ist „Feuer und Flamme“
Fredenbecks Samtgemeindebürgermeister Matthias Hartlef zeigte sich solidarisch. Grundstücke würden gekauft, Unternehmer zusammengebracht. Er wolle den größten Industriestandort der Samtgemeinde unterstützen und sei „Feuer und Flamme“ für das Vorhaben.
„Ich möchte kein Samtgemeindebürgermeister einer Samtgemeinde sein, die ein wirtschaftsunfreundliches Gesicht zeigt“, legte der Rathaus-Chef nach. Er habe ein Zielabweichungsverfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans beantragt.
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Zur Erklärung: Die betroffenen Flächen sind für die Landwirtschaft ausgewiesen. Das Plangebiet ist nicht als Vorranggebiet Windenergienutzung im Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises Stade enthalten.
Gleichwohl: Das RROP wird derzeit überarbeitet. Künftig werden deutlich mehr Flächen im Landkreis für Windenergienutzung vorgehalten werden müssen. Das ist politischer Wille auf Landesebene. Bis Ende 2026 muss der Landkreis demnach etwa 3,7 Prozent seiner Fläche für die Windkraft bereitstellen.
Petra Tiemann kritisiert Hartlefs Moralkeule
Petra Tiemann (SPD) sagte, die Moralkeule am heutigen Abend gefalle ihr überhaupt nicht. Es klinge, als ob sie es sich mit einer Entscheidung einfach machen würden. „Wir haben schon über die Zielvereinbarung hinaus Windenergie.“ Sie wolle keine zerklüftete Landschaft.
Gegenwind kam auch von der CDU. Er sei dafür, im Windpark Mulsum eine „Anlage dranzuflanschen“ und werde dagegen stimmen, sagte Jörg Schomacker. Parteimitglied Stefan Allers sprach sich ebenfalls dagegen aus.
Es kam die Frage auf, ob RPC sich an andere Windenergieanlagen anschließen könne. „RPC will volle Hoheit und Verantwortung über die Anlage“, erklärte Crane & Logistics-Geschäftsführer Marcus Wübbelmann. Die Anlagentypen seien unterschiedlich, das vorgestellte Anlagenkonzept sei für den Eigenstromverbrauch gedacht.
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Frank Havemann, ebenfalls CDU, sagte: „Jemand hat sich einen Partner gesucht, um Windräder zu bauen.“ Ein ausgeklügeltes System nannte er es. Von Moralkeule zu sprechen, passe nicht. „Wir können jetzt Arbeitsplätze sichern.“ Windräder kämen sowieso, so Havemann mit Blick auf die genannten Vorgaben des Landes.
Der Antrag auf Zielabweichungsverfahren wurde abgelehnt, die Beratung vertagt. Tiemann dazu: „Wir wollen uns dem noch einmal widmen, weil uns das Thema Arbeitsplätze nicht egal ist.“