Zähl Pixel
Streik

THohe Belastung, niedriger Lohn: DRK-Sanitäter demonstrieren in Stade

Gut 50 DRK-Mitarbeiter aus dem Rettungsdienst streikten am Freitag und demonstrierten vor der Kreisgeschäftsstelle in Stade.

Gut 50 DRK-Mitarbeiter aus dem Rettungsdienst streikten am Freitag und demonstrierten vor der Kreisgeschäftsstelle in Stade. Foto: Stehr

Zum ersten Mal streikten DRK-Rettungsdienstmitarbeiter im Landkreis Stade, darunter viele Auszubildende. Was sie konkret fordern und warum weitere Streiks drohen.

author
Von Lena Stehr
Samstag, 07.06.2025, 14:30 Uhr

Stade. Vor der DRK-Kreisgeschäftsstelle Am Hofacker in Stade wurde es am Freitagmorgen richtig laut. Gut 50 Mitarbeiter des DRK-Rettungsdienstes machten unter anderem mit Trillerpfeifen ihrem Unmut über eine zu hohe Arbeitsbelastung Luft, forderten mehr Lohn und warteten auf eine Stellungnahme von ihrem Chef Uwe Lütjen, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands.

DRK-Betriebsratsmitglied Matthias Mittlmejer fordert gemeinsam mit seinen Kollegen mehr Gehalt für Rettungs- und Notfallsanitäter.

DRK-Betriebsratsmitglied Matthias Mittlmejer fordert gemeinsam mit seinen Kollegen mehr Gehalt für Rettungs- und Notfallsanitäter. Foto: Stehr

Wie berichtet, hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zum Streik aufgerufen, nachdem die Arbeitgeber nach einer ersten Verhandlungsrunde am 12. Mai kein Angebot gemacht hatten. Der DRK-Kreisverband Stade ist zwar nicht Teil der Tarifgemeinschaft der Arbeitgeber, der Kreisverband wendet den Tarif aber für die gut 270 Rettungsdienstmitarbeiter und 60 Auszubildenden an.

Mehr Geld für Sanitäter und Auszubildende

Verdi fordert unter anderem acht Prozent mehr Geld, mindestens aber 350 Euro monatlich für die Beschäftigten im Rettungsdienst. Außerdem soll der Lohn der Notfallsanitäter auf das Niveau einer höheren Entgeltgruppe ansteigen. Auszubildende sollen 200 Euro mehr im Monat bekommen. Es geht zudem um zwei zusätzliche freie Tage für alle Beschäftigten und zwei weitere freie Tage für Gewerkschaftsmitglieder.

Außerdem sollte der Kreisverband der Tarifgemeinschaft beitreten, um auf diesem Weg als Arbeitgeber für faire Löhne eintreten zu können, so Tobias Liersch von Verdi. Er hatte gemeinsam mit dem DRK-Betriebsratsvorsitzenden Robin Millner und Betriebsratsmitglied Matthias Mittlmejer den ersten Streik überhaupt im DRK-Kreisverband Stade organisiert.

Mehr Verantwortung und höhere Belastung

In den vergangenen Jahren seien zwar die Preise extrem gestiegen, aber nicht die Löhne. Dafür hätten die Rettungssanitäter mehr Kompetenzen und damit einhergehend auch mehr Verantwortung übertragen bekommen. „Wir dürfen den Patienten jetzt Betäubungsmittel wie Morphin geben, was früher nur ein Arzt durfte“, so Mittlmejer. Außerdem müssten sich Sanitäter inzwischen häufig länger um ihre Patienten kümmern als früher, weil die Krankenhäuser überlastet seien.

Die Belastung nehme insgesamt immer mehr zu, so Mittlmejer, der seit 15 Jahren als Notfallsanitäter arbeitet. Früher seien drei Einsätze pro Schicht normal gewesen, heute kämen er und seine Kollegen auf durchschnittlich sieben Einsätze pro Schicht. Eine Tagschicht dauert 10 Stunden, eine Nachtschicht 14 Stunden.

„Wir wollen lieber zwei 12-Stunden-Schichten, die 14 Stunden in der Nacht sind zu anstrengend geworden“, sagt Mittlmejer. Auch weil es immer häufiger zu Gewalt gegen Rettungskräfte komme, teilweise körperlich, aber vor allem auch verbal. Das schrecke insbesondere junge Leute ab, den Beruf nach der Ausbildung weiterzumachen.

Verdi-Mitarbeiter Tobias Liersch und der Betriebsratsvorsitzende Robin Millner waren die ersten Redner beim Streik am Freitagmorgen.

Verdi-Mitarbeiter Tobias Liersch und der Betriebsratsvorsitzende Robin Millner waren die ersten Redner beim Streik am Freitagmorgen. Foto: Stehr

Christian Hühnke bereut bisher nicht, dass er sich zum Notfallsanitäter ausbilden lässt. Der 35-Jährige, der früher im IT-Bereich gearbeitet hat, bezeichnet den Jobwechsel als beste Entscheidung seines Lebens. „Als Sanitäter tut man etwas für die Gesellschaft, das macht Spaß“, sagt er. Es könne aber nicht angehen, dass Auszubildende häufig noch einen Nebenjob annehmen müssten, um finanziell über die Runden zu kommen.

Machen eine Ausbildung zum Notfallsanitäter beim DRK und nahmen am Streik teil (von links): Lasse Laue, Melike Özkök und Christian Hühnke.

Machen eine Ausbildung zum Notfallsanitäter beim DRK und nahmen am Streik teil (von links): Lasse Laue, Melike Özkök und Christian Hühnke. Foto: Stehr

Lasse Leue liebt seine Arbeit ebenfalls, vor allem, weil sie spannend und abwechslungsreich ist. Auch er wünscht sich aber eine bessere Bezahlung und dass Auszubildende Schichtzulagen bekommen. Der 21-Jährige verdient im ersten Lehrjahr 1360 Euro brutto, etwa 1000 Euro bleiben nach Abzügen übrig, sagt er.

Er drücke die Daumen für die nächste Verhandlungsrunde am Dienstag, betonte der DRK-Kreisverbandsgeschäftsführer Uwe Lütje gegenüber den Streikenden. Er nehme die Anliegen der Mitarbeiter ernst. Auch er sei enttäuscht über die vertane Chance nach der ersten Verhandlungsrunde. An der Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter werde in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat gearbeitet. „Wir stehen kurz vor dem Abschluss weiterer Vereinbarungen“, so Lütje.

„Wir nehmen ihr Anliegen ernst", betonte Uwe Lütjen, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands, beim Streik vor der Kreisgeschäftsstelle in Stade.

„Wir nehmen ihr Anliegen ernst", betonte Uwe Lütjen, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands, beim Streik vor der Kreisgeschäftsstelle in Stade. Foto: Stehr

Sollte es am Dienstag keine Einigung geben, könnten längere Streiks die Folge sein, sagt Mittlmejer. Eine Notfallversorgung der Patienten sei aber sichergestellt. „Wir wollen keine Patienten schädigen, wir wollen gehört werden“, so der Notfallsanitäter. Die Botschaft geht auch in Richtung Landkreis. Der plane, Stunden in der Krankenwagenvorhaltung zu streichen. „Am Rettungsdienst darf nicht gespart werden, sonst liegen wir bald selbst auf der Trage“, so Mittlmejer.

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.

Weitere Artikel