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Gastronomie

TIn diesem Restaurant bringt ein Roboter die Speisen an den Tisch

Auf dem Weg zum Gast erkennt Heidi auch Hindernisse und weicht ihnen aus. Foto: NZ/Screenshot

Auf dem Weg zum Gast erkennt Heidi auch Hindernisse und weicht ihnen aus. Foto: NZ/Screenshot Foto: NZ

Im Restaurant und Hotel „Heidejäger“ in Mulmshorn (Landkreis Rotenburg) hilft ein Roboter beim Servieren der Speisen. Davon profitieren Gastronomen – und die Gäste.

Von Jakob Brandt Dienstag, 12.12.2023, 17:50 Uhr

Landkreis Rotenburg. Die Gastronomie durchlebt eine schwere Zeit. Sie wird eine andere sein, wenn die Krise durchgestanden ist. Davon sind Frank Westermann (54) und sein Sohn Dennis (31) vom „Kräuterhotel Heidejäger“ in Mulmshorn überzeugt. Die höhere Mehrwertsteuer und steigende Kosten für Energie, Lebensmittel und Personal werde den Aufwand weiter in die Höhe treiben, sagen sie. Überdies quält das Personalproblem.

Westermanns waren die Ersten im Landkreis Rotenburg, die sich im April einen Roboter für einfachste Servier- und Abräumarbeiten angeschafft haben. „Heidi Jäger“ haben sie ihren rollenden Mitarbeiter getauft. Heidi wartet stets an ihrem Stammplatz in der Küche, um mit Essen beladen zu werden. Acht Teller kann die flinke Dame problemlos tragen.

Roboter Heidi sucht sich den kürzesten Weg zum Tisch und weicht Hindernissen aus

Duftet es auf den Tabletts in ihrem Bauch herrlich nach Wild oder Fisch und gibt das Personal die Nummer des Tisches ein, an den sie das Essen bringen muss, setzt sich der Roboter in Bewegung. Heidi Jäger ist in der Lage, Hindernissen auszuweichen und mehrere Tische nacheinander zu bedienen. Dafür sucht sie sich den kürzesten Weg aus.

Heidis Stammplatz ist in der Küche. Ist sie mit Essen beladen, gibt das Personal die Nummer des Tisches ein, an den sie die Speisen bringen soll, und schon rollt der Roboter los.

Heidis Stammplatz ist in der Küche. Ist sie mit Essen beladen, gibt das Personal die Nummer des Tisches ein, an den sie die Speisen bringen soll, und schon rollt der Roboter los. Foto: Brandt

Ist sie am Ziel, leuchtet die Tischnummer auf und die Gäste wissen, dass ihr Essen da ist. Heidi macht sie aber auch verbal darauf aufmerksam: „Liebe Gäste, Ihre Bestellung ist da“, säuselt sie. Die Gäste müssen sich ihr Essen übrigens nicht selbst nehmen, das macht das Personal im Heidejäger.

Welche Vorteile der Servier-Roboter bringt

Weil sie weniger laufen und schleppen müssen, haben die Servicekräfte jetzt mehr Zeit für die Gäste. Das sei der entscheidende Grund gewesen, sich den kleinen Roboter für rund 14.000 Euro anzuschaffen, sagt Frank Westermann. „Wir wollen mehr für den Gast da sein.“

Heidi sei im Prinzip nichts anderes als ein laufender Serviertisch. „Der Roboter ist eine enorme Hilfe, weil das Servicepersonal in unserem Haus weite Wege zurückzulegen hat“, sagt Junior-Chef Dennis Westermann. „Heidi ist die halbe Person, die uns immer gefehlt hat.“

Heidi kann mehr als Essen servieren

Der Roboter verabschiedet sich mit „Guten Appetit“ und „Auf Wiedersehen“ von den Gästen. Und hat einer der Gäste mal Geburtstag, dann singt Heidi auch „Zum Geburtstag viel Glück.“ Nur Bestellungen aufnehmen, das kann Heidi nicht. Und Abräumen ist auch nicht ihr Ding, das erledigt das Personal. Aber sie schnurrt, wenn sie gestreichelt wird. „Hm, Ihre Hände sind so warm“, schwärmt sie dann kätzchengleich. Kein Wunder, dass die Gäste Heidi gerne haben.

Roboter sind im Kommen

Einen zweiten Roboter, mit dem Heidi im Übrigen kommunizieren könnte, wollen sich Westermanns nicht anschaffen. „Für uns rechnet sich das nicht. Dafür haben wir nicht die Kapazitäten“, sagen sie. Sie sind aber sind fest davon überzeugt, dass die Technik immer mehr Einzug in die Gastronomie hält. Drei, vier Restaurants hätten im Landkreis Rotenburg schon nachgezogen und sich einen Roboter angeschafft.

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Hier auf dem Lande sei es noch Neuland, in Städten wie Hamburg oder Bremen seien Roboter in einigen Restaurants aber schon gang und gäbe. Bestellen und bezahlen per Smartphone: Auch das sei keine Fiktion mehr. Westermanns wollen den Weg nur bedingt mitgehen. „Das ist nicht unser Ding“, sagen sie. „Wir wollen unsere Gäste umsorgen.“

Das Personalproblem bleibt

Auch mit dem Einsatz der Technik werde sich das Personalproblem in der Gastronomie nicht lösen lassen, sind Westermanns überzeugt. Sie haben die Öffnungszeiten im Restaurant reduziert und bis auf den Sonntag jetzt mittags geschlossen. Mittags zu öffnen, lohne sich nicht, sagen sie. In der Zeit erziele man keinen nennenswerten Umsatz.

Frank Westermann und sein Sohn Dennis führen gemeinsam das „Kräuterhotel & Restaurant Heidejäger“ in Mulmshorn. Mit ihrem Servier-Roboter BellaBot, den sie „Heidi Jäger“ getauft haben, sind sie sehr zufrieden.

Frank Westermann und sein Sohn Dennis führen gemeinsam das „Kräuterhotel & Restaurant Heidejäger“ in Mulmshorn. Mit ihrem Servier-Roboter BellaBot, den sie „Heidi Jäger“ getauft haben, sind sie sehr zufrieden. Foto: Brandt

Sie erwarten, dass viele Betriebe diesen Weg gehen werden. Sehr zum Leidwesen der Touristiker, die Einkehrmöglichkeiten für Urlauber schwinden sehen. „Es gibt nicht mehr so viel Personal, das setzen wir dann ein, wenn wir auch Geschäft machen“, bekräftigt Frank Westermann. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen werde man sich genau überlegen müssen, wo man das wenige Personal einsetze.

Nebenbei bemerkt: Im Heidejäger, der 2018 sein 50-jähriges Jubiläum feierte, ist Klagen nicht angebracht. „Wir haben nach Corona fast alle Mitarbeiter halten können“, freuen sich Westermanns. Derzeit beschäftigen sie 25 feste Mitarbeiter und zehn Aushilfskräfte.

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