TIns Klo greifen und aufs Dach steigen: So werben Betriebe Kräfte an

Einen Griff ins Klo konnten Besucher bei Sascha Hettich und Marcel Trautwein machen. Foto: Franziska Felsch
Schilder mit der Aufschrift „Mitarbeiter gesucht“ springen die Besucher der Gewerbeschau in Ahlerstedt überall an. 50 Betriebe machen mit teils witzigen Aktionen auf ihre Arbeit aufmerksam - aber auch, um Auszubildende und Fachkräfte anzuwerben.
Ahlerstedt. Bei Dachdeckermeister Jens Löhden kann jeder mal aufs Dach steigen - nicht real, aber mit der virtuellen Brille. Sascha Hettich und Marcel Trautwein vom Heizungs- und Klimatechnikbetrieb TGA Solutions gestatten den Griff ins Klo - gefüllt mit Bonbons. Die Aktionen haben ihren tieferen Sinn: Sie sollen Aufmerksamkeit schaffen.
„Es ist schwer, junge Leute für den Beruf zu interessieren, aber darüber klagen fast alle Handwerker“, sagt Hettich. Der 30-Jährige vermutet, dass die Eltern ihren Kindern davon abraten, und den Schülern fehle die Vorstellungskraft, was sie erwartet. Deshalb gehen die jungen Chefs in die Schulen und nutzen die Social-Media-Kanäle. Für die Gewerbeschau haben sie sich etwas Originelles einfallen lassen.
Junge Leute haben falsche Vorstellungen vom Job
Wer den QR-Code auf ihrem Plakat scannt, erlebt einen Tag von früh bis spät in dem kleinen Handwerksbetrieb. „Aufträge haben wir genug, wir könnten mehr annehmen, wenn wir mehr Mitarbeiter hätten“, sagen beide. Auch Mädchen sollten sich trauen, weil die Arbeit längst nicht mehr körperlich so schwer sei wie früher.

Pflegefachkraft Tanja Beier gefällt die Vielseitigkeit an ihrem Beruf. Foto: Franziska Felsch
Tanja Beier beklagt ebenfalls, dass falsche Vorstellungen über Pflegekräfte im Umlauf sind. „Uns hat hier noch niemand wegen einer Anstellung angesprochen, was schade ist, da wir viele Möglichkeiten im Unternehmen Ostemed bieten.“ Und die Bezahlung habe sich seit Oktober auch verbessert.
Offene Türen sollen neue Kollegen locken
Ihr Kollege Jonas Herrmann ergänzt: „Man kann in der Tagespflege eingesetzt werden, was ganz anders ist als im Seniorenheim.“ Deshalb organisierten sie oft einen „Tag der offenen Tür“, damit sich zukünftige Mitarbeiter ein genaueres Bild machen könnten.
Einen Einblick in den Job eines Raumausstatters gewährt Mirko Witkowski an seinem Stand. Seine Auszubildende Felina Tiedemann lässt sich über die Schulter schauen, während sie einen alten Stuhl aufpolstert - unter fachlicher Anleitung von Altgeselle Werner Müller.

Beim Raumausstatter Witkowski konnte live verfolgt werden, wie ein alter Stuhl aufgepolstert wird. Foto: Felsch
„Die Nachfrage nach unserer Dienstleistung ist groß, aber es ist nicht leicht, Gesellen und Azubis zu finden, obwohl wir über die Arbeitsagentur und per Internet suchen“, erklärt Witkowski. Deshalb nutzt er jede Gelegenheit, um Nachwuchs zu rekrutieren, zum Beispiel in Schulen oder wie jetzt auf der Gewerbeschau.
Dienstleister suchen dringend neue Kollegen
„Wir suchen händeringend Kollegen“, sagt Thomas Zimmermann, stellvertretender Geschäftsführer von Cleanupservice. Wer hier stehen bleibt, informiert sich über Hilfe im Haushalt, Praxis oder Büro, nicht über den Einstieg ins Berufsleben im Team der Dienstleister.

Thomas Bösch sucht Mitarbeiter für Dienstleistungen im Haushalt. Foto: Franziska Felsch
Ähnlich ergeht es Thomas Bösch von Blitz Blanken. „Ich habe rund 50 Kunden auf der Warteliste und könnte sofort fünf, sechs Kräfte einstellen“, sagt Bösch, dessen Firma sich auf Kunden spezialisiert hat, die wegen Pflegebedürftigkeit oder Krankheit Unterstützung bei der Wohnungsreinigung, beim Einkaufen oder Kochen benötigen.
Auch zufriedene Gesichter bei der Gewerbeschau
Nils Bockelmann blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Ich habe schon einige Gespräche geführt und Anfragen für Praxistage gehabt“, freut sich der Chef vom Schützenhof Ahlerstedt. „Das Hotelfach ist anstrengend, jedoch weniger hart als früher. Bei uns können die Mitarbeiter zum Beispiel bei den Dienstplänen mitbestimmen.“

Nils Bockelmann freut sich über das Interesse an Jobs in der Gastronomie. Foto: Felsch
Zufrieden mit den Messetagen ist auch Jan Ehlen vom Vorstand des Gewerbevereins Ahlerstedt. „Wir haben deutlich mehr Besucher als vor sechs Jahren, und unser neues Programm kommt gut an.“ Von den 80 Azubi-Boxen seien 70 am ersten Tag mitgenommen worden. Ehlen: „Das zeigt, dass die Jugendlichen sich durchaus für Ausbildungen im Handwerk interessieren.“

Die Feuerwehr warb mit live dargestellten Einsätzen um Mitglieder. Foto: Felsch

Nils Bockelmann freut sich über das Interesse an Jobs in der Gastronomie. Foto: Franziska Felsch

Raumausstatter Mirko Witkowski wünscht sich mehr Auszubildende. Foto: Franziska Felsch