TInternationaler Garten der Kreislandfrauen: Gelebte Integration zwischen Radieschen und Spinat

Mit Musik und kulinarischen Genüssen feiern Freunde und Förderer des Internationalen Gartens in Stade das zehnjährige Bestehen. Foto: Richter
Seit zehn Jahren gibt es den Internationalen Garten der Landfrauen und des Vereins Zinkko in Stade. Bei den Gärtnerinnen aus aller Welt wachsen Blumen und Gemüse ebenso gut wie Deutschkenntnisse und interkulturelles Verständnis.
Landkreis. Die Idee des Internationalen Gartens kam von Dörthe Neumann, damals Kreisvorsitzende der Landfrauen. „Ich hatte über das Schulleben meiner Kinder mitbekommen, wie viele tolle, mehrheimische Frauen es gibt. Doch während die Kinder in die Schule gingen und der Mann zur Arbeit, kamen sie kaum dazu, Kontakte zu knüpfen und Deutsch zu lernen.“ Das könnte sich ändern, fand Neumann - am besten im Garten.
Ein Ort für Garten- und Lebenstipps aus aller Welt
Ihre Vision: Beim Gärtnern fühlen Frauen unterschiedlicher Herkunft sich wohl, kommen ins Gespräch und lernen dabei die deutsche Sprache. Heute bestellen Frauen aus vielen Herkunftsländern tatsächlich Schulter an Schulter ihre Beete. Sie treffen sich jeden Mittwoch und tauschen Gläser mit Marmelade und Selbstgebackenes ebenso aus wie Garten- und Lebenstipps. Im Winter, wenn im Garten weniger zu tun ist, kochen sie oft zusammen.
Um mit Frauen aus aller Welt in Kontakt zu kommen, fragten die Landfrauen vor zehn Jahren beim Verein Zinkko in Stade an - und rannten offene Türen ein. Der Verein hat sich auf die Fahnen geschrieben, „das respektvolle und harmonische Miteinander aller in Deutschland lebenden Kulturen zu fördern“. Ein Garten war bald gefunden: eine Fläche der BBS III, die als dritte Projektpartnerin einstieg. Der Landkreis wurde so zum Träger des Gartens an der Wiesenstraße.
Auf neun Quadratmetern ein Stück Heimat pflanzen
Die 26-jährige Staderin Lara Haidar, heute 1. Vorsitzende des Vereins Zinkko, kennt den Internationalen Garten seit ihrer Jugend: „Meine Mutter hatte dort auch ein Beet.“ Jede Frau konnte eine neun Quadratmeter große Fläche bekommen. Das Interesse war groß, der Garten wurde erweitert. Heute sind es 15 bis 20 Beete. Die gute Seele des Gartens ist Landfrau Angela Köpke, die mittwochs immer vor Ort ist.
Zum zehnjährigen Bestehen musizieren Saray Öztürk und ihre Saz-Gruppe von der Kreisjugendmusikschule für die Gäste, darunter Landrat Kai Seefried. Die zehn Jahre alte Khujista, Stipendiatin der Zinkko-Musikprojekte, singt und spielt „Bruder Jakob“ auf der Gitarre.
„Hier wurde schon oft gesungen und spontan Musik gemacht“, berichtet Iyamide Mahdi von Zinkko, eine Mitstreiterin der ersten Stunde. Es gab Feste und Tage der offenen Tür. Nach einem interreligiösen Garten-Gottesdienst wurden die Gärtnerinnen in die Moschee eingeladen. „Danach gab es auch eine Einladung in die Kirche“, berichtet Rita Sumfleth.
Treffen mit Palästinenserinnen sorgt für tiefe Betroffenheit
Berührend war ein Treffen mit palästinensischen Frauen aus einem Gartenprojekt im Westjordanland, das vom Arbeitskreis christlicher Kirchen organisiert wurde. Am 9. September 2023 saßen sie in Stade zusammen in der Sonne und ahnten nicht, dass am 7. Oktober alles anders sein würde. „Welche Schicksale dahinter stehen. Wir sind tief betroffen“, sagt die Kreislandfrauenvorsitzende Adelheid Balthasar. „Mir ist fast das Herz stehengeblieben, als ich davon hörte“, fügt Hille Wahlen hinzu.
Im Westjordanland ist friedliches Gärtnern kaum noch möglich. Doch in Stade ist es wie immer: Luiza Shkambi, die vor zehn Jahren aus Albanien nach Deutschland kam, nutzt nach der Arbeit in der K&S Seniorenresidenz oft die Gelegenheit, ihrem Beet einen Besuch abzustatten. Inzwischen hat sie herausgefunden, was funktioniert. Bohnen und Spinat zum Beispiel. „Okra hat nicht geklappt, aber Mais aus dem Garten meines Vaters in Albanien wächst hier sehr gut.“
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Am Beet sind Plattdeutsch und viele andere Sprachen zu hören
Khadija Assou-Dodjii hat es mit Mais aus Togo versucht und war nicht zufrieden. Jetzt hat sie deutschen Mais angepflanzt, dazu Okra, Kartoffeln, Tomaten, Zwiebeln und Bohnen. „In Togo habe ich meiner Oma oft im Garten geholfen, jetzt bin ich so oft wie möglich hier“, berichtet die 29-Jährige.
Plattdeutsch ist eine von vielen Sprachen, die im Garten zu hören sind - vor allem von Agnes Beuke und Hille Wahlen. Mit Iyamide Mahdi plant Agnes Beuke gerne Ausflüge. Sie sprechen auch gezielt Frauen an, um den Austausch zu vertiefen oder auf Wunsch intensiver Deutsch zu üben. Zurzeit sind alle Beete belegt. Wer Interesse hat, kann sich aber bei Zinkko oder den Kreislandfrauen melden, denn jedes Jahr werden Gartenstücke neu vergeben.
Der Verein Zinkko will weiterhin Musikstipendien anbieten, die nicht nur Zuwanderern, sondern allen begabten Kindern zugänglich sein sollen, deren Familien knapp bei Kasse sind. Die Empfehlung läuft über Lehrkräfte, Erzieherinnen, Ehrenamtliche oder Bekannte. Neue Unterstützer sind willkommen und finden mehr Informationen unter zinkko.de.