TKarls Erlebnis-Dorf: Ein Erdbeerbauer erobert die Freizeitpark-Branche

Er ist ein Workaholic - aber einer, der sehr zufrieden damit ist, was er tut: Robert Dahl, Gründer und Geschäftsführer von Karls Erlebnis-Dorf. Foto: Scheschonka
Angefangen hat alles als Ding zwischen Vater und Sohn. Der Junge solle sich was Eigenes aufbauen, fand Erdbeerbauer Karl-Heinz Dahl - und der baute die erfolgreichste Freizeitpark-Kette der Republik auf.
Loxstedt. Wer Robert Dahl zum ersten Mal gegenübersteht, ist überrascht. Schlank, sonnengebräunt, im Outdoor-Outfit, nett und zugewandt - den geschäftsführenden Gesellschafter einer Firma mit dreistelligem Millionenumsatz stellt man sich anders vor. Doch Dahl ist kein Business-Manager, er ist Bauer. Ein Bauer mit einem Riecher fürs Geschäft. Und einer Kreativität, die nur Leute an den Tag legen, die für ihre Sache brennen. „Wir reden in der Familie auch an Heiligabend über Karls“, gesteht Dahl und lacht.
25 Millionen Euro verbaut Dahl hier in Loxstedt
Man spürt die Begeisterung des Firmengründers, wenn man mit ihm bauhelmbewehrt mit ihm über die Großbaustelle südlich von Bremerhaven stapft. Hier, an der Loxstedter Siedewurt, wird mit Hochdruck an Karls Erlebnis-Dorf Nummer 7 gearbeitet. Über 400 Handwerker legen Hand an, damit das 25-Millionen-Euro-Projekt Hand am Donnerstag eröffnen kann.
Dahl spricht in schnellen, enthusiastischen Sätzen über Erdbeerschokolade und Erdbeer-Raupenbahn, Marmeladenküche und Bonbonmanufaktur, der „weltgrößten“ Kaffeekannen-Sammlung und dem „Fliegenden Kuhstall“, einem der Fahrgeschäfte, die in Loxstedt die Kinder begeistern werden.
Über 7,5 Millionen Menschen besuchten Karls 2024
Der 54-Jährige ist kaum zu bremsen. Trotzdem hat er beim Rundgang alles im Blick. Auch kleine Dinge. Die Handwerker, die die Holzlatten am Erdbeer-Café befestigen, weist er darauf hin, dass er lieber schwarze Schrauben hätte. Weil es besser aussieht. Robert Dahl ist Perfektionist. Er hat eine genaue Vorstellung davon, wie seine Mischung aus Erdbeeren und Einkaufsvergnügen, Restaurant und Rummelplatz aussehen soll.
Irgendwo zwischen Landhaus-Stil und Bauernhof. Und so offen und zugänglich, dass sich hier alle wohlfühlen. „Karls“, sagt er, „ist unkompliziert. Das ist unsere Philosophie.“Eine Philosophie, mit der er überaus erfolgreich ist. Für 2024 meldeten die sechs Erlebnis-Dörfer von Karls einen Besucherrekord. Mehr als 7,5 Millionen Menschen besuchten die Freizeitparks. Mehr als jedes anderes Freizeitziel in der Republik.
Bürgermeister im Interview
T „Auf Karls Erlebnis-Dorf freut sich die ganze Region“
Dabei fing alles ganz klein an. 1921 gründete Dahls Opa Karl - nach dem das Erdbeer-Imperium benannt ist - in der Nähe von Rostock einen kleinen Gemüsebetrieb. Er fuhr seine Waren noch mit Pferd und Wagen zu den Wochenmärkten.
Vater Karl-Heinz betrieb das Geschäft schon im größeren Stil. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Familie nach Schleswig-Holstein geflohen, hatte in Warnsdorf in Ostholstein einen neuen Betrieb eröffnet. Als sich 1951 in der Nähe von Lübeck die Schwartauer Werke ansiedelten, packte Karl-Heinz Dahl seine Chance am Schopf.
Von nun an setzte er ganz auf Erdbeeren. Bei dem Großabnehmer ein Glücksgriff. „Das wurde unheimlich schnell groß“, sagt sein Sohn. Erst 1989 mit der Wende und der Öffnung Osteuropas bekam das Erfolgsgeschäft einen herben Dämpfer. Schwartau kaufte die süßen Früchte nun aus Polen. Weil sie dort billiger waren. Und die Dahls mussten sich was überlegen.
Die Lösung fand der Landwirt in England. Besser gesagt, seine Tochter Ulrike brachte sie mit, vom Schüleraustausch. „Sie hatte in Wimbledon einen Verkaufsstand in Form einer großen Erdbeere gesehen, wie es sie damals in Deutschland noch nicht gab“, erzählt Robert Dahl. Sein Vater war begeistert. Karl-Heinz Dahl kaufte kurzerhand den Wimbledon-Stand, setzte sich selbst in den Transporter und holte ihn nach Deutschland. Die Direktvermarktung der roten Früchte war geboren.
Direktvermarktung direkt an der Urlauber-Magistrale
Der Mann war offenbar genauso geschäftstüchtig wie sein Sohn heute. Als Robert Dahl mit 21 in den Betrieb einsteigen wollte, hatte sein Vater eine bessere Idee. Damit man sich nicht ins Gehege komme, solle der Junge lieber seinen eigenen Hof eröffnen, fand er. In der alten Heimat, in Rövershagen bei Rostock. Der erfolgreiche Erdbeerbauer schrieb dem 21-Jährigen sogar einen Businessplan. Minutiös war darin aufgeführt, was er für die Gründung eines kleinen Betriebs alles braucht. Inklusive des vielsagenden Satzes: „Die endgültige Betriebsgröße wird durch die Absatzmöglichkeiten bestimmt.“
Ein Satz, den Dahl heute noch gerne seinen Bankern zeigt. „Damit ist alles gesagt“, findet er. Sein eigener Betrieb entwickelte sich ganz genau nach dieser Devise. Vom Start an lief es hervorragend. Der schlaue Karl-Heinz Dahl hatte natürlich darauf geachtet, dass der Hof seines Sprösslings mit der Direktvermarktung verkehrsgünstig lag - direkt an der Bundesstraße 105, an der die Westdeutschen im ersten Sommer nach der Wende massenweise in Richtung Ostseeküste rauschten.
Freizeitpark
T Karls Erlebnis-Dorf ab Mai – Rundgang über Riesen-Baustelle
Der Wohnwagen, in dem der damals 22-Jährige anfangs lebte, wich bald einem Haus, 1993 eröffnete Robert Dahl auch einen Hofladen. „Irgendwann konnte man dort auch eine Tasse Kaffee trinken und ich hab Spielgeräte aus dem Baumarkt geholt, damit die Kinder sich nicht langweilen“, erzählt er. Der Grundstein für die einzigartige Karls-Synthese aus süßen Früchten, Shopping und Spaß haben war gelegt.
Dass all das stetig weiter wuchs, hat mit der großen Nachfrage zu tun. Aber auch damit, dass der geschäftstüchtige Jung-Bauer großen Gefallen an der neuen Branche fand. Ehefrau Stefanie, die er im Jahr 2000 kennenlernte, arbeitete in der Werbebranche, kurz darauf wurde aus dem Erdbeerhof Rövershagen Karls. 2007 entdeckte Robert Dahl in einem Reisebericht über einen Freizeitpark in Österreich eine „Traktorbahn“ – und ließ sich für die Ostseeküste auch eine bauen. Im Mai 2008 wurde das erste Karls Erlebnis-Dorf in Rövershagen eröffnet. „Das Ding lief bombig“, erinnert sich Dahl.
Drei Jahre später begann er, in der ganzen Republik nach Grundstücken zu suchen, um Karls-Ableger zu gründen. Getreu der Devise: Weiter wachsen, wenn die Nachfrage da ist. Heute hat Karls 2200 Angestellte und macht einen Umsatz von 200 Millionen Euro im Jahr. „Ich bin eben ein rastloser Typ“, sagt der Kopf des Imperiums. Auch Rückschläge bringen Robert Dahl, der nach eigenem Bekunden „eigentlich immer arbeitet, wenn ich wach bin“, nicht aus der Ruhe.
Elf Boeings für die Erdbeerpflücker gechartert
So wie in der Corona-Zeit, als er plötzlich Probleme hatte, die Erdbeerpflücker aus der Ukraine ins Land zu holen, weil sie nicht mit dem Zug durch Polen fahren durften. Da charterte der Unternehmer kurzerhand für eine halbe Million Euro 11 Boeings, um seine 1000 Erntehelfer einzufliegen. Oder in diesem Frühjahr, als die Bild-Zeitung enthüllte, dass sein Großvater Karl NSDAP-Ortsgruppenleiter war. Auch hier trat der 54-Jährige die Flucht nach vorn an - und heuerte einen Historiker an, der die Nazi-Vergangenheit seines Großvaters aufarbeiten wird.
Der Mann lässt sich offenbar nicht aus der Ruhe bringen. Auch während des Gesprächs nicht, obwohl das Handy sich etliche Male geregt hat. Die letzte Nachricht aber entlockt dem dreifachen Familienvater ein breites Lächeln. Sein 18-jähriger Sohn komme morgen, erzählt er. Und mit ihm nach Bayern zu fliegen, wo er sich ein neues Grundstück für das nächste Erlebnis-Dorf anschauen will. Dass sein Sohn mitkommt, freut ihn besonders.
Schließlich ist es der Traum jedes erfolgreichen Unternehmers, dass die nächste Generation das Werk fortsetzt. „Wir üben da keinen Druck“, sagt er. Aber schön wäre es für ihn natürlich schon, wenn der Sohn oder eine der beiden Töchter das Karls-Imperium fortführt.