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OVG-Urteil

TKlage abgelehnt: Bünting darf Combi-Markt in Himmelpforten bauen

Das OVG Lüneburg machte am Mittwochabend den Weg für die Bebauung hinter dem Steinmetzhaus frei.

Das OVG Lüneburg machte am Mittwochabend den Weg für die Bebauung hinter dem Steinmetzhaus frei. Foto: Klempow

Der Streit ums Steinmetz-Wäldchen nahe der B73 ist verhandelt. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg lehnte die Klage von Naturschützern ab. Der Bürgermeister ist erleichtert.

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Von Grit Klempow
Donnerstag, 16.01.2025, 16:00 Uhr

Himmelpforten. Mehr als drei Stunden hatte der erste Senat des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (OVG) am Mittwoch unter Vorsitz von Dr. Sebastian Lenz verhandelt und sich bei den einzelnen Klagepunkten noch einmal die Positionen erläutern lassen.

Als Kläger war der Naturschutzverband Niedersachsen, vertreten durch Rechtsanwalt Udo Paschedag, vor Ort. Am Tisch der Beklagten saßen für die Gemeinde Himmelpforten Bürgermeister Bernd Reimers, Verwaltungsvertreter Frank Buhrmester, Thorsten Liebeck als Fachbereichsleiter Bauen bei der Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten und der Rechtsanwalt der Gemeinde, Dr. J. Christian von Waldthausen.

Blick in den Lüneburger Gerichtssaal vor Verhandlungsbeginn am Mittwoch.

Blick in den Lüneburger Gerichtssaal vor Verhandlungsbeginn am Mittwoch. Foto: Klempow

Befürworter und Gegner auf den Zuschauerstühlen

Sowohl Vertreter des Gemeinderats Himmelpforten waren auf den Zuschauerstühlen dabei als auch Gegner des Projekts. Die Gemeinde Himmelpforten hatte den Bebauungsplan Zwischen B73 und Mühlenstraße 2022 beschlossen und damit den Weg für den Bau eines Combi-Markts, eines neuen Aldi-Markts und mehrerer Fachmärkte auf dem Areal hinter dem historischen Steinmetzhaus geebnet.

Kritik gab es am gewählten Standort seit langem. Die Gegner sehen in dem Areal eine grüne Oase und erinnern sich an den parkähnlichen Zustand hinter dem Amtshaus. Das Areal war mit alten und jungen Bäumen bewachsen, festgestellt wurden Bewohner wie Fledermäuse, Waldohreule und Dohlen. Befürworter des Einzelhandelsprojekts sahen dagegen eine verwilderte Fläche.

Natur- und Denkmalschutzbehörden hatten dennoch Bedenken, die Planung musste über Jahre deshalb immer wieder nachgebessert werden. Für die betroffenen Arten wurden Ausgleichsmaßnahmen verlangt.

Dieses Bild vom Steinmetzpark (aufgenommen von Ratsfrau Ursula Männich-Polenz im Jahr 2016) haben die Gegner des Einkaufszentrums vor Augen. Ihr Kampf gegen die Bebauung ist mit der Entscheidung des OVG Lüneburg beendet.

Dieses Bild vom Steinmetzpark (aufgenommen von Ratsfrau Ursula Männich-Polenz im Jahr 2016) haben die Gegner des Einkaufszentrums vor Augen. Ihr Kampf gegen die Bebauung ist mit der Entscheidung des OVG Lüneburg beendet. Foto: U.Maennich-Polenz

Der Naturschutzverband Niedersachsen hatte schließlich einen Normenkontrollantrag zum letztendlich beschlossenen Bebauungsplan eingereicht. Den wies das OVG Lüneburg in allen Punkten zurück. Überraschend war die Entscheidung nach der Verhandlung nicht, die Auffassung des Gerichts war in einigen Punkten bereits während der mündlichen Verhandlung deutlich geworden.

Raumordnung und Denkmalschutz gerügt

Der Naturschutzverband, vertreten durch den Hammaher Rechtsanwalt Paschedag, hatte den Bebauungsplan in mehreren Punkten gerügt: Neben formellen Mängeln sah er insbesondere Verstöße gegen das Raumordnungs- und Denkmalschutzrecht sowie die fehlerhafte Behandlung des durch das Versorgungszentrum entstehenden Lärms. Infolgedessen seien die Voraussetzungen für die artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung, die aufgrund der Beeinträchtigungen der Waldohreule und der Dohle erforderlich sei, nicht erfüllt, so die Argumentation des Klägers.

Das sah das Oberverwaltungsgericht Lüneburg anders. Der Senat lehnte den Normenkontrollantrag ab. Der Bebauungsplan verstoße nicht gegen Raumordnungsrecht, so das Gericht. Der östliche Teil des Plangebiets liege im Ortskern. Der sei im Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Stade aus dem Jahr 2013 als zentraler Versorgungsbereich der Gemeinde Himmelpforten festgelegt; der westliche Teil des Plangebiets grenze unmittelbar an den zentralen Versorgungsbereich an und ergänze diesen.

Auch Artenschutzrecht stehe der Planung nicht entgegen, so die Lüneburger Richter. Die Prognose der Gemeinde Himmelpforten, dass für die Zerstörung von Lebensräumen von Waldohreule, Dohle und drei Fledermausarten eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilt werden könne, erweise sich als tragfähig. Zu berücksichtigen sei dabei insbesondere, dass diese Ausnahmegenehmigung bei Inkrafttreten des Plans bereits vorgelegen habe und die Gemeinde von der Rechtmäßigkeit habe ausgehen dürfen.

Der Plan habe auch die denkmalschutzrechtlichen Belange im Hinblick auf das benachbarte Steinmetzhaus zutreffend berücksichtigt. Wesentliche Freiflächen zur B73 blieben erhalten. Die Überbauung des rückwärtigen Bereichs beeinträchtige das Denkmal nicht in unzulässiger Weise. Schließlich sei auch die Behandlung des planbedingten Lärms frei von Abwägungsfehlern. Die benachbarte Einrichtung der Bethel-Stiftung (Neues Steinmetz-Haus) könne keinen Lärmschutz beanspruchen, der über denjenigen gemischt genutzter Gebiete, wie hier, hinausgehe.

Paschedag: „Überraschende“ Einordnung durch das Gericht

„Überraschend“ sei für ihn die Bewertung des Raumordnungsprogramms gewesen, so Rechtsanwalt Udo Paschedag zur Entscheidung des Gerichts. Für ihn wird mit dem geplanten Bau „Dorfkulturgeschichte“ zerstört, so sein Fazit nach der Entscheidung. Eine Zulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht als nächster Instanz hat hohe juristische Hürden. Seine Konsequenz: „Für mich ist die Sache erledigt“, so Paschedag.

Und die Gemeinde? Bürgermeister und Gemeindedirektor Bernd Reimers empfindet „Freude ohne Ende. Man kann es noch gar nicht richtig glauben.“ Vielleicht werde er in der Bürgermeister-Sprechstunde einen Sekt ausgeben.

Mit der Entscheidung endet ein juristisches Tauziehen, aber auch die Kontroverse, die es von Beginn an zu den Plänen gab. Die Gemeinde hatte das Projekt, ein Nahversorgungszentrum mit Combi-Vollsortimenter, neuem Aldi-Markt und Fachmärkten hinter dem Steinmetzhaus, vorangetrieben. Die Bünting-Gruppe als Investor hatte trotz aller Schwierigkeiten an den Plänen festgehalten.

Zuletzt hatten Unbekannte auf dem Areal Bäume gefährlich angesägt. Zahlreiche Bäume mussten gefällt werden. Auf das Verfahren hatte das keinen Einfluss - das Gericht bezieht sich nur auf den Zustand zum Zeitpunkt des Beschlusses. Der Gemeinderat hatte den Bebauungsplan bei einer Gegenstimme von Ursula Männich-Polenz 2022 beschlossen.

Mit Bauvorbescheid vom 26. März 2024 hat der Landkreis Stade die planungsrechtliche Zulässigkeit des Einkaufszentrums erklärt.

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