TWas die Intensivhelden im ehemaligen Himmelpfortener Schuhhaus vorhaben

Das Leitungsteam der Intensivhelden: Pflegedienstleitung Sabrina Koch, Steffen und Christina Lenk. Zum Team gehört noch Fachbereichsleitung Diana Teschulat. Foto: Klempow
Kaffee und Kuchen statt Schuhe und Trikots. Ab heute ist die Tür zum ehemaligen Schuhgeschäft mitten in Himmelpforten wieder offen - ein Angebot der Intensivhelden von nebenan.
Himmelpforten. Schuhe in Regalen gibt es längst nicht mehr. Inzwischen gibt es im großen Raum viel Platz, Tische, Stühle, Sofa, Sessel und eine Küchenzeile. Himmelpforten hat ab heute einen neuen Seniorentreff, von 12 bis 17 Uhr ist geöffnet. Ins Leben gerufen hat ihn Steffen Lenk. Der freundliche Unternehmer ist Geschäftsführer der Intensivhelden.
Pflege mit Herausforderungen
Die haben ihren Sitz in der Nachbarschaft, in einer alten Villa, ein paar Häuser weiter in der Bahnhofstraße. Die Intensivhelden betreuen ambulant pflegebedürftige Menschen jedes Alters in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung. Menschen, die oft unheilbar krank sind, die mit den Folgen einer Hirnblutung leben müssen, Wachkoma-Patienten oder Menschen mit chronischer Lungenerkrankung.

Das Leitungsteam der Intensivhelden: Pflegedienstleitung Sabrina Koch, Steffen und Christina Lenk. Zum Team gehört noch Fachbereichsleitung Diana Teschulat. Foto: Klempow
Lenk ist Altenpfleger, seine Frau Christina Krankenschwester. Was sie tun, machen sie mit Leidenschaft. „Ich weiß nicht immer, was ich will. Aber ich weiß, was ich nicht will“, sagt Lenk. Das bezieht er auf die Erfahrungen, die er andernorts in seinem Beruf gemacht hat. Ursprünglich stammen sie aus Thüringen, über Baden-Württemberg und Bielefeld landeten Lenks schließlich im Norden.
Besondere Wohngemeinschaft in der Villa
Seit 2022 gibt es die Intensivhelden in Himmelpforten. Im Februar 2023 wurde zusätzlich zur ambulanten Pflege die Wohngemeinschaft eröffnet. Hier leben Menschen, die eine Rund-um-die Uhr-Betreuung brauchen. Vielleicht, weil sie von Geburt an auf Hilfe angewiesen sind. Vielleicht, weil ein Unfall sie aus einem unbeschwerten Leben gerissen hat. Solche Plätze seien rar, sagt Lenk. Vor allem für junge Menschen ab 18 Jahren, denen ein Senioren-Pflegeheim nicht gerecht werden kann, weder medizinisch noch integrativ.

Die alte Villa in der Bahnhofstraße ist der Sitz der Intensivhelden. Foto: Klempow
Wer das Erdgeschoss der Helden-Villa betritt liest an der Wand: „Lache und freue Dich mit uns“. Hier unten leben vier Bewohner in einer besonderen WG zusammen. Jeder hat ein persönlich gestaltetes Zimmer. Es gibt einen gemütlichen Gemeinschaftsraum und die Küche. „Wir können das Zuhause nicht ersetzen, aber wir können es ein Stück näher bringen“, sagt Steffen Lenk.
Pflege in drei Schichten
Eine Pflegekraft betreut jeweils zwei Patienten. Der Betreuungsschlüssel gilt auch für den Standort im Koppelring in Oldendorf. „Wir arbeiten in drei Schichten“, sagt Pflegedienstleitung Sabrina Koch. Das habe sich für die 38 Mitarbeitenden bewährt. Viele Mütter sind darunter, die Job und Familie so besser vereinbaren können.

Im Flur der Wohngemeinschaft heißt ein Wand-Tattoo Besucher willkommen.
„Wir lassen Raum für kreative Lösungen im Alltag“, so die Unternehmensleitung. Ein Beispiel: Wer will, kann den Einkauf für zu Hause auch gemeinsam mit einem Patienten erledigen. Letzterer kann sich gleich für Essenswünsche inspirieren lassen. „Wir kochen selbst und können damit auf Lieblingsgerichte achten“, sagt Lenk. Auch das ist ein kleines Stück vom Zuhausegefühl.
Großes Netzwerk mit Therapeuten
Epilepsie, ALS (Erkrankung des Nervensystems), Multiple Sklerose, Schlaganfälle, spezielle Wund- oder Portversorgung - die Bedürfnisse der Patienten in der ambulanten Versorgung haben es in sich. Das Netzwerk der Therapeuten und Mediziner bis hin zur Palliativmedizin ist deshalb groß.
Wir können das Zuhause nicht ersetzen, aber wir können es ein Stück näher bringen.
Steffen Lenk, Geschäftsführer Intensivhelden
Wie es sich anfühlen muss, im eigenen Körper gefangen zu sein und nur eingeschränkt kommunizieren zu können, ist für Gesunde unvorstellbar. Für Lenk ist umso wichtiger, genau hinzusehen und Bedürfnisse wahrzunehmen. „Wir haben die Geduld dafür“, das ist ihm wichtig. Trotz aller Einschränkungen sollen die betreuten Kunden ihren Alltag selbst gestalten und über die Pflege bestimmen. Selbstbestimmung kennzeichnet das Leben in der Wohngemeinschaft.
Pflegeangebot in ehemaligen Geschäftsräumen
Für alle Pflegebedürftigen, nicht nur für Intensivpatienten, ist ein neues Angebot gedacht. Dafür gibt es nun Zimmer mit Pflegebetten in einem Trakt des ehemaligen Schuhhauses. Unter dem Begriff Kurzzeitpflege ist das Modell bekannt. Diese Verhinderungspflege als Urlaubsvertretung für pflegende Angehörige bieten die Intensivhelden hier künftig an und schließen gleichzeitig eine andere Lücke.

Die blickdichten Folien in den ehemaligen Schaufenstern lassen Licht herein, aber keiner sitzt im Seniorentreff auf dem Präsentierteller. Foto: Klempow
Lenk hat beobachtet, dass Älteren in Himmelpforten ein Treffpunkt fehlt. „Seit Inges Klönstuv geschlossen hat, gibt es eigentlich nichts mehr. Das ist doch schade.“ Der große ehemalige Verkaufsraum in der Bahnhofstraße 3 steht deshalb für alle offen, die sich auf einen Klönschnack oder eine Tasse Kaffee treffen wollen.
Tanz-Tee oder Kaffee-Päuschen
Die Öffnungszeiten sollen dem Bedarf angepasst werden. Lenk lässt Spielräume: Die gelieferte Mittagsmahlzeit gemeinsam genießen? Nur klönen? Karten- oder Brettspiele? Oder Tanz-Tee im Untergeschoss? Entscheiden sollen die, die zu Besuch kommen. Auch Seminare will er anbieten, zum Thema Demenz vielleicht.
24-Stunden-Reportage
T Im Schutz des Lebensgartens: Wo Demenzkranke Halt und Rhythmus finden
Lenk lächelt verschmitzt. „Eigentlich wollte ich den Seniorentreff Rentner-Club nennen“, sagt er. Aber damit ist er im Leitungsteam der Intensivhelden nicht durchgekommen. Den Besuchern dürfte es gleich sein. Es geht so oder so darum, nicht allein zu sein, alte Bekannte zu treffen, vielleicht neue kennenzulernen.

Himmelpforten hat einen neuen Seniorentreff im ehemaligen Schuhhaus Bierschwall. Foto: Klempow