TOrganspende-Tattoo: Stader lassen sich stechen, um Leben zu retten

Der Stader Lars Rieger lässt sich von Michi Wollers das Organspende-Tattoo Opt.Ink stechen. Foto: Bisping
Ihre Träger zeigen, dass sie im Ernstfall bereit sind zur Organspende. Viele haben das Tattoo Opt.Ink jetzt kostenlos gestochen. So lief es in einem Studio in Stade.
Stade. Es ist der 1. Juni, Tag der Organspende. In Deutschland veranstalten mehr als 80 Tattoo-Studios einen sogenannten Walk-In-Day. Sie stechen das Organspende-Tattoo Opt.Ink kostenlos und machen so auf einen Missstand aufmerksam: dass in Deutschland 8500 Menschen auf ein Spenderorgan warten, sich aber viele, die spenden könnten, nicht zur Organspende bereiterklären - zumindest nicht mit einem Beleg.
Wie Opt.Ink aussieht? Das Tattoo besteht aus zwei Halbkreisen und einem geschlossenen Kreis. Die geometrischen Formen zeigen ein O für Organ und ein D für Donor, englisch für Spender. Sie sind eine Willenserklärung der Träger, ein deutliches Zeichen für ihre Angehörigen - und für Mediziner.

Gut sichtbar: Bei Tanja Heinbockel ist das Organspende-Tattoo Opt.Ink unterhalb der Wade. Foto: Alexandra Bisping
In Stade unterstützt Ruben van der Veen mit seinem Tattoo Time Studio an der Bremervörder Straße die Kampagne. Das Stechen des Symbols ist auch dort kostenlos, doch um eine finanzielle Spende wird gebeten. Sie kommt Flügelchen-Nester zugute. Der Verein hilft Familien in emotionalen, sozialen und finanziellen Notlagen, die ein besonderes Kind haben.
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Mit Opt.Ink erklären 36 Stader ihren Willen
Bei Ruben van der Veen ist am Samstag viel los. Über den Tag verteilt kommen 36 Interessenten zum Termin, um sich Opt.Ink stechen zu lassen. Das minimalistische Symbol, dessen Träger bis zu sieben Leben retten können.
Initiiert hat die Opt.Ink-Kampagne der gemeinnützige Verein Junge Helden. Ziel ist es, Jugendliche und junge Erwachsene über Organspende aufzuklären, Gespräche anzuregen - und letztlich zu einer Entscheidung zu motivieren.
Organspende nicht ohne Zustimmungslösung
Laut Verein gab es im vergangenen Jahr 965 Organspender - 11,4 Spender pro eine Million Einwohner. 2877 Organe wurden postmortal entnommen und in Deutschland oder im Ausland transplantiert. Dabei wurden nach der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) pro Spender durchschnittlich drei Organe entnommen.
Bislang gilt hierzulande die Zustimmungslösung: Nur wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten schriftlich zugestimmt hat oder stellvertretend Angehörige zustimmen, dürfen Organe entnommen werden. Eine Einwilligung, die oft fehlt - und Leben kosten kann.

Ruben van der Veen bearbeitet den Oberarm von José Nogales. Foto: Bisping
Über die Zustimmungslösung wird in der Politik gerade debattiert. In den Niederlanden und Österreich gilt beispielsweise die Widerspruchslösung. Organe können entnommen werden, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen hat.
Für Angehörige sei das Tattoo ein deutliches Statement, sagen Junge Helden. „Denn sie sind es, die in der Praxis über eine Organspende entscheiden“. In Deutschland hilft aber das Tattoo den Angehörigen, dem Willen des Verstorbenen zu entsprechen.
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Stader signalisieren Organspende-Bereitschaft
Das Tattoo sollte gut sichtbar auf Arm oder Bein platziert werden. Lars Rieger hat sich als Stelle den rechten Oberarm, Innenseite ausgesucht. Es ist das erste Tattoo des 46-Jährigen. Einen Organspendeausweis hat er bislang nicht. „Irgendwie fehlte mir zum Ausfüllen immer der Antrieb“, gibt er zu. Dabei findet er es gut und wichtig. Mit Opt.Ink signalisiert er ab sofort Spendenbereitschaft.
Das alleine reicht nicht unbedingt aus: „Eigentlich muss es noch mal schriftlich dokumentiert werden“, weiß Michi Woller. Sie arbeitet in dem Studio und hat Lars Rieger tätowiert. „Wenn du jemanden hast, der weiß, dass du spenden möchtest, geht das aber.“
Nach 20 Minuten ist Lars Rieger fertig tätowiert. Wie fühlt es sich an? „Gut“, sagt er. „Ein bisschen wund.“ Zum Schutz verpasst ihm Michi Woller eine sogenannte Second Skin. Das durchsichtige wasserfeste Pflaster sollte sechs Tage lang draufbleiben. Ist es ab, soll eine Salbe zur Wundheilung aufgetragen werden.

Sara Heinbockel mit ihrer Mutter Tanja. In drei Jahren darf sich die 13-Jährige das Tattoo auch stechen lassen. Foto: Bisping
Auch Riegers Lebensgefährtin Tanja Heinbockel hat sich das Symbol auf das Hinterbein stechen lassen. Ihr elftes Tattoo, sagt die 42-jährige Staderin. Den Organspendeausweis hat sie seit seit zehn Jahren. „Ich möchte allen zeigen, dass ich zur Spende bereit bin“, sagt sie. Tochter Sara ist 13, sie darf sich das Tattoo erst mit 16 stechen lassen.
Ruben van der Veen hatte über den BVT, den Bundesverband Tattoo, von der Aktion erfahren und begrüßt sie. Es gebe leider sehr wenige verfügbare Organe. „Menschen kann man nicht genug retten“, sagt er. Einen Organspendeausweis hat der Tattoo Artist schon - das Tattoo wahrscheinlich auch bald.

Der Stader Lars Rieger lässt sich von Michi Wollers das Organspende-Tattoo Opt.Ink stechen. Foto: Bisping

Michi Wollers sticht einer weiteren Kundin das Tattoo, diesmal auf dem Unterarm innen. Foto: Bisping