TLkw-Maut: Für Transportbetriebe im Kreis Stade wird’s teurer – auch für die Kunden?

85 Prozent des Gütertransports werden in Deutschland über Lkw abgewickelt - und das wird durch die höhere Mautgebühr teurer. Foto: Dominika Zarzycka/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa
Die Lkw-Maut steigt. Für jede ausgestoßene Tonne CO2 wird ab 1. Dezember ein Aufschlag von 200 Euro fällig. Das soll Anreiz bieten, Emissionen zu sparen. Doch dazu bräuchte es aus Sicht von Transportbetrieben im Landkreis Stade etwas ganz anderes.
Stade. „Eine Zuckerrübe fährt nicht mit der Bahn vom Feld“, sagt Jan Schlichtmann von Retralog, einer Recycling- und Transportfirma, die unter anderem den Biomüll aus dem Landkreis Stade in die Kompostieranlagen bringt. Noch immer werden 85 Prozent der Gütermenge in Deutschland auf der Straße befördert. Doch um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor sinken. Der CO2-Aufschlag zur Lkw-Maut auf Fernstraßen soll das stärker berücksichtigen: Je höher der Schadstoffausstoß, desto höher die Maut. Das soll circa 7,6 Milliarden Euro Mehreinnahmen pro Jahr bringen und Anreize geben, mehr Güter auf die Schiene und mehr saubere Fahrzeuge auf die Straßen zu bringen. Aber wie?
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„Der Grundgedanke ist prima, die Umsetzung katastrophal“, sagt Stephan Ruppe, der bei Retralog für den Bereich Spedition zuständig ist. Denn für Diesel gebe es noch keine echte Alternative. Die ersten Elektro-Lkw seien zwar da, und sie werden auch von der Maut befreit; doch ein Lkw laufe sechs oder sieben Jahre. Es braucht Entscheidungssicherheit und die Möglichkeit, ihn zu erwerben, den Austausch zu planen und zu investieren.
Ein Lkw mit 450 Kilometer Reichweite müsste zudem nach viereinhalb Stunden tanken, „aber mit richtig Power, in einer halben Stunde von 20 auf 80 Prozent“, sagt Ruppe. Die nötigen Supercharger fehlen jedoch: „Dafür gibt es noch keine einzige Station.“ Es bräuchte ein ganz neues Netz. Ruppe fragt sich auch, wie viele zusätzliche Lade-Raststätten es brauchen würde, an denen nachts die Lkw zum Aufladen stehen.
Raisa: Mehr als eine Million Euro Mehrkosten im Jahr
Wenn die Mauterhöhung den Umstieg auf E-Mobilität oder Wasserstoff beschleunigen soll, könne das nur klappen, wenn die Mauteinnahmen in die Straßeninfrastruktur und den Ausbau des Lade- und Tankanlagennetzes für die alternativen Energien fließt, sagt Benjamin Ney, Abteilungsleiter Logistik der Raisa eG. „Leider hat die Regierung beschlossen, dass ein Großteil in die Schiene fließen soll.“
Bisher, und das hält Ney auch für sinnvoll, war die Maut für die Straße zweckgebunden. Die Raisa eG, zu der die Spedition Raisa DHT GmbH gehört, rechne mit Mehrkosten von etwa einer bis 1,1 Million Euro jährlich. Je nach Unternehmen rechnet die Branche aufgrund der steigenden Maut bereits mit Mehrkosten von 7 bis 9 Prozent. Ein deutsches Fuhrunternehmen habe im Durchschnitt eine Umsatzrendite von 3 bis 4 Prozent. Dem Spediteur bleibe nichts anderes übrig, als den Mehraufwand umzulegen.
Pape: Maut könnte CO2-Emissionen senken – zumindest ein wenig
Mirko Pape, Geschäftsführer bei Pape Logistics aus Hollern-Twielenfleth, denkt, dass die CO2-Emissionen durch die Erhöhung der Mautgebühr tatsächlich sinken könnten: „Verlader überlegen sich tendenziell schon, ob ein Versand über eine weite Strecke finanziell Sinn macht. Und nun wird der Versand eben teurer.“ Schon jetzt gebe es weniger Fernverkehr als früher. Er vermutet, dass diese Tendenz sich verstärkt, der Effekt im Verhältnis zum Gesamtemissionsaufkommen aber gering ausfällt. Zur Pape-Flotte gehören 23 Lkws, und die CO2-Maut werde Mehrkosten von etwa 7 Prozent verursachen.
Den Kunden sei plausibel gemacht und mit ihnen verhandelt worden, was an sie weitergegeben werden muss. Nicht so glücklich findet Mirko Pape die Einführung zum 1. Dezember: Viele haben Jahreskontrakte und das Gesetz wurde erst im Laufe des Jahres 2023 ratifiziert. Er komme zurecht, sagt Pape. Doch seine Kunden werden die Mehrkosten ihrerseits wohl weitergeben - „allerdings nicht eins zu eins, da gibt es ja noch viele andere volkswirtschaftliche Einflüsse“.
Elbe Obst: Die Mehrkosten umzulegen, ist schwierig bis unmöglich
Die Mehrkosten der CO2-Maut auf den Absatzmarkt umzulegen, werde im Fruchthandel schwierig bis gar nicht möglich sein, sagt Jens Anderson, Marketingleiter bei Elbe Obst. Elf Fahrzeuge sind für sie im Einsatz, neun davon im Fernverkehr. Eine Hochrechnung ergab bei gleicher Laufleistung Mehrkosten in Höhe von 34 Prozent: „Das bedeutet pro Fahrzeug 4500 Euro pro Jahr, insgesamt circa 40.000 Euro.“

Ein Bagger befüllt einen Lkw der Stader Firma Retralog mit Biomüll. Foto: Retralog
Retralog rechnet mit Mehrkosten zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Euro pro Jahr. Natürlich müssen Mehrkosten weitergegeben werden, sagt Jan Schlichtmann. Alle Kunden wurden angeschrieben, es gab Preisverhandlungen: „Sie zahlen nicht gerne mehr, aber verstehen tun sie es alle.“ Die Mautsteigerungen betreffen jeden Kühl-Lkw, merkt Jan Schlichtmann an: „Das wird durchschlagen bis zum letzten Glied: dem Endverbraucher.“