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Hate Speech

T„Lügner, Heuchler, Kinderficker“: Grünen-Politiker beklagen Hetze im Netz

Schwierige Zeiten für Politiker: Der grüne Bürgerschaftsabgeordnete wird auf TikTok beleidigt.

Schwierige Zeiten für Politiker: Der grüne Bürgerschaftsabgeordnete wird auf TikTok beleidigt. Foto: Screenshot: Labetzke

Politiker werden oft heftig beleidigt. Wie übel das ist, zeigen die Grünen Michael Labetzke aus Bremerhaven und Kirsten Kappert-Gonther aus Bremen.

Von Denise von der Ahé Dienstag, 17.12.2024, 17:00 Uhr

Bremen/Bremerhaven. Das und mehr muss sich der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Michael Labetzke aus Bremerhaven immer wieder anhören: „Ihr seid die grüne Pest“ oder „Ihr seid einfach nur scheiße“.

„Oft werden wir auch als ,Partei der Pädophilen‘ angegangen, obwohl das Thema lange aufgearbeitet ist“, sagt Labetzke. „Dennoch wurde ich am Wahlkampfstand schon persönlich als ,Kinderficker‘ beschimpft.“ Die Bezeichnung als „Lügner“ und „Heuchler“ gehören zum Tagesgeschäft.

Die richtig schlimmen Sachen zeige ich an

Michael Labetzke, Bürgerschaftsabgeordneter der Grünen und Polizist

„Die richtig schlimmen Sachen zeige ich an“, sagt Labetzke. „Da bin ich konsequent.“ Er erhält beleidigende E-Mails oder muss sich in seinen Bürgersprechstunden Abwertungen anhören. „Aktuell gibt es jemanden, der kommt mit seinem Hund vorbei, macht die Tür auf und sagt ,Ihr seid ja immer noch da. Schämt euch. Haut ab hier.‘ Dann geht er wieder.“

Warum Grünen-Politiker Labetzke TikTok nicht den Rücken kehrt

Das Allermeiste erreiche ihn jedoch über die sozialen Medien, vor allem auf der Plattform TikTok. „Trotzdem bin ich dort unterwegs, weil ich vor allem der AfD nicht das Feld überlassen will“, sagt er.

Wie reagiert Labetzke auf Anfeindungen? „Ich zeige konsequent an, wenn der Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt“, sagt der Politiker. Er habe den Vorteil, dass er nicht nur ein hochgewachsener Mann, sondern auch Polizeibeamter sei.

„Ich glaube, das hält viele schon ab“, sagt Labetzke. „Wenn es mir zu bunt wird, dann rufe ich die Polizei. Das war im letzten Bundestagswahlkampf gleich zweimal erforderlich.“

Im Netz hat er deutlich gemacht: „Hass und Hetze lösche ich. Ich melde es zudem konsequent beim Anbieter, und ich sperre auch konsequent. Am Anfang musste ich das sehr viel machen: Ein halber Nachmittag pro Woche ging dafür drauf.“

Straftatbestand der Politikerbeleidigung abschaffen? Kritik an FDP-Vorstoß

Beleidigungen treffen Politiker aller Parteien. „Aber Politiker ,linker Parteien‘ sind um ein Vielfaches stärker betroffen“, weiß Labetzke. „Zum Hass gegen die Grünen trägt nicht nur die AfD bei.“ Auch die Äußerungen einiger Unionspolitiker, die die Grünen als „Hauptgegner“ oder gar „Feinde“ betrachteten, zögen solche Reaktionen nach sich.

„Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass auch Trolle und Bots aus Russland in Propaganda-Manier versuchen, auf die Stimmung im Land Einfluss zu nehmen“, sagt Labetzke.

Den Vorstoß der Bremer FDP, den Straftatbestand der Politikerbeleidigung im Strafgesetzbuch abzuschaffen, findet Labetzke „unmöglich“. Wer Politiker beleidigt, wird härter bestraft als derjenige, der andere Bürger beschimpft. Der Antrag der FDP enthält zudem eine Selbstverpflichtung für Politiker, mit Strafanzeigen zurückhaltend umzugehen.

Labetzke hält das für den falschen Weg: „Junge Politiker trauen sich schon nicht mehr, bestimmte Dinge beim Namen zu nennen. Die müssen wir schützen. Da kann man doch nicht von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft sprechen, sondern es geht um den Schutz unserer Demokratie.“

„Bei Frauen wird oft die Kompetenz oder das Aussehen abgewertet“

Auch die Bundestagsabgeordnete der Bremer Grünen, Kirsten Kappert-Gonther, erreichen häufig Beleidigungen und Bedrohungen. „Politikerinnen sind davon leider besonders betroffen“, sagt Kappert-Gonther.

„Bei Frauen wird oft die Kompetenz oder das Aussehen abgewertet. Hassreden sind unangenehm für die Betroffenen, aber auch gefährlich für die Gesellschaft als Ganzes.“ Strafrechtliche relevante Bedrohungen bringe sie zur Anzeige. Die Kommentare lässt sie durch einen Mitarbeiter sichten. „Die schaue ich mir nicht alle an, um mich zu schützen“, sagt sie. (vdb)

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