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TMehr Angriffe, mehr Risse: Eine Wölfin fällt besonders auf

Im Jahr 2024 ist die Zahl der Wolfsrisse im Kreisgebiet wieder gestiegen.

Im Jahr 2024 ist die Zahl der Wolfsrisse im Kreisgebiet wieder gestiegen. Foto: dpa

Mehr Angriffe von Wölfen auf Nutztiere im Cuxland: Das ist die Bilanz des Wolfsmonitorings 2024. Auffällig: Viele Angriffe gehen auf das Konto einer einzigen Wölfin.

Von Jan Iven Freitag, 10.01.2025, 12:28 Uhr

Cuxland. Sie hat keinen Namen, aber ihre genetische Kennung lautet GW2841f. Das F steht für female, zu Deutsch: weiblich. Die Wölfin aus dem Territorium Otterndorf ist allein für 10 von insgesamt 24 Nutztierrissen verantwortlich, die 2024 im Cuxland über das Wolfsmonitoring des Landes Niedersachsen registriert wurden. Die Wölfe bekommen dabei eine genetische Kennung, so dass die Risse eindeutig bestimmten Exemplaren zugeordnet werden können.

Damit kommt sie auf doppelt so viele Angriffe wie die zweitbeste Jägerin unter den Wölfen in der Region. Den meisten Raubtieren können nur ein oder zwei Risse nachgewiesen werden.

Wie viele Nutztiere wurden 2024 gerissen?

Gemeinsam mit dem Rüden W3480m bildet sie seit 2024 ein Wolfspaar in Otterndorf. 2023 lebte sie dort noch allein. Ihr Jagdrevier erstreckt sich zwischen Kehdingbruch, Hymendorf und Holte-Spangen. Nachwuchs wurde bisher noch nicht registriert.

2024 hat sie laut Wolfsmonitoring mindestens elf Schafe und fünf Rinder getötet. Im Jahr davor tötete sie fünf Schafe und zwei Rinder. Bis dahin war die Wölfin nicht auffällig.

Und das sind nur die Risse, die der Wölfin eindeutig zugeordnet werden konnten. Bei mehr als der Hälfte der Angriffe ist das nicht möglich, weil die Spuren zu schlecht sind oder gar nicht erst gesammelt werden. Ihrem Männchen konnte nur eine einzige Beteiligung an den Angriffen nachgewiesen werden.

Laut dem Wolfsmonitoring ist die Zahl der Wolfsangriffe im Landkreis Cuxhaven im vergangenen Jahr wieder etwas angestiegen. Demnach wurden 2024 insgesamt 43 Attacken registriert im Vergleich zu 39 im Jahr 2023. Entsprechend ist 2024 auch die Zahl der bei den Angriffen getöteten Tiere auf 62 gestiegen. Im Vorjahr waren es 45 Tiere. Dabei können nur die Risse gezählt werden, die gemeldet werden.

Im September war mit zehn Rissen die Häufung am größten. Der Juli war der einzige Monat, in dem keine Risse gemeldet wurden. Im landesweiten Vergleich verzeichnete der Landkreis Cuxhaven im dritten Quartal die meisten Angriffe. Im Rest des Jahres lag das Emsland vorn.

So viele Angriffe durch Wölfe gab es

Im Detail haben die Wölfe 39 Schafe gerissen (Vorjahr 30), 21 Rinder (Vorjahr 13) und zwei Pferde (Vorjahr zwei). Auffällig ist, dass vor allem die Zahl der Rinder gestiegen ist. Das kann Zufall sein. Es könnte aber auch bedeuten, dass sich die Wölfe vermehrt an die größeren Rinder heranwagen oder erfolgreicher bei der Jagd sind.

Bei einem Angriff auf Rinder wird oft nur ein Tier getötet oder verletzt. Bei Schafen erlegen die Wölfe häufig mehrere Tiere und verletzen weitere. So wurden 2024 insgesamt 23 Schafe verletzt (Vorjahr 15) und drei Rinder (Vorjahr neun).

Wie zuverlässig sind die Herdenschutzzäune?

Auffällig ist ebenfalls, dass die Wölfe fast ausschließlich Tiere angegriffen haben, die nicht durch einen Herdenschutzzaun gesichert waren. Nur in einem einzigen Fall konnten Wölfe einen Anti-Wolf-Zaun überwinden und ein Schaf töten. Alle anderen gerissenen Tiere waren nicht entsprechend geschützt.

Dabei sind die Zäune in der Landwirtschaft für Rinder auch nicht vorgeschrieben - im Gegensatz zur Schafhaltung. Vor allem viele Hobbyschäfer mit kleinen Herden scheuen den Bau von Herdenschutzzäunen, obwohl die Kosten für das Material sogar vom Land übernommen werden.

Das Problem ist allerdings, dass gerade Hobbyschäfer ihre Tiere auf mehreren Weiden grasen lassen. So große Flächen lassen sich kaum sinnvoll einzäunen. Einzig auf den Deichen laufen Pilotprojekte mit kilometerlangen Herdenschutzzäunen, die die Schafherden ziemlich erfolgreich vor dem Wolf schützen.

Wo es Angriffe von Wölfen gab

Die Daten des Wolfsmonitorings lassen einige Rückschlüsse auf das Jagdverhalten der Raubtiere zu. An den getöteten Nutztieren werden sehr häufig nur genetische Spuren von einem einzigen Wolf festgestellt, was darauf hinweisen könnte - aber nicht muss -, dass die Raubtiere auch allein jagen. Doch es gibt Ausnahmen.

Die Spuren des männlichen Wolfs GW2840m wurden bereits mit denen von verschiedenen Weibchen entdeckt. So tötete er im August gemeinsam mit der Wölfin GW4288f bei Aschwarden ein Rind. Später verletzte er mit der Wölfin GW4370f bei Uthlede drei Rinder.

Möglicherweise wechselt der Wolf bei der Jagd also seinen Partner - oder ein Tier macht sich später an den Resten zu schaffen, die ein erfolgreicher Artgenosse hinterlassen hat, und vermischt so die Spuren.

Mehr Wolfsrudel in Niedersachsen

Die Zahl der Rudel ist in Niedersachsen 2024 um 6 auf 56 gestiegen. Im Cuxland und im Nachbarkreis Osterholz leben mehrere Wolfsrudel. Anders als 2023 konnte 2024 allerdings nur bei einem Rudel Nachwuchs nachgewiesen werden.

So wurden in Schiffdorf drei Welpen registriert. Weitere Paare und Rudel in Cuxhaven und Otterndorf könnten in diesem Jahr Nachwuchs bekommen. Beim Rudel in Garlstedt wurde eine unbestimmte Anzahl an Welpen festgestellt.

Ein Wolf wurde im September 2024 bei Misselwarden in der Gemeinde Wurster Nordseeküste auf der L129 von einem Auto überfahren. Das einjährige Tier mit der Kennung GW4298m stammte aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg und war offenbar auf Wanderschaft. Risse sind durch diesen Wolf nicht bekannt.

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