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Gastronomie

TMensings Gaststätte schließt: Das letzte Labskaus

Nach jeder Deichschau servierte Wolfgang Mensing Labskaus mit Spiegeleiern. Damit ist nun Schluss.

Nach jeder Deichschau servierte Wolfgang Mensing Labskaus mit Spiegeleiern. Damit ist nun Schluss. Foto: Iven

Der nächste Ort verliert seine Gaststätte: Ende des Jahres geht Wolfgang Mensing aus Rechtenfleth nach mehr als 40 Jahren in Rente. Oder findet sich doch noch ein Nachfolger?

Von Jan Iven Freitag, 01.11.2024, 14:00 Uhr

Rechtenfleth. Seit mehr als 30 Jahren endet die Deichschau des Deichverbandes im Frühjahr und im Herbst mittags in Mensings Gaststätte. In dem Lokal im Landkreis Cuxhaven wird der Zustand der Deiche in großer Runde ausgewertet. Traditionell gibt es für die Teilnehmer Labskaus, Spiegeleier und Rollmops zu essen – und einen obligatorischen Korn zum Verdauen. Doch in diesem Oktober fiel die Veranstaltung etwas wehmütig aus. Es war das letzte Labskaus in der Gaststätte für den Deichverband. Denn Wirt Wolfgang Mensing hört Ende des Jahres auf.

Wer möchte eine Gaststätte in Rechtenfleth kaufen?

Mit 67 Jahren geht der Wirt in den Ruhestand. „Mehr als 40 Jahre sind genug“, sagt Mensing. Und derzeit sieht es nicht so aus, als ob der Betrieb danach weitergehen würde. Denn ein Nachfolger für das Lokal ist bisher nicht in Sicht. „Es gab ein paar Interessenten“, so der Wirt. Doch etwas Konkretes hat sich bisher nicht ergeben.

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Dabei läuft der Laden gerade richtig gut. „Nach Corona haben wir wieder sehr viele Gäste bekommen und viele Veranstaltungen“, sagt Mensing. Menschen aus der Region, Familienfeiern, Radfahrer und Touristen – in der Gaststätte ist viel los.

Gastwirt Wolfgang Mensing beim Bierausschank.

Gastwirt Wolfgang Mensing beim Bierausschank. Foto: Iven

Im vergangenen Januar wurde die Gaststätte mit Saal, Gästezimmern und Inventar im Internet für 639.000 Euro zum Verkauf angeboten. „Das Gebäude ist Baujahr 1900, hat seinen ganz besonderen, eigenen Charme“, hieß es damals in der Anzeige, die allerdings nicht mehr aktuell ist. Schon Mensings Vater hatte vor ihm die Gasstätte geführt, damals noch parallel zum früheren landwirtschaftlichen Betrieb. Wo heute im Saal gefeiert wird, waren früher Kühe und Schafe untergebracht. Früher war Mensings Gaststätte auch unter dem Namen Weider Hof bekannt.

Gastwirt hofft weiter auf einen Nachfolger

Dem Gastwirt wäre es am liebsten, wenn ein Nachfolger das Gebäude kaufen würde. Denn mit Pächtern hat die Familie in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht. Vor Jahrzehnten hatte die Mutter die Gaststätte verpachtet. Doch es lief nicht gut und Anfang der 1980er Jahre übernahm Sohn Wolfgang das Lokal. Zuvor hatte er noch eine Ausbildung zum Industriekaufmann in Bremerhaven gemacht.

Mensings Gaststätte in Rechtenfleth.

Mensings Gaststätte in Rechtenfleth. Foto: Iven

Mensings eigene Kinder sind beruflich andere Wege gegangen. Sein Sohn ist Wissenschaftler, seine Tochter arbeitet im kaufmännischen Bereich. Einerseits ist er stolz auf die beiden, auf der andere Seite wäre er natürlich auch nicht traurig gewesen, wenn die Gaststätte in der Familie weitergeführt worden wäre.

Wolfgang Mensing ist in dem alten Gebäude aufgewachsen und fast sein ganzes Leben dort gewohnt, abgesehen von ein paar Jahren nach der Hochzeit mit seiner Frau. Schon als Jugendlicher hat er in dem elterlichen Betrieb ausgeholfen. Was braucht es, um eine Gaststätte zu führen? „Man muss kochen und sabbeln können“, sagt Mensing. „Und das nötige Eigenkapital haben.“

Wobei seine Frau für das Kochen zuständig ist. Und beim Sabbeln hat Mensing schon mal den einen oder anderen Spruch für seine Stammgäste parat. Doch die sind das gewohnt. Touristen gibt er Ausflugstipps.

Letzter Öffnungstag kurz vor Weihnachten

Von der Karte empfiehlt Mensing die Currywurst. Die ist tatsächlich riesig und vor allem ungewöhnlich dick. Die Pommes kommen mit einem Stövchen zum Warmhalten. Im Internet schreibt ein Gast: „Super leckeres Essen zu fairen Preisen. Dörfliches, altes Ambiente, aber gut. Eine echte Empfehlung. Die XXXL-Currywurst war nicht zu schaffen. Ein Mega-Teil.“

Am Freitag, 20. Dezember, wird Mensings Gaststätte zum letzten Mal geöffnet haben. „Ein bisschen traurig ist das schon“, sagt der Wirt. Auf der anderen Seite kann er mit seiner Frau dann zum ersten Mal seit Jahrzehnten in Ruhe Weihnachten feiern. In der Vergangenheit hat das Ehepaar Heiligabend immer das Essen für die Feiertage vorbereitet. „Wir haben schon wieder viele Anfragen gehabt, aber wir mussten absagen“, sagt Mensing. Am Nikolaustag hat dann der langjährige Sparclub der Gaststätte seine letzte Auszahlung.

So richtig viel hat sich Mensing für den Ruhestand noch nicht vorgenommen. Beim Reisen hat er zumindest kein Nachholbedürfnis, sagt er. Im Gegensatz zu vielen anderen Gastronomen habe er sich immer Zeit für ein bisschen Urlaub mit der Familie genommen. Vielleicht möchte er auch noch die Gästezimmer weiter vermieten. Auch die Hoffnung, doch noch einen Nachfolger zu finden, hat Mensing zumindest nicht ganz aufgegeben.

Gasthöfe sterben in der Region

Auch andere Gasthöfe im Cuxland schließen in diesem Jahr, darunter der Landgasthof Oerding in Kirchwistedt und der Milmer Treff in Midlum.

Der Deichverband will die Auswertung seiner Deichschau in Zukunft im Lunesiel abhalten. Das Essen muss dann geliefert werden. Zum letzten Labskaus in Rechtenfleth haben sich mehr Teilnehmer der Deichwanderung als sonst fahren lassen. Zum wehmütigen Abschied von Mensings Gaststätte sollte der eine traditionelle Korn nicht reichen.

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