TMensings Gaststätte macht zu: Was wird aus dem Sparclub?

Eifrige Mitglieder in Mensings Sparclub: Katja und Peter Aschen aus Rechtenfleth. Foto: Iven
Der Sparclub von Mensings Gaststätte ist schon älter als der Wirt. Doch am 20. Dezember macht das Lokal endgültig zu. Die Sparer sind nicht die Einzigen, die ihre Bleibe verlieren.
Hagen. Wer der Chef ist? „Da kommt der Chef“, sagt ein Gast und zeigt auf Wolfgang Mensing, der eine Schüssel Grünkohl in den großen Saal trägt. Mensing ist nicht nur seit 40 Jahren Wirt in der gleichnamigen Gaststätte in Rechtenfleth. Der 67-Jährige ist auch inoffizieller Vorsitzender des Sparclubs in dem Lokal.
Der Sparclub ist schon älter als Wolfgang Mensing
Wobei der Sparclub schon länger existiert und sogar älter als Wolfgang Mensing selbst ist. „Den hatte meine Mutter schon in den 1950er Jahren“, sagt der Wirt. Aber so genau weiß das heute auch keiner mehr.
Viel drängender ist ohnehin die Frage: Was wird aus dem Sparclub, wenn das Ehepaar Mensing kurz vor Weihnachten in den wohlverdienten Ruhestand geht? Die Rechtenflether Gaststätte hat am 20. Dezember zum allerletzten Mal geöffnet.
Wolfgang Mensing weiß es nicht. Der zweite inoffizielle Vorsitzende Günter Heine – in den Sparclubs herrscht immer das Vier-Augen-Prinzip – hat auch keine Antwort. In seinen Verantwortungsbereich fällt auch eher das Auszahlen der Ersparnisse. Er ist der Mann mit den Umschlägen voller Geld.

Die letzte Auszahlung bei Mensing: Für die Mitglieder des Sparclubs gab es Grünkohl im Saal der Gaststätte. Foto: Iven
Und so wurde die allerletzte Auszahlung des Sparclubs bei Mensings zuletzt mit einem Grünkohlessen zelebriert. Fast alle der mehr als 30 Mitglieder sind gekommen, um zum allerletzten Mal ihre Umschläge mit dem Geld in Empfang zu nehmen, das sie im Laufe des Jahres angespart haben.
Die Regeln bei Mensing waren relativ moderat. Einmal im Monat mussten die Mitglieder mindestens 10 Euro in den Sparschrank in der Gaststätte einzahlen. Ansonsten wurden 2 Euro Strafgebühr fällig. Tatsächlich soll es Sparclubs geben, in denen wöchentlich eingezahlt wird. Doch mit den Gaststätten stirbt auch die beliebte Tradition der Sparclubs.
„Wir gehen jeden Monat einmal mit zwei befreundeten Ehepaaren bei Mensing essen und zahlen dann ein“, sagt Katja Aschen aus Rechtenfleth. Die 58-jährige Fremdsprachensekretärin ist seit ein paar Jahren beim Sparclub dabei. Ihr Mann Peter (64) spart schon seit Jahrzehnten.

Der Mann mit den Umschlägen: Günther Heine (rechts) vom Sparclub bei Mensing zahlt zum letzten Mal die Ersparnisse an Klaus Aschen aus Foto: Iven
In diesem Jahr hat sie durchschnittlich etwa 20 Euro im Monat angespart. Einen Monat hat sie verpasst, als sie im Urlaub war, das kostet Strafe. Was sie mit dem angesparten Geld vorhat? „Das ist ganz unterschiedlich. Mal wird es gespendet, manchmal gibt es Weihnachtsgeschenke“, erzählt sie. Einen Plan hat sie für dieses Jahr noch nicht.
Dass Mensing nun zu macht, findet Katja Aschen bedauerlich. „Es geht ja nicht nur um den Sparclub. Die Gaststätte ist auch ein sozialer Mittelpunkt. Und unsere Laienspielgruppe hat nun gar keine Spielstätte mehr“, sagt sie.
Bei den Aufführungen bei Mensing war jedes Jahr Platz für rund 100 Zuschauer. „Wir können eventuell in Zukunft ins Allmers-Haus ausweichen“, sagt Katja Aschen. Doch dort kommen nicht einmal halb so viele Zuschauer unter.
Gastronomie
T Mensings Gaststätte schließt: Das letzte Labskaus
Was machen die Sparer eigentlich mit dem Geld?
Viele der Sparer leben in Rechtenfleth, manche auch in der Umgebung. „Wir haben schon seit Jahren unseren Wohnwagen hier auf dem Campingplatz und kommen gern her“, sagt Ralf Werner (59) aus Bremerhaven, der mit seiner Freundin Manuela Immisch Mitglied im Sparclub geworden ist.
„Hier in der Gaststätte haben wir Freunde gefunden“, erzählt er. In Zukunft werden die beiden wohl häufiger in das Lokal auf dem Campingplatz gehen. So wie viele andere Sparer kann auch er noch nicht so genau sagen, was er mit dem Geld vorhat. „Gute Frage“, sagt er nur. Vielleicht macht der eine oder andere aber auch nur ein Geheimnis um die geplanten Weihnachtsgeschenke. Muss ja nicht in der Zeitung stehen.
Auch Wolfgang Mensing spart natürlich immer fleißig mit. Was er mit dem Geld vorhat? „Was Schönes“, gibt er kurz zurück. Weihnachtsgeschenke werden damit nicht gekauft, sagt er schließlich.Trotzdem soll weiter für die Familie gespart werden.
Wie geht es mit den Sparern von Mensing weiter?
Katja Aschen und ihr Mann Peter wollen die Spar-Tradition aber auch nach der Schließung der Gaststätte weiter pflegen. „Wir treffen uns weiter einmal im Monat zum Essen mit unseren Freunden und sparen dann für uns“, sagt sie. Nur dann eben nicht mehr bei Mensing, sondern in anderen Lokalen in der Region oder vielleicht auch öfter mal zu Hause.
Und was geschieht nun mit dem alten Sparschrank aus dem Rechtenflether Lokal? Hängt er vielleicht bald bei Ehepaar Aschen zu Hause? Oder doch auf dem Campingplatz? Eher nicht. Ein anderer Sparclub soll bereits Interesse an dem guten Stück bekundet haben, sagt Mensing.
Mensings Rente hat doch noch etwas Gutes
Zumindest einen Vorteil sieht Katja Aschen darin, dass Wolfgang Mensing nun in den Ruhestand geht. „Jetzt können wir ihn endlich auch mal zum Geburtstag einladen. Bisher musste er dann ja immer arbeiten, weil wir meistens bei ihm gefeiert haben“, sagt sie und lacht. Es könnte also gut sein, dass das Ehepaar Mensing bald eine Menge Einladungen bekommt.