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Landwirtschaft

TMilchabsatz im Kreis Stade: Löst diese Alternative das Problem der Bauern?

Im Landkreis Stade gibt es rund 240 Milchbetriebe mit mehr als 40.000 Kühen, die jährlich rund 400 Millionen Kilo Milch liefern.

Im Landkreis Stade gibt es rund 240 Milchbetriebe mit mehr als 40.000 Kühen, die jährlich rund 400 Millionen Kilo Milch liefern. Foto: Marcus Brandt/dpa

Rund 40 Milchbauern aus den Landkreisen Stade und Cuxhaven informierten sich in Wischhafen über einen alternativen Weg der Milchvermarktung. Viele sind unzufrieden mit den Erlösen, die sie beim Verkauf über Genossenschaften erzielen.

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Von Katja Knappe
Dienstag, 16.04.2024, 15:50 Uhr

Wischhafen. Die meisten Milchbauern sind traditionell in einer Genossenschaft organisiert, die ihre Milch abholt und vermarktet. Doch seit mehreren Jahren sind viele Landwirte unzufrieden mit dem Deutschen Milchkontor (DMK), der größten deutschen genossenschaftlichen Molkerei mit Stammhaus in Zeven.

Der Ärger rührt unter anderem von den Auszahlungspreisen für Milch her, die teils niedriger waren als anderswo.

Kündigungswelle bei Bauern

In den vergangenen Jahren kündigten bundesweit etliche Bauern ihre Mitgliedschaft beim DMK. Laut dem Fachmagazin „agrarheute“ haben zum Jahreswechsel 2023/2024 rund zehn Prozent der Mitglieder gekündigt. Damit verliert das DMK eine Milchmenge von rund 700 Millionen Kilogramm.

Die Konsequenz: Das Deutsche Milchkontor kündigte kürzlich die mögliche Schließung eines Standortes und die Kürzung der Produktion an. Im Landkreis Stade sind die meisten Milchbauern traditionell beim DMK Mitglied.

Einige hätten vor wenigen Jahren zu einer schleswig-holsteinischen genossenschaftlichen Molkerei gewechselt, berichtet Jan Plath, Landvolk-Vorsitzender im Stader Kreisbauernverband.

Auch er war in Wischhafen: Jan Plath, Landvolkvorsitzender im Kreisbauernverband. „Jeder Betriebsleiter muss für sich selbst entscheiden.“

Auch er war in Wischhafen: Jan Plath, Landvolkvorsitzender im Kreisbauernverband. „Jeder Betriebsleiter muss für sich selbst entscheiden.“ Foto: Knappe

Neue Milchvermarktung - gemeinschaftlich, aber selbstständig

In Wischhafen wollten sich die Landwirte nun über die Milchvermarktung über sogenannte Milcherzeugergemeinschaften (Nord MEG) informieren. Dabei vermarkten Bauern gemeinschaftlich, aber selbstständig ihre Milch.

Sie stimmen mehrheitlich über einzelne Milchlieferkontrakte ab. Friedhelm Markert, Vorsitzender der Norddeutschen Milcherzeugergemeinschaft, hatte zu der Informationsveranstaltung im Gasthaus Sieb geladen. Es seien im Vorfeld sehr viele Anfragen aus der Region gekommen, sagte er.

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Viele Teilnehmer fragten nach Chancen und Risiken bei der Milchvermarktung über eine Erzeugergemeinschaft und nach den erzielten Milchpreisen. Da könne er keine pauschalen Zahlen nennen, sagte Markert.

Die Daten seien nicht vergleichbar - schon gar nicht mit bayerischen Zahlen. Milcherzeugergemeinschaften sind nämlich vor allem in Süddeutschland verbreitet. Die Bayern MEG liefert fast ein Drittel der bayerischen Milchproduktion.

Die Milchbauern in Bayern - häufig Kleinbetriebe - erzielen zwar höhere Milchpreise, haben aber auch höhere Erzeugerkosten und liefern häufig an spezialisierte Verarbeiter und das vielfach in Bio-Qualität.

So viel Milch liefern Kühe im Landkreis Stade

Landwirte in einer Milcherzeugergemeinschaft sollten grundsätzlich bereit sein, Eigeninitiative zu zeigen, erläuterte Markert. Es gehe darum, die Milch nicht nur zu produzieren und abzuliefern, sondern differenziert zu vermarkten.

Unter dem Dach der Nord MEG mit Sitz in Göttingen sind zehn regionale MEGs, die jährlich rund 260 Millionen Kilo Milch vermarkten. Zum Vergleich: Im Landkreis Stade gibt es rund 240 Milchbetriebe mit mehr als 40.000 Kühen, die jährlich rund 400 Millionen Kilo Milch liefern.

Hier liefert die Nord MEG Hilfestellung

Die Nord MEG kümmert sich um Kontraktvorbereitungen und Organisation, Logistik und Abrechnung. Ein Besucher äußerte die Sorge, ob es bei der MEG möglich sei, „dass man seine Produkte gar nicht los wird“. Markert sagte, es finde sich immer ein Vermarktungsweg. Sollte es in Deutschland nicht klappen, dann in Belgien, Frankreich oder Griechenland.

Friedhelm Markert warb in Wischhafen für die Milcherzeuger-Gemeinschaft und damit für die selbstständige Milchvermarktung durch die Landwirte. Er ist Vorsitzender der Nord-MEG.

Friedhelm Markert warb in Wischhafen für die Milcherzeuger-Gemeinschaft und damit für die selbstständige Milchvermarktung durch die Landwirte. Er ist Vorsitzender der Nord-MEG. Foto: Knappe

Bauer Breuer bereut Wechsel nicht

Unter den Besuchern war auch Landwirt Mario Breuer aus Heinbockel. Er übernahm 2010 den Familienbetrieb mit aktuell 140 Milchkühen, jährlich produziert er 1,4 Millionen Kilogramm Milch.

Breuer hat sich Anfang 2023 der Milchliefergemeinschaft Ostfriesland angeschlossen, eine der Nord-MEGs. Vorher sei er beim Deutschen Milchkontor gewesen. Da er mit den Erträgen unzufrieden gewesen sei, habe er sich für eine MEG entschieden.

Pionier im Landkreis Stade: Landwirt Mario Breuer aus Heinbockel vermarktet seine Milch seit Anfang 2023 über eine MEG und ist bisher sehr zufrieden.

Pionier im Landkreis Stade: Landwirt Mario Breuer aus Heinbockel vermarktet seine Milch seit Anfang 2023 über eine MEG und ist bisher sehr zufrieden. Foto: Knappe

Der Wechsel habe durchaus Überwindung gekostet. „Ein Landwirt macht nicht gerne etwas allein.“ Aber er habe die Gemeinschaft vor seinem Beitritt kennengelernt, es seien momentan 60 Bauern.

Den Wechsel habe er bislang nicht bereut. „Wir treffen uns ein, zwei Mal im Jahr zu einer Versammlung. Der Vorstand zeigt, wo es langgehen kann und wir entscheiden“, erläutert Breuer. Er habe jetzt kein Geschäftsguthaben mehr wie zuvor bei der Genossenschaft und könne kurzfristig reagieren. „Ich bin sehr zufrieden mit der Wertschöpfung“, sagt Breuer.

Im Landkreis Stade gibt es rund 240 Milchbetriebe mit mehr als 40.000 Kühen, die jährlich rund 400 Millionen Kilo Milch liefern.

Im Landkreis Stade gibt es rund 240 Milchbetriebe mit mehr als 40.000 Kühen, die jährlich rund 400 Millionen Kilo Milch liefern. Foto: Marcus Brandt/dpa

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