Zähl Pixel
Prozess

TMit Absicht? Lkw rammt auf der B495 eine Autofahrerin

Eine Frau, die 2019 mit Absicht einen Verkehrsunfall herbeigeführt haben soll, musste sich vergangene Woche vor dem Amtsgericht Otterndorf verantworten.

Eine Frau, die 2019 mit Absicht einen Verkehrsunfall herbeigeführt haben soll, musste sich vergangene Woche vor dem Amtsgericht Otterndorf verantworten. Foto: Young/dpa

Eine 32-Jährige soll in Hemmoor vorsätzlich einen Verkehrsunfall verursacht haben, bei dem ihr Auto von einem Lkw gerammt wurde. Jetzt stand die Frau in Otterndorf vor Gericht.

Von Lennart Keck Freitag, 24.05.2024, 06:50 Uhr

Otterndorf. Der Unfall ereignete sich bereits vor einigen Jahren am 18. Dezember 2019. Da die Angeklagte jedoch für die Justiz nicht auffindbar war, wurde der Gerichtstermin verschoben und konnte erst in der vergangenen Woche stattfinden.

Am Tag des Unfalls sei sie mit ihrem VW Polo von der B 495 in die Straße „Zum Kindergarten“ eingebogen, habe dort aber sofort gewendet und sei unter Missachtung des bevorrechtigten Querverkehrs wieder auf die Bundesstraße zurückgefahren. Dort habe sie ihr Fahrzeug auf der Fahrbahn in Richtung Lamstedt bis zum Stillstand abgebremst. Ein herannahender Lkw konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und prallte in die linke Seite des Pkw.

Dem Zeugen sei der VW Polo schon vorher aufgefallen

Vor Gericht hatte der Lkw-Fahrer als Zeuge ausgesagt, dass ihm das Auto der 32-Jährigen schon vorher aufgefallen war. „Es wirkte aus meiner Sicht etwas orientierungslos“, so der 47-Jährige. Auf Höhe der Spedition Oste sei es ihm erneut aufgefallen, als es wieder auf die B 495 auffahren wollte.

„Es fuhr ziemlich langsam. Dann hat das Fahrzeug relativ stark beschleunigt“, erinnert er sich. „Ich habe den Fuß vom Gas genommen. Dann fuhr das Fahrzeug auf die B 495 auf und machte eine Vollbremsung direkt auf meiner Spur. Mir blieb nichts anderes übrig, als den Anker zu werfen und eine Vollbremsung einzuleiten.“

Doch der Bremsweg reichte nicht mehr aus. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Lkw eine Geschwindigkeit von 40 bis 50 Stundenkilometer und war nach Angaben des Fahrers mit rund 15 Tonnen Ladung unterwegs.

Er selbst blieb unverletzt, stand aber unter Schock und ging an den Straßenrand, um zu verschnaufen. Eine Taxifahrerin aus dem Gegenverkehr hielt an und kümmerte sich um die Frau aus dem Auto. Auch sie sagte vor Gericht aus.

Die 33-Jährige erklärte, dass die Angeklagte zunächst nicht richtig ansprechbar gewesen sei. Sie habe ihr die Haare aus dem Gesicht gewischt. Das Fahrzeug sei voller Glasscherben gewesen. Später habe die Angeklagte über Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und immer wieder über Übelkeit geklagt. Zur Ursache habe sie, wie auch in der vergangenen Woche vor Gericht, keine Angaben gemacht.

War der Unfall Absicht oder nicht?

Ob der Unfall tatsächlich absichtlich herbeigeführt wurde oder ob es sich um eine Ordnungswidrigkeit im Sinne einer Missachtung der Vorfahrt handelte und die Frau die Situation vielleicht auch nur falsch eingeschätzt hatte, wollte der Lkw-Fahrer nicht bewerten: „Ich will nicht spekulieren, was da passiert ist. Warum dieses Fahrzeug vor mir eine Vollbremsung gemacht hat, ist mir unerklärlich. Ob es etwas mit meinem Gegenverkehr zu tun hatte, weiß ich nicht.“

Gegenverkehr bisher nicht berücksichtigt

Tatsächlich wurde der Gegenverkehr in der Akte bisher nicht berücksichtigt. So erklärte auch die Taxifahrerin, nachdem sie kurz nach dem Unfall ausgesagt hatte, dass der Unfall den Eindruck erweckte, absichtlich herbeigeführt worden zu sein, dass sie ihre eigene Sicht völlig außer Acht gelassen habe. „Ich weiß nicht, ob ich weitergefahren oder stehen geblieben wäre“, sagte sie schließlich vor Gericht. Im Nachhinein habe es wohl nur die Wahl zwischen „Pest und Cholera“ gegeben - entweder Lkw oder Taxi. „In dieser Situation wägt man nicht ab und überlegt nicht lange, sondern tritt instinktiv auf die Bremse“, betonte Richterin Sabine Deutschmann am Ende der Verhandlung.

Da in der Verhandlung nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte, ob die Frau den Unfall tatsächlich absichtlich herbeigeführt hatte und die Aktenlage durch die Zeugenaussagen nun erheblich von der Beweisaufnahme abwichen, sprach das Gericht die Angeklagte frei. Eine Ordnungswidrigkeit im Sinne der Missachtung der geltenden Vorfahrtsregeln war in der Zwischenzeit verjährt.

Weitere Themen

Weitere Artikel