TMulsum und das ewige Wasserproblem: Bagger musste wieder rollen

Der Kühlhornsbach entwässert fast das ganze Dorf. Doch die Regenmassen sprengen seine Kapazitäten - nicht zum ersten Mal. Foto: Ahrens
Seit Jahren klagen Mulsumer Anwohner über die schlechte Entwässerung in ihrem Ort. Die Hochwasserlage spült die Probleme nun an die Oberfläche: Schon wieder laufen Keller voll. Schon wieder muss ein Bagger anrücken. Was läuft hier schief?
Mulsum. Die Einsatzkräfte blicken am Mittwochmorgen von der Straße Im Dänsch hinab auf den Kühlhornsbach. Langsam aber sicher bahnt sich das Wasser den Weg zu den angrenzenden Häusern. Der Regen aus der Nacht zum Mittwoch hat das Gewässer überlaufen lassen.

Die Regenwasserkanäle münden in den Kühlhornsbach. Er gleicht am Mittwoch eher einem See. Foto: Ahrens
Samtgemeindebürgermeister Matthias Hartlef, die Einsatzkräfte und Jan Windhorst als Verbandsvorsteher vom Unterhaltungsverband Schwinge sind sich einig: Hier muss schnell etwas passieren. Ein Anwohner direkt am Bach klagt schon über einen vollgelaufenen Keller, weitere Häuser könnten folgen. Aus den Gullis drückt das Wasser hoch.
Einsatzkräfte wieder nachts im Einsatz
Am Dienstagabend waren an anderer Stelle im Ort schon mehrere Straßen überschwemmt, berichtet die Feuerwehr Mulsum. Gegen 22.21 Uhr seien die Einsatzkräfte alarmiert worden. Keller mussten ausgepumpt werden. Wasser habe die Straßen Zum hintern Holz und Willaher Moorweg überflutet. Damit das Wasser abfließen konnte, seien die neben den Straßen liegenden Gräben mit einem Radlader ausgehoben worden. Gegen 1.15 Uhr sei der Einsatz beendet gewesen. „Was unsere Ehrenamtlichen hier im Ort leisten, ist unglaublich“, sagt Mulsums Bürgermeisterin Sandra Lemmermann.
Am Kühlhornsbach ist am Mittwochmorgen wieder eine rasche Entscheidung gefragt. „Circa 90 Prozent des Ortes werden über den Bach entwässert“, so Hartlef. Die größten Regenkanäle des Dorfes münden weiter oben im Lauf. Die Verantwortlichen handeln: Wenige Minuten später steht ein Bagger bereit, um den Flusslauf zu verbreitern und freizuräumen. An einigen Stellen ist das Gewässer zweiter Ordnung über Jahre stark verengt, teils durch morsche Bäume oder Bauten der Anwohner.

Auch Bäume verengen den Lauf des Baches. Foto: Ahrens
Einige Hindernisse im Flusslauf müssen entfernt werden. Gemeinsam mit Hartlef und Gemeindemitarbeiter Nils Sasse schwingt sich Jan Windhorst kurzerhand ins Auto und klappert die Anwohner ab. Auf den Höfen wird schnell geholfen: Eine einfache, überflutete Holzbrücke wird verschoben, damit das Wasser besser fließen kann. Wenige Meter weiter wird sogar die Zustimmung gegeben, eine betonierte Brücke aufzureißen und ein weiteres Rohr zum besseren Durchlauf zu legen.

Um einen besseren Durchlauf zu gewährleisten, soll die Brücke aufgestemmt werden - und vor dem Verschließen ein zweites Wasserrohr bekommen. Foto: Ahrens
Probleme werden auf kurzem Dienstweg gelöst
Weil Gefahr im Verzug ist, gilt in Mulsum der kurze Dienstweg - wie schon am Tag vor Heiligabend. Da ordnete Hartlef an, eine Betonstraße an der alten Schmiedestraße aufzubaggern. „Das hat Entlastung gebracht“, befürworten die Einsatzkräfte das Vorgehen. Trotzdem klingelt am Mittwoch das Telefon: Eine Anwohnerin hat wieder Wasser im Keller. Durch die aufgeweichten Böden drücke das Wasser nun unterirdisch an die Häuser heran, heißt es.

An der alten Schmiedestraße hatte Matthias Hartlef vor Weihnachten den Asphalt aufbrechen lassen. Foto: Ahrens
Die Maßnahmen in Mulsum sind aktuell geprägt vom „kurzen Prozess“. Dabei ist das Entwässerungsproblem altbekannt. Seit Jahren steht es durch Anfragen in Sitzungen immer wieder auf der Tagesordnung. Besonders rund um den Kühlhornsbach ist es schwierig. Schon 2018 wurde ein Gleichstand von Regenwasserschacht und Bach ermittelt. „Das Wasser im Schacht kann somit nicht in den Kühlhornsbach fließen und dadurch wird der Regenwasserkanal der Gemeindestraße „Im Dänsch“ angestaut“, hieß es damals.
Entwässerungsproblem in Mulsum seit Jahren bekannt
Die Rohre seien sanierungsbedürftig. „Seit ich Bürgermeisterin bin, kriegt mich das Thema jeden Monat“, sagt Lemmermann. „Das ist ja bekannt, ich kämpfe schon seit über zehn Jahren dafür“, kommentiert ein Anwohner während des Einsatzes. Ein weiterer beschwert sich über die jahrelange Untätigkeit. Ein Generalentwässerungsplan mit einer Kostenschätzung von 400.000 Euro für Regenwasserkanäle wurde für Mulsum zuletzt im November 2022 vorgestellt. Maßnahmen wurden bisher noch nicht umgesetzt.

Nils Sasse, Matthias Hartlef und Jan Windhorst klappern den ganzen Bach ab, um mögliche Problemstellen auszumachen. Foto: Ahrens
Beim Kühlhornsbach greift noch ein anderer Umstand: Weil es sich um ein Gewässer zweiter Ordnung handelt, ist der Unterhaltungsverband zuständig. Der sei in seinem Handeln durch den Grundsatz der „schonenden Gewässerunterhaltung“ aber eingeschränkt, klagt Windhorst. Wäre keine Gefahrenlage gegeben, dürfte der Bach zwischen den Häusern lediglich mit Schaufeln per Hand ausgehoben werden. Selbst kranke Bäume für den Hochwasserschutz zu entnehmen, sei schwierig. Auch die Versickerungsgräben, die früher die Regel waren, vermisst er.
Matthias Hartlef und Sandra Lemmermann haben die Problematik akut auf ihrer Agenda, heißt es von beiden. Für den Kühlhornsbach sei sogar schon ein Auftrag zum Verbreitern vergeben worden, sagt Hartlef. Die Arbeit wurde durch die Notlage jetzt quasi vorgezogen. Auch ein neues Regenrückhaltebecken ist in Planung, Gespräche mit Grundstückseigentümern würden bereits laufen.