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Urteil verkündet

TNach Bluttat in Scheeßel: Gericht entlastet Polizei von jeder Mitschuld

Der Angeklagte Florian G. steht neben seiner Verteidigerin Daniela Post im Gerichtssaal vom Landgericht Verden. Der Soldat hat mit einer Waffe vier Menschen im Landkreis Rotenburg umgebracht.

Der Angeklagte Florian G. steht neben seiner Verteidigerin Daniela Post im Gerichtssaal vom Landgericht Verden. Der Soldat hat mit einer Waffe vier Menschen im Landkreis Rotenburg umgebracht. Foto: Schuldt

In der Mordnacht von Scheeßel sind innerhalb kurzer Zeit vier Menschen aus dem Leben gerissen worden. Die Tat von Florian G. hat aber viel mehr angerichtet.

Von Kathrin Harder-von Fintel Samstag, 01.03.2025, 10:53 Uhr

Scheeßel. Für die Polizei hat sich mit der Urteilsverkündung am Freitag ein Kreis zwischen der Arbeit der Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht geschlossen, erklärt Zevens Polizeichefin im Gespräch mit unserer Redaktion. „Diese Taten sind auch für uns als Polizei in ihrer Brutalität und Grausamkeit einzigartig und kein Alltag“, so Andrea Schürmann.

So erschütternd die Morde auch sind: Was mit dem Urteil in Verden verkündet wurde, sei ein Musterbeispiel für einen funktionierenden Rechtsstaat. Polizei und Staatsanwaltschaft hätten gut zusammengearbeitet, es sei alles dafür getan worden, um ein verantwortungsvolles Urteil zu finden.

Polizei stand unter Druck

Während der Ermittlungsarbeit stand die Polizei erheblich unter Druck. „Den müssen wir aushalten“, sagt Schürmann. Stimmen kritisierten die Beamten nach der erteilten Gefährderansprache im Hause des Angeklagten. Die Anzeige der Ex und der Besuch der Polizei sollen Florian G. endgültig dazu bewogen haben, die Menschen aus dem Umfeld seiner Ex auszulöschen.

Hätte die Polizei das erkennen müssen? „Zu dem Zeitpunkt war nicht ansatzweise abzusehen, dass das passiert“, erklärt Schürmann. Und auch der Vorsitzende Richter hat in seiner Urteilsverkündung die Beamten entlastet. „Für uns ist es wichtig zu hören gewesen, dass es zu dem Zeitpunkt keine Bedrohungslage gab und der Polizei kein Fehlverhalten vorzuwerfen ist“, erläutert die Kriminalhauptkommissarin.

Belastende Wochen und Monate für die Beamten

Dennoch seien die Taten in Westervesede und Brockel auch für Polizisten belastend. Eine große Anzahl an Opfern und Hinterbliebenen musste zudem betreut werden und auch die Beamten selbst benötigten Gesprächsangebote, um das Erlebte zu verarbeiten.

Um die Hinterbliebenen betreuen zu können, hat die Polizei schnell um Hilfe beim Weißen Ring und den Opferhilfebüros aus Stade und Verden gebeten, erklärt sie.

„Zeitgleich haben wir uns als Polizei bei dieser intensiven Ermittlungsarbeit und dem Druck von außen nicht vergessen und Hilfe aus Lüneburg angefordert.“ Von dort aus bekamen die Polizisten Unterstützung bei der Einsatznachbereitung. „Das Ganze hat noch nie in so einem Umfang und so einer Dauer stattgefunden“, macht Schürmann die Dimension dieser Unterstützung nach dem Blutbad von Scheeßel deutlich.

Dass die Beamten arbeitsfähig und gesund bleiben müssen, zeigte bereits sechs Wochen später das Verschwinden von Arian aus Elm. „Wir müssen immer wieder funktionieren und verantwortungsvoll mit der nächsten Herausforderung umgehen“, weiß die Polizeichefin. Und: „Wer ist wann belastet, auch das müssen wir als Vorgesetzte erkennen.“

Polizeichefin: Die Verantwortung für die Toten hat der Angeklagte zu tragen

Nach der Urteilsverkündung ist laut Schürmann klar: Die Verantwortung für die Toten hat der Angeklagte zu tragen, nicht die Polizei. Insbesondere die Beamten, die die Gefährderansprache durchgeführt haben, seien einem hohen psychischen Druck ausgesetzt gewesen. „Es ist heute komplett juristisch ausgeräumt worden, dass die Polizei begünstigend zu den Taten beigetragen hat. Das ist für uns enorm wichtig.“

Mit dem Urteil wurde ein Kapitel geschlossen und alle Fragen beantwortet. Und für Andrea Schürmann ebenso bedeutend: „Es ist kein Warum zurückgeblieben.“

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