TNach Karriere-Aus mit 25: Ex-Stader Barloschky mischt Bundesliga auf

Benka Barloschky hat zwei Söhne (3 und 6), denen er bald Kalle Blomquist vorlesen will. Foto: Justus Stegemann
Benka Barloschky ist Trainer des Basketball-Bundesligisten Hamburg Towers - einem besonderen Verein. Astrid Lindgren und ein Jura-Studium prägten den Coach.
Hamburg. Es ist Sommer 2012. Benka Barloschky spielt in der Regionalliga für den VfL Stade. In wenigen Monaten wird der gebürtige Bremer 25 Jahre alt. Und er weiß: Es wird seine letzte Saison sein. Der Spielmacher leidet an einem Beckenschiefstand. Die Hüfte ist über die Jahre verschlissen. Arthrose. Die Alternative wäre eine neue Hüfte.
Zum Abschied gelingen Barloschky und dem VfL der Aufstieg in die ProB. Der Jubel ist groß. „Ich bin in den Wochen danach aber in ein Loch gerutscht“, sagt er. Ein Karriereende in dem Alter sei „sehr schwierig“. Verständlich.
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Matthias Weber hat perfekte Idee
Barloschky steht schnell wieder auf. Er hat eine neue Aufgabe und wechselt vom Parkett an die Seitenlinie. Der neue Head Coach des VfL beerbt den bisherigen Trainer Matthias Weber, der heute erfolgreich 3x3-Chef beim DBB ist.
Weber weiß früh, dass er seinen Posten räumen will und hat Zeit, Barloschky als seinen Nachfolger aufzubauen. „Ohne ihn hätte ich mich gar nicht damit beschäftigt. Aber nach den Gesprächen mit ihm hatte ich Lust auf die Herausforderung“, sagt Barloschky.

Benka Barloschky ist mit 36 Jahren einer der jüngsten BBL-Trainer. Foto: Marcus Brandt/dpa
Hamburg wird aufmerksam
Der VfL kommt gut in die Saison, verliert dann aber viele Spiele und steigt wieder ab. „Es war brutal knapp, aber wir haben es von Anfang an realistisch gesehen“, erinnert sich Barloschky. Stade sei ein Standort, der sehr entspannt, mit sozialer Verantwortung und Weitsicht, agiere, findet er.
Nach einem Jahr in der Regionalliga spricht Marvin Willoughby Barloschky an. Willoughby ist Mitbegründer der Hamburg Towers und sucht einen Co-Trainer. Für den Stader Trainer ist es die Chance, den nächsten Schritt zu gehen. Barloschky hat in Stade eigentlich noch ein Jahr Vertrag.
„Ich bin dem VfL dankbar, dass sie mir die Starthilfe gegeben haben“, sagt er. Seit 2023 ist der heute 36-Jährige in Hamburg Cheftrainer - einer der jüngsten der Liga. Im nächsten Jahr feiert er sein 10-jähriges Jubiläum bei den Towers, die ein Mittelfeldteam der easyCredit Basketball Bundesliga und Stammgast im EuroCup sind. Zuletzt fehlten gegen Meister und Pokalsieger Bayern München nur 1,4 Sekunden zur Überraschung.

Benka Barloschky stieg mit dem VfL Stade in die ProB auf. Foto: Borchers (Archiv)
Trainer legt Wert auf Kultur
Der Kontakt nach Stade riss nie ab - ob zu Matthias Weber, Dusko Jurajic oder Hans Melzer. „Wir waren damals eine unglaublich enge Gruppe und sind Freunde fürs Leben geworden“, sagt Barloschky.
Rudi Steinkamp, ehemaliger Trainer und Manager beim VfL, schreibt Benka Barloschky immer wieder Nachrichten. Gratuliert, baut auf und gibt Tipps. „Er nimmt mit, was er gebrauchen kann und gibt auch ehrliches Feedback“, so der 86-Jährige.
Den ständigen Austausch und die ehrliche Kommunikation auf Augenhöhe weiß Steinkamp schon seit den gemeinsamen Stader-Zeiten zu schätzen. Es ist eine Eigenschaft, die den Trainer Barloschky bis heute auszeichnet.
„Es ist beeindruckend, wie er mit den Spielern umgeht“, so Steinkamp. Barloschky sei kein Trainer, der vor Profis steht und etwas erzählt. „Er ist jemand, dem man zuhört“, so der 86-Jährige.
Barloschky hat ein Gespür für Menschen, für Stimmungen in der Gruppe und im Einzelnen. Er möchte die Spieler kennenlernen. „Das sind keine Roboter“, erklärt der Coach, warum es wichtig sei, Beziehungen zu jedem Spieler aufzubauen. Nur wer den Menschen unter dem Trikot kennt und schätzt, kann ihn individuell zu Höchstleistungen motivieren. „Niemand ist gleich.“
Astrid Lindgren als Namensgeberin
Sich als Teil eines Teams zu sehen, das hat Benka Barloschky in die Wiege gelegt bekommen. Seine Eltern benannten ihn und seinen Bruder Jonte nach Charakteren aus Astrid Lindgrens Roman „Kalle Blomquist - Meisterdetektiv“. Die Kinder sind am erfolgreichsten, wenn sie mit- und nicht gegeneinander an ihren Zielen arbeiten.
Das Gegenteil erlebt er im Jurastudium, in dem Kommilitonen Bücher verstecken und Seiten herausreißen, um Mitstreiter zu schwächen. Den Studiengang findet Barloschky interessant, aber „er war eine Bestätigung, wie ich nicht arbeiten möchte“.
Seine Philosophie und anderen eine hohe Wertschätzung zu schenken, dürften ein Grund sein, warum Barloschky perfekt zu den Hamburgern passt. Die Hamburg Towers sind aus einem sozialen Projekt entstanden.
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Kindern und Jugendlichen sollten im sozial schwierigen Stadtteil Wilhelmsburg spielerisch Teamfähigkeit, Fair Play und Toleranz vermittelt werden. Ein Instrument: Basketball. Daraus entstanden zunächst Jugendmannschaften.
„Man hat gemerkt, dass viel Talent in der Stadt ist“, erklärt Barloschky. Um ihnen eine Perspektive zu bieten, gründete Willoughby die Towers. Erhielt später für sein Engagement die Bundesverdienstmedaille.
Barloschky bis heute VfL-Fan
Der Mensch Benka Barloschky scheint auch Stader Basketball-Fans in Erinnerung geblieben zu sein. Als der VfL in der vergangenen Saison in den Play-Offs spielt, lädt Steinkamp Barloschky ein.
Trotz des straffen Zeitplans der Hamburg Towers kommt er vorbei. Die Fans bereiten Barloschky im neuen Sportcampus einen herzlichen Empfang. „Das hat mich sehr für ihn gefreut“, so Steinkamp.
Barloschky habe auch vom Griechen in der Hökerstraße geschwärmt, erinnert sich Steinkamp. Für ein gemeinsames Essen fehlte die Zeit. Vielleicht trifft man sich im Sommer zu einem feierlichen Dinner. Wenn Stade schafft, was Barloschky einst gelang - und der VfL in die ProB aufsteigt.