Zähl Pixel
Mit Bakterium infiziert

TNach Piercing-Studio-Besuch: Mehrere Menschen müssen ins Krankenhaus

Blickfang mit Risiken: Wenn das Helix-Piercing entzündet ist, sollten Betroffene schnell handeln, um Schlimmeres zu verhindern.

Blickfang mit Risiken: Wenn das Helix-Piercing entzündet ist, sollten Betroffene schnell handeln, um Schlimmeres zu verhindern. Foto: Vorontsov

Ganz ungefährlich ist das Durchbohren der Haut allerdings nicht, wie zwei Freundinnen aus Cuxhaven nach dem Piercing-Stechen erleben mussten. Sie landeten im Krankenhaus.

Von Christian Mangels Mittwoch, 06.08.2025, 11:50 Uhr

Die Punks taten es schon Mitte der 1970er-Jahre und wollten vor allem eins: schockieren. Sie ließen sich kleine Löcher durch Ohren, Lippen, Augenbrauen oder Wangen stechen. Darin befestigten sie Ringe, Ketten oder Sicherheitsnadeln. Piercing nannten sie ihre Mode, denn das englische Verb „to pierce“ bedeutet „durchstechen“ oder „durchbohren“.

Heute regt sich kaum noch jemand über Piercings auf. Im Gegenteil: Immer mehr Menschen tragen Körperschmuck. In Deutschland sind rund 5,3 Millionen Menschen gepierct. Mehr Frauen als Männer lassen sich Körperteile durchstechen. Nicht um zu schockieren, sondern weil sie es schön finden.

Doch der Körperschmuck birgt Risiken. Fast 30 Prozent haben nach dem Stechen eines Piercings Beschwerden. Manche sind so stark, dass die Gepiercten ärztliche Hilfe brauchen. So wie Gesa Schulz (26) und ihre Freundin Stefanie Christiansen (22) aus Cuxhaven (Namen von der Redaktion geändert). Sie haben sich vor zwei Wochen in einem Tattoo- und Piercing-Studio im Kreis Cuxhaven ein sogenanntes Helix-Piercing stechen lassen. Es wird an der Helix, der wulstartigen Umrandung der Ohrmuschel, platziert.

Probleme begannen schon am Tag nach dem Stechen

Die Probleme begannen bei Stefanie schon am Tag nach dem Stechen, bei Gesa ein paar Tage später: Die Stellen am Ohr wurden dick, entzündeten sich und begannen zu eitern. Als die Schmerzen immer schlimmer wurden, gingen sie auf Empfehlung eines Cuxhavener Hals-Nasen-Ohren-Arztes ins Klinikum Reinkenheide in Bremerhaven. Dort werden beiden Frauen seitdem behandelt.

Und sie sind nicht allein: Zwei weitere Kunden des Tattoo- und Piercing-Studios, die ebenfalls ein Helix-Piercing erhalten haben, werden nach Angaben der Freundinnen aktuell in Reinkenheide versorgt. Sie alle wurden mit dem Bakterium Pseudomonas aeruginosa infiziert.

Es handelt sich um ein durchaus gefährliches und widerstandsfähiges Bakterium, das gegen viele Antibiotika resistent ist. „Im Extremfall kann es sogar tödlich enden“, sagt Gesa Schulz, die noch immer unter Schmerzen leidet. Langzeitschäden seien nicht auszuschließen. „Derzeit wird getestet, welche Antibiotika überhaupt anschlagen“, so die 26-Jährige.

Bei Instagram melden sich noch mehr Betroffene

Das Klinikum Reinkenheide wollte sich „aus Gründen der ärztlichen Schweigepflicht“ zu den Piercing-Behandlungsfällen und den Patientenzahlen nicht äußern.

Um andere Leidensgenossen zu finden und zu warnen, haben Gesa und Stefanie einen Aufruf in einem Cuxhavener Instagram-Kanal veröffentlicht. Die Resonanz war enorm: „Es haben sich zwölf Leute gemeldet, die sich alle in den vergangenen Wochen ein Helix oder ein ähnliches Piercing haben stechen lassen“, berichtet Stefanie. Ihre Freundin Gesa mahnt: „Es ist ganz wichtig, dass sie den Ernst der Lage begreifen und sich behandeln lassen.“

Wie es zu der Infektion mit dem Bakterium Pseudomonas aeruginosa kommen konnte, ist noch unklar. Mangelnde Hygiene könnte ein Grund sein. Eine Stellungnahme des Tattoo- und Piercing-Studios war am Dienstag nicht zu erhalten. Das Gesundheitsamt wurde eingeschaltet. Ob auch juristische Schritte gegen das Tattoo- und Piercing-Studio eingeleitet werden, ist noch offen.

Mindestens vier Personen haben sich nach dem Besuch eines Piercing-Studios im Landkreis Cuxhaven mit einem gefährlichen Bakterium infiziert und werden jetzt im Klinikum Reinkenheide in Bremerhaven behandelt.

Mindestens vier Personen haben sich nach dem Besuch eines Piercing-Studios im Landkreis Cuxhaven mit einem gefährlichen Bakterium infiziert und werden jetzt im Klinikum Reinkenheide in Bremerhaven behandelt. Foto: Hartmann

Weitere Artikel