TNach Schockdiagnose: Hoffnungsschimmer für schwer krankes Mädchen

Der vierjährige Piet ist für seine kleine Schwester Enie eine wichtige Stütze. Mit seiner liebevollen Art bringt er sie immer wieder zum Lächeln. Foto: Holsten
Viele Spenden sind bereits für die kleine Enie aus dem Kreis Rotenburg zusammengekommen. Ihre Eltern hoffen auf eine lebensverändernde Stammzellentherapie.
Landkreis Rotenburg. Als Enie zur Welt kommt, scheint die Welt für Sandra Fehling und Sebastian Kor aus Hellwege perfekt: gesundes Baby, glückliche Familie, großer Bruder Piet gerade zwei Jahre alt. Doch schon bald beginnt eine belastende Reise – eine Reise mit Hoffnung, Rückschlägen und der Suche nach einem Weg in ein besseres Leben für ihre Tochter.
Die inzwischen knapp zweijährige Enie leidet an einer Fehlbildung des Gehirns – vermutlich ausgelöst durch einen Gendefekt. Die Folge: eine schwere Form von Epilepsie mit teils bis zu 40 Krampfanfällen am Tag. Eine spezielle Stammzellentherapie in Thailand könnte Enie helfen, ihre Entwicklung zu fördern und mehr Lebensqualität zu erreichen. Doch die Behandlung kostet 55.000 Euro – eine Summe, die die Familie nicht allein aufbringen kann. Deshalb hat Enies Tante, Christina Kempe, auf GoFundMe eine Spendenaktion gestartet, die bislang 50.675 Euro an Spenden eingebracht hat (Stand: 7. Juli, 16 Uhr).
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Schockdiagnose Epilepsie stellt Leben auf den Kopf
Nach einer unauffälligen Schwangerschaft wird Enie am 22. August 2023 im Rotenburger Krankenhaus geboren. Dass sie den Greifreflex nicht zeigt, fällt auf, bereitet aber zunächst keine Sorge. Erst in den Wochen danach wird den Eltern klar, dass etwas nicht stimmt. Enie kann nicht fokussieren, verkrampft sich häufig – zunächst halten sie es für Dreimonatskoliken. Doch bei der U4 im November folgt der Schock: Die Untersuchung wird abgebrochen, Mutter und Tochter werden direkt in die Neurologie des Krankenhauses geschickt.
Spezialisten in Bethel sollen Klarheit bringen
Eine MRT-Untersuchung ergibt, dass Enies Gehirn eine Fehlbildung aufweist. Sie verursacht eine fokale Epilepsie, die ihre Entwicklung massiv beeinträchtigt. Medikamente helfen zunächst nicht, andere werden ausprobiert – immer in langwierigen Umstellungsprozessen, oft mit starken Nebenwirkungen. Eine Kortisontherapie bringt vorübergehend Linderung, verliert aber mit der Zeit ihre Wirkung. Eine Hoffnung bleibt: die Spezialisten der Universitätsklinik für Epileptologie in Bethel.

Enie ist beim Fototermin mit ihren Eltern Sebastian Kor und Sandra Fehling und ihrem Bruder Piet einfach eingeschlafen. Foto: Holsten
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Nach mehr als einem halben Jahr Wartezeit wird Enie dort vorstellig – betreut von Dr. Tilman Polster, einem renommierten Experten. „Dr. Polster glaubt nicht, dass Enie jemals laufen lernen wird“, wiederholt der 38-jährige Familienvater die ernüchternde Prognose des Arztes, den er dennoch sehr schätzt: „Ein Top-Chefarzt.“ Auch Medikamente zeigen keine Wirkung – es handelt sich um eine pharmakoresistente Epilepsie.
Auch bei Dr. Svetlana Kappl vom Rotenburger Agaplesion Diakonieklinikum fühlen sich die Eltern gut aufgehoben: „Sie ist immer erreichbar – sogar in Bethel hat sie uns gebeten, ihr täglich von den Fortschritten zu berichten“, sagt Sandra Fehling.
Hoffnung auf Heilung in Bangkok
In ihrer Verzweiflung recherchieren die Eltern und stoßen auf eine Stammzellentherapie in Bangkok. Patienten aus Deutschland und der Schweiz berichten von Erfolgen. Acht Injektionen mit Stammzellen aus Nabelschnurblut sind geplant, ergänzt durch intensive Therapieeinheiten wie Akupunktur, Ergo- und Physiotherapie sowie Wasseranwendungen. Besonders überzeugt die Eltern das ganzheitliche Konzept der Klinik. Enie ist derzeit kortikal blind – das heißt, ihre Augen funktionieren, doch das Gehirn verarbeitet keine Bilder. Die Hoffnung: stabilere Kopfhaltung, bessere Atmung, ein Fortschritt in der Entwicklung. Auch minimale Verbesserungen wären für den Alltag von großer Bedeutung.
Der Bruder ist eine große Stütze
Eine große Stütze ist Bruder Piet, inzwischen vier Jahre alt. Mit seiner liebevollen Art bringt er Enie immer wieder zum Lachen. „Manchmal flüstert er ihr etwas ins Ohr, und sie lacht, als ob sie ihn versteht“, sagt Sandra Fehling. Zum Geburtstag wünschte er sich nichts für sich – sondern nur etwas für seine Schwester. Auch im Alltag zeigt sich, wie sehr die Familie zusammenhält. Die integrative Gruppe im Kindergarten Pusteblume in Sottrum ist eine große Hilfe. So kann Sandra Fehling wieder bei Mercedes als technische Planerin arbeiten. Das tut ihr gut: „Es hilft, auch mal an etwas anderes zu denken.“
Spendenbereitschaft übertrifft Erwartungen
Dennoch ist der Alltag eine Herausforderung: Sebastian Kor bringt morgens die Kinder weg, die Großeltern helfen regelmäßig. Auch Bianca Windler geht mit Enie spazieren. Doch der Spagat zwischen Enies Betreuung, Piets Bedürfnissen und der Partnerschaft ist groß. „Wir dürfen uns als Paar nicht verlieren“, sagen beide. Für all das braucht es neben Liebe auch Kraft und Mut.
Die Resonanz auf die Spendenaktion ist überwältigend. „Vor allem der erste Tag war eine emotionale Achterbahnfahrt“, sagt Sandra Fehling. „Wir sind zutiefst bewegt, wie viele Menschen an unsere Tochter glauben – viele davon kennen wir gar nicht. Vielen, vielen Dank!“
Weitere Info und die Spendenaktion unter: short-link.me/HelftEnie. (ah/axt)