TNach Streit um Frühtanz: Geht Party auch parallel in Steinau und Lüdingworth?
Nach dem Schauer am Vormittag bietet der blaue Himmel beste Voraussetzungen für die Partymacher in Steinau. DJ MC Krüger motiviert die Gäste, während DJ Innocent auflegt. Foto: Dührkop
Frühtanz in Steinau ist Kult. Seit 50 Jahren gibt es die Party, die tausende Gäste anzieht. Aber in diesem Jahr gab es Streit zwischen den Veranstaltern - und deshalb jetzt einen Konkurrenz-Frühtanz. Vertragen sich zwei Partys parallel?
Steinau ist Kult. So viel steht fest. „Es gibt nichts Vergleichbares in der Region“, sagt Marie Müller, die mit ihren Freunden aus Hagen und Beverstedt am Pfingstsonntag nach Steinau im Landkreis Hadeln gepilgert ist. Der Frühtanz gehört für sie an Pfingsten einfach dazu. „Mein großer Bruder und mein Papa sind auch schon hierhergekommen“, erzählt sie von der Familientradition.
Jana Brünjes (von links), Erik Wiegratz, Marie Müller und Lotta Festerling kennen sich schon seit Schulzeiten und schwärmen vom Frühtanz in Steinau. Foto: Dührkop
So wie ihr geht es wohl den meisten Partygästen, die seit 8 Uhr zum Feiern in das Dorf gekommen sind. Seit 50 Jahren stellt die Familie Dock, der eines der drei längst geschlossenen Gaststätten im Dorf gehört, die große Sause auf die Beine. Peter Dock hat den Frühtanz 1974 gegründet, Sohn Lars führt das Partygeschehen fort.
Konkurrenz-Party nach Streit zwischen den Veranstaltern in Steinau
Doch es war in diesem Jahr nicht alles wie immer: Die Fläche am Gasthof Wilkens ist umzäunt und abgesperrt, so wie die anderen Privatgrundstücke im Ort auch. Eike-Hinrich Bahrs, der mit seinem Betrieb Licht- und Ton (LiTo) Donnern für Stimmung von der DJ-Bühne sorgte, ist im Streit mit Lars Dock auseinandergegangen. Er hat sich mit Eric Janßen in Lüdingworth zusammengetan, nachdem sein Antrag für einen zweiten Frühtanz in Steinau vom Landkreis abgelehnt wurde.

Susanne (von links) Benjamin, Laura und Inga aus Bremerhaven sind gut drauf. Mit den bunten Hüten verlieren sie sich beim Frühtanz in Steinau auf keinen Fall aus den Augen. Foto: Dührkop
Beide haben ordentlich für ihre Frühtänze getrommelt. Aber nur weil LiTo Donnern mit Unmengen Konfetti, Seifenblasen und Wasserduschen für Jubel und Begeisterung sorgte, ist es für die Clique von Marie Müller kein Grund abtrünnig zu werden. Doch schade, finden sie es schon, dass die Fläche nun nicht bespielt werde. Stattdessen gibt es eine weitere Fläche hinter der Gastwirtschaft Dock, wo es Partymucke in Ballermann-Manier gibt. Am wichtigsten ist ihnen, hier ihre Leute zu treffen.
Eintrittspreis wird alles zu hoch in Steinau empfunden
Ein bisschen trauert Meike Fischer früheren Zeiten hinterher, als es noch spontan und vor allem ohne Eintritt möglich war, durch Steinau an Pfingsten zu flanieren. 22 Euro seien echt teuer, meint sie. 10 Euro hätten auch gereicht. Früher hätte nur der Eintritt im Saal was gekostet. Doch durch die Corona-Pandemie ist alles Open-Air und mit Ticket-Vorverkauf.

Die Freundinnen Meike Fischer, Yvonne Pohlmann und Tanja Murawaski kommen zusammen mit ihren Töchtern Lena, Marie und Fenja zum Frühtanz nach Steinau.
Trotz wechselhafter Wetterprognose bleibt es stabil. Nur am Vormittag ergießt sich ein 20-minütiger Schauer übers Cuxland. Wirklich abgeschreckt wird niemand. Tausende feiern friedlich zusammen. Wie viele genau gekommen sind, wollen die Veranstalter nicht verraten.
Ein Taxifahrer wartet mittags auf Kundschaft in der Hol- und Bringzone in Steinau. Er wundert sich, wie wenig los ist. Normalerweise kämen viel mehr. Er schätzt, dass wohl die Hälfte der Gäste fehlen. Von allein sechs Touren nach Lüdingworth weiß er. Was spricht für die Party dort? Die Neugierde auf etwas Neues, meint er.
Partyvolk aus Cuxhaven bleibt lieber in der Nähe und tanzt bei Janssens
Was wohl noch mehr Anreiz ist, ist die Nähe zum Wohnort. „Für uns Cuxhavener ist es einfach näher dran“, sagt Sandra Schröder, die mit Freundinnen und Arbeitskollegen zum ersten Frühtanz von Janssens Tanzpalast gefahren ist. Sie kennt Steinau gut, hat dort selbst vor Jahren hinterm Tresen gejobbt.

Sandra Schröder (2. von rechts) aus Cuxhaven ist mit Freundinnen und Arbeitskollegen nach Lüdingworth gekommen. Aus Altenwalde und Otterndorf haben sie es jetzt nicht mehr so weit zum Frühtanz. Foto: Dührkop
Spaß hat es immer gemacht. Angenehmes Publikum, friedliche Stimmung. Doch sie stößt sich auch an dem hohen Eintrittspreis. In Lüdingworth ist es günstiger.
Auf die Idee, die Wiese hinter der Diskothek zu nutzen, ist Gastronom Eric Janßen im vergangenen Jahr gekommen. Zur 725-Jahr-Feier von Lüdingworth hat er zum ersten Mal die von hohen Bäumen umsäumte Wiese genutzt. Pagoden-Zeltdächer schützen vor Regentropfen und Sonnenschein. Das Publikum nimmt es gern an und entspannt sich darunter.
Vereine integriert, sowohl am Erlös als auch mit der Blaulichtmeile
Eine Besonderheit ist die Blaulichtmeile, wo Janßen dem Ehrenamt eine Bühne bietet. Zu jeder vollen Stunde ertönt das Martinshorn und die Nebelmaschine läuft. Die Vereine aus dem Dorf haben einen besonderen Bonus und profitieren vom Ticketverkauf mit der Hälfte des Erlöses. Alle Dorfbewohner, die mitfeiern wollen, zahlen nur 10 Euro.
Dass die Party in Lüdingworth erst um 10 Uhr beginnt, ist übrigens kein Zugeständnis zum Ausschlafen gewesen. Janßen und Bahr haben sich mit der Kirchengemeinde arrangiert. Denn es spreche gegen das Kirchenrecht, an Pfingsten vor dem Gottesdienst schon mit dem Frühtanz zu beginnen. Die Kirche liegt auf der anderen Straßenseite von Janßens Betrieb. So haben sie die Lautsprecher-Boxen erst ab 11 Uhr aufgedreht, um den Dorffrieden nicht zu gefährden.