TNach tödlichem Unfall in Harsefeld: Welche Rechte haben Geschädigte?

Die Unfallstelle im Wiesenweg in Harsefeld. Freunde und Verwandte haben Blumen niedergelegt und Kerzen aufgestellt. Foto: Fehlbus
Ein tragischer Unfall in Harsefeld fordert zwei Todesopfer - darunter den Fahrer. Was bedeutet das für die Angehörigen der Geschädigten? Welche rechtlichen Schritte können sie einleiten? Können sie überhaupt Ansprüche geltend machen?
Harsefeld. Es ist eine Horrorvorstellung, wenn ein geliebter Mensch plötzlich bei einem Unfall ums Leben kommt. Anfang November ist genau das in Harsefeld passiert. Bei einem Verkehrsunfall starben zwei Menschen - darunter auch der 23-jährige Fahrer. Die junge Beifahrerin, seine 16-jährige Schwester, überlebte.
Nach Angaben der Polizei befanden sich Flaschen mit alkoholischen Getränken im Wagen. Ob der Fahrer alkoholisiert war, blieb unklar. Denn eine Blutprobe wurde nicht genommen. Gegen Tote werde nicht ermittelt, sagte der Pressesprecher der Stader Polizei. Doch ist das so? Und welche Möglichkeit haben Angehörige von Überlebenden?
Eine strafrechtliche Verurteilung ist nicht möglich
Thiemo Röhler, Fachanwalt für Strafrecht, bestätigt die Aussage der Polizei und erklärt: „Ermittlungen gegen Tote sind aus Rechtsgründen nicht möglich. Das heißt allerdings nicht, dass gar keine Ermittlungen vorgenommen werden dürfen.“ Auch wenn der Unfallverursacher verstorben ist, können weiterhin Ermittlungen erfolgen, insbesondere wenn Dritte, wie Mitfahrer oder Zeugen, betroffen sind oder wenn sich Hinweise auf eine strafbare Handlung ergeben.
„Die Staatsanwaltschaft muss den Unfallhergang ermitteln. Ist dieser klar, werden dann weitere Ermittlungen gegen den verstorbenen Unfallverursacher nicht fortgeführt“, so Fachanwalt Röhler. Eine strafrechtliche Verurteilung des Verstorbenen ist grundsätzlich nicht mehr möglich.
Sachverhalt beim Unfall in Harsefeld war eindeutig
Zwar sieht Paragraf 94 der Strafprozessordnung (Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen zu Beweiszwecken) vor, dass eine Blutentnahme beim Verstorbenen als Beweismittel möglich ist. Doch im Fall des Harsefelder Unfalls war der Sachverhalt klar und gab keinen Anlass, eine Blutprobe zu entnehmen.
Geschädigte können Schadensersatzansprüche geltend machen
Haben Geschädigte nach einem Unfall, wenn der Verursacher verstorben ist, also gar keine Rechte oder Möglichkeiten der Entschädigung? Doch. Die Rechtslage besagt, dass Geschädigte theoretisch eine Anzeige gegen den Verstorbenen erstatten können. Allerdings hat dies in der Regel keine strafrechtlichen Folgen, da ein Verfahren gegen eine verstorbene Person eben nicht mehr zu einer strafrechtlichen Verurteilung führen kann.
Was jedoch weiterhin möglich ist, sind zivilrechtliche Klagen auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld. „Zivilrechtlich wird die Schadensersatzpflicht vererbt. Die Erben des verstorbenen Unfallverursachers könnten von der Geschädigten oder den Hinterbliebenen auf Schadensersatz und Schmerzengeld in Anspruch genommen werden. Hierbei ist aber auch zu beachten, dass eine Haftung der Erben durch Ausschlagung des Erbes oder Nachlassinsolvenz verhindert werden kann“, weiß Thiemo Röhler.
Ob Alkohol im Spiel war, hat keine Relevanz
Nun könnte man denken, dass es bei den Schadensersatzansprüchen durchaus entscheidend ist, ob der Unfallverursacher alkoholisiert war oder nicht. Das ist aber verkehrt: „Das hat für Schmerzensgeldansprüche keine Relevanz - Alkohol spielt da keine Rolle. Es werden nur die Verletzungen des Geschädigten bewertet.“ Bei einem Rippenbruch etwa läge das Schmerzensgeld bei mehreren Tausend Euro.
Entscheidend für eine Geltendmachung von Schmerzensgeld ist, dass Verletzungen und deren Behandlung umfassend und lückenlos dokumentiert werden. Ob Geschädigte diesen Weg gehen wollen, müssen sie letztendlich selbst entscheiden.

Die Unfallstelle im Wiesenweg in Harsefeld. Freunde und Verwandte haben Blumen niedergelegt und Kerzen aufgestellt. Foto: Fehlbus