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Weltkinderkrebstag

TNähende Trostspender: Durch sie bekommt der Krebs ein Gesicht

Tatjana Augustin und Jessika Schley nähen vor, viele Helfer nähen den Krebs Jebo, designed in Bargstedt, fertig.

Tatjana Augustin und Jessika Schley nähen vor, viele Helfer nähen den Krebs Jebo, designed in Bargstedt, fertig. Foto: Fehlbus

Er ist handtellergroß, erstaunlich hart und trägt neben der aufgestickten Schleife für Krebs eine Narbe. Wer Jebo geschenkt bekommt, hat eine erschreckende Diagnose hinter sich.

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Von Miriam Fehlbus
Mittwoch, 12.02.2025, 15:05 Uhr

Bargstedt. Der Geburtsort des kleinen Kuscheltier-Krebses ist Bargstedt. 2023 hat die stellvertretende Vorsitzende des Vereins Suumpfperlen, Jessika Schley, hier auf der Geest das Grund-Design entworfen. Schon mehr als 1600-mal wurde der Jebo seitdem in Handarbeit hergestellt und in alle Welt verschickt. Der Name und der Verein kommen aus Mönchengladbach, verbunden mit einer besonderen Geschichte.

„Entweder du bist schwanger oder du bist todkrank“

Auf der Unterseite jedes Kuscheltiers steht der Name Jebo. Je-bo steht für die Erfinderin und Vereinsvorsitzende Jessica Böll aus Mönchengladbach und auch für einen besonderen Hund: Bobbi. Der Labrador hatte einst so aufdringlich geschnüffelt und sein Frauchen angestupst, dass Jessica Bölls Mann schließlich den rückblickend alles verändernden Satz sagte: „Entweder du bist schwanger oder du bist todkrank.“ Die damals 35 Jahre alte Mutter von zwei kleinen Kindern war nicht schwanger.

Jebo hat eine Narbe und kann als Kuscheltier trösten oder als Wurfgegenstand auch mal zum Wutablassen an die Wand geworfen werden.

Jebo hat eine Narbe und kann als Kuscheltier trösten oder als Wurfgegenstand auch mal zum Wutablassen an die Wand geworfen werden. Foto: Jessica Böll

Jessica Böll bekam 2022 die Diagnose Brustkrebs, es folgte Chemotherapie. „Wir hatten zuerst gedacht, dass wir den Kindern nichts davon sagen“, erzählt Jessica Böll am Telefon.

Am Tag würden die damals Zwei- und Vierjährigen dank Perücke nicht merken, dass ihre Mutter die Haare verloren hat. „Aber das Trauma wäre doch viel größer, wenn sie nachts weinend aufwachen und ich dann plötzlich mit Glatze vor ihnen stehe.“ Jessica Böll überlegte sich, wie sie ihnen erklären sollte, was Krebs ist.

Ein Krebs zum Kuscheln und zum Wutabbau

Der erste Jebo-Krebs, den sie daraufhin erfand und bei einer Firma in Auftrag gab, wurde sehr unterschiedlich genutzt. Das eine Kind feuerte das Kuscheltier irgendwo gegen, weil seine Mutter krank und nicht so gut drauf war. Das andere kuschelte zum Trost mit dem Krebs. Und so wird er heute noch multifunktional genäht.

Die Stickmaschine konnte sich der Verein dank der Glückspfennig-Aktion von Airbus anschaffen.

Die Stickmaschine konnte sich der Verein dank der Glückspfennig-Aktion von Airbus anschaffen. Foto: Fehlbus

„Er ist hart, weil man ihn so gut mal an die Wand werfen kann“, sagt Jessika Schley, während sie die Maschine sechs weitere Gesichter von Jebo sticken lässt. Die Maschine hat der Verein auch der Aktion Glückspfennig von Airbus zu verdanken.

Kostenlos für alle Betroffenen, die sich melden

In dem Nähzimmer in Bargstedt stehen Kisten voll mit Einzelteilen des kleinen Krebses. Sie müssen noch mit Füllwatte ausgepolstert und zusammengenäht werden.

Diese Jebo-Körper sollen am Sonnabend in Harsefeld im DRK-Heim mit Watte gefüllt werden. Ein paar Helfer sind noch willkommen.

Diese Jebo-Körper sollen am Sonnabend in Harsefeld im DRK-Heim mit Watte gefüllt werden. Ein paar Helfer sind noch willkommen. Foto: Fehlbus

Auch Mützen und Kissen werden in Handarbeit genäht. Alles kommt am Ende in eine Wegbegleitertasche, für die eine Mail an Suumpfperlen und unter Umständen die Übernahme des Portos reichen, um sie in den Händen zu halten. Praktische Dinge für die Chemotherapie gehören dazu.

Nähtreff in Harsefeld zum Kinderkrebstag

Der nächste Tag, an dem viele Ehrenamtliche mit helfenden Händen im Norden zusammenkommen, ist Sonnabend, 15. Februar. Es ist der Internationale Kinderkrebstag. Von 10 bis 14 Uhr treffen sich die Freiwilligen im DRK-Seniorenheim, Ulmenweg 2 in Harsefeld.

So viele Krebsarten gibt es, für die Jebo als Tröster und Wutvernichter zuständig ist. Jede Farbe steht für eine andere Krebsart. Leukämie ist grün.

So viele Krebsarten gibt es, für die Jebo als Tröster und Wutvernichter zuständig ist. Jede Farbe steht für eine andere Krebsart. Leukämie ist grün. Foto: Fehlbus

„Wir freuen uns über weitere Mitstreiter, ein paar Plätze sind diesmal noch frei“, sagt Tatjana Augustin aus Rübke. Auch sie kam wie Jessika Schley ohne eigene Krebsdiagnose und durch Zufall in den Verein. „Es macht Spaß, ein bisschen zu helfen“, sagt sie.

Palliativstation in Harburg wird regelmäßig beliefert

Die 37-Jährige bringt regelmäßig Handarbeiten aus dem Suumpfperlen-Repertoire ins Krankenhaus nach Harburg auf die Palliativstation. Und sie organsiert die Termine. Am 29. März wird im Mehrgenerationenhaus Courage in Neu Wulmstorf gearbeitet, am 26. April im Buxtehuder Begegnungscafé in der Bahnhofstraße 9, immer von 10 bis 14 Uhr.

Die Wegbegleitertasche ist unter anderem mit einer Umhängetasche für den Drainagebeutel, einer Kopfbedeckung und verschiedenen Portkissen für die Zeit der Chemo gefüllt.

Die Wegbegleitertasche ist unter anderem mit einer Umhängetasche für den Drainagebeutel, einer Kopfbedeckung und verschiedenen Portkissen für die Zeit der Chemo gefüllt.

Ein besonderer Termin wird das gemeinsame Nähen mit Betroffenen in der Rehaklinik Grömitz werden. „Es hilft, wieder ins Tun zu kommen, wenn wir in einer Depression feststecken“, sagt Jessika Schley.

Viele Farben für verschiedene Krebserkrankungen

Die kleinen Jebos haben verschiedene Farben. Sie richten sich nach den offiziellen Solidaritäts-Krebsschleifen. Für an Leukämie Erkrankte ist er grün, für Kinder goldgelb, der für an Brustkrebs Erkrankte Jebo ist pink.

Der Brustkrebs, für den es letztes Jahr eine Aktion mit den Suumpfperlen in Buxtehude gab, findet sich auch im Vereinsnamen wieder. Das doppelte uu symbolisiert die Brüste einer Frau. Sich aus dem Sumpf der Erkrankung wieder zu erheben, ist das Ziel aller Patienten.

Jebo: Perfekte Übersetzung für die Situation

Wie es einem mit der Diagnose Krebs geht, ist schwer in Worte zu fassen. Jebo gibt dem Krebs ein Gesicht und ist noch einmal Helfer, wenn es um die Formulierung geht. In vielen Sprachen, etwa auf Russisch, bedeutet das Wort „Scheiße“. „Der Name war wegen meiner Initialen reiner Zufall, aber es passt so gut“, sagt Jessica Böll.

Jebo ist handgemacht und wurde in Bargstedt von Jessika Schley designed.

Jebo ist handgemacht und wurde in Bargstedt von Jessika Schley designed. Foto: Fehlbus

Kontakt für interessierte Helfer: jessika.schley@suumpfperlen.de

Die Füßchen der Krabbe müssen alle einzeln angenäht werden. Hier sind sie auf dem Stickbogen noch nicht einzeln ausgeschnitten.

Die Füßchen der Krabbe müssen alle einzeln angenäht werden. Hier sind sie auf dem Stickbogen noch nicht einzeln ausgeschnitten. Foto: Fehlbus

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