TNazi-Vergangenheit: Gedenkstein ausgegraben und geschreddert

Der Gedenkstein für Franz Ernst Kurt Wulkau. Foto: Kreib
Er galt als verschollen und unbescholten, doch dabei hielt er sich nun versteckt. In Stuckenborstel gibt es Aufregung um das Gedenken an Franz Ernst Kurt Wulkau. Der Bauhof schreitet zur Tat.
Stuckenborstel. Der Gedenkstein für Franz Ernst Kurt Wulkau ist jetzt von Mitarbeitern des Sottrumer Bauhofs ausgegraben und anschließend geschreddert worden. Die Genehmigung dafür kam ungewohnt schnell: Am Abend zuvor hatte der Samtgemeinderat die Entfernung des Gedenksteins einstimmig beschlossen.
Die Ausführung am nächsten Morgen ging noch zügiger. Wulkau ist ein mutmaßlicher NS-Kriegsverbrecher, der unter falschem Namen gelebt hat. 67 Jahre lang erinnerte ein kleiner Findling an den vermeintlich Verschollenen.
Sottrums Bürgermeister Hans-Jürgen Krahn (CDU) begründet den Ratsbeschluss: „Die Erinnerung an das, was war, ist wichtig, um in Zukunft die richtigen Entscheidungen zu treffen.“ Die Sottrumer Politik spricht sich geschlossen aus, dass mit der Entfernung des Gedenksteins eine wichtige Entscheidung getroffen ist. Bereits im Vorfeld habe man mit allen Beteiligten Gespräche geführt, wie mit dem Gedenkstein umzugehen sei, erklärt Gemeindedirektor Holger Bahrenburg.
Nur wenige Minuten, dann war der Gedenkstein weg
Der Gedenkstein wiegt rund 150 Kilo, schätzen die Bauhofmitarbeiter. Es dauert nur wenige Minuten, dann ist der kleine Granitfindling mit Spaten und Muskelkraft aus dem Boden geholt und per Sackkarre zum Radlader geschafft worden. Dort, wo der Stein stand, bleibt bewusst eine Leerstelle.
Das Loch, das er hinterlassen hat, wird flugs zugebuddelt. Der Radlader fährt weg, rund um die Gedenkstätte in der Nähe der Stuckenborsteler Mühle kehrt wieder Ruhe ein. Die Sonne verschwindet wieder hinter dunklen Wolken.
Der letzte Weg dieses Steins, der an einen mutmaßlichen NS-Verbrecher erinnert hat, der nach dem Zweiten Weltkrieg in Achim unter dem falschen Namen Kurt Ernst Franz Kurylak lebte, ist kurz. Nur wenige Kilometer lang. Von der Stuckenborsteler Gedenkstätte geht es zu Koldehofe im Sottrumer Gewerbegebiet.
Ein Bagger lässt den Findling in den Trichter der Steinmühle gleiten. Es rumpelt, der Steinbrecher macht Lärm. Mit einem Krachen werden aus Granit innerhalb von wenigen Sekunden kleine Steinbrocken auf dem Förderband.
Erinnerung an Ernst Kurt Wulkau für immer beseitigt
Wulkau ist jetzt nur noch ein Thema für die historische Aufarbeitung. An den vermeintlich im Zweiten Weltkrieg Verschollenen gibt es in Stuckenborstel keine sichtbare Erinnerung mehr - außer der bewussten Leerstelle. „Es ist gut, dass die Lücke bleibt“, stimmt ihm Achim Figgen (CDU) zu. Er spricht von einer „schockierenden“ Erkenntnis.
Der Vorfall habe aber auch gezeigt, dass die Gräueltaten, die während des NS-Regimes stattfanden, nichts Abstraktes wären, sondern „aus der Mitte der Gesellschaft“ kamen. Er widerspricht der oft getätigten Aussage, dass „jetzt aber langsam mal Schluss sein“ muss mit dem Diskurs.
Wahrscheinlich an der Ermordung von Juden beteiligt
Auf den Stein aufmerksam gemacht wurde die Gemeinde durch die Autorin Claudia Koppert, die sich auch in der Cohn-Scheune engagiert. Sie recherchierte zu dem Stuckenborsteler Gefallenendenkmal und stieß dabei auf Ernst Kurt Wulkau. Sie fand heraus, dass Wulkau mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit selbst zur Waffe griff und an der Ermordung von Juden beteiligt war.