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TNeubau der Grundschule: Fredenbeck droht ein finanzielles Desaster

In den Gebäuden der zweigeteilten Grundschule Mulsum-Kutenholz wäre Ganztagsbetrieb nicht möglich.

In den Gebäuden der zweigeteilten Grundschule Mulsum-Kutenholz wäre Ganztagsbetrieb nicht möglich. Foto: Ahrens

Die neue Grundschule in Kutenholz mit Ganztagsbetrieb kommt, anders wird es nicht gehen. Dafür wird die Samtgemeinde Fredenbeck viel Geld investieren müssen. Wenn der Bund seinen Zuschuss nicht deutlich erhöht, konnte der finanzielle Kollaps kommen.

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Von Sophia Ahrens
Dienstag, 14.11.2023, 18:45 Uhr

Fredenbeck. Klägliche 1,84 Prozent bei 30 Millionen Euro Investition: Mit dieser mageren Aussicht auf Mittel vom Bund blickt die Samtgemeinde Fredenbeck derzeit düster auf ihre Finanzplanung der kommenden Jahre. Der Neubau der Grundschule in der Gemeinde Kutenholz ist mit Blick auf die Ganztagsschule dringend notwendig. Planungskosten wurden bereits bewilligt. Doch ohne die Zuschüsse vom Bund könnte das Projekt Fredenbeck in den finanziellen Ruin treiben.

Die Haushaltsberatungen in diesem Herbst starteten daher ungewöhnlich: Statt nur einen präsentierte Kämmerer Rüdiger von Riegen dem Fredenbecker Samtgemeinderat gleich zwei Haushaltsentwürfe. Teil A ist der Haushalt ohne einen Grundschulneubau, der vorerst eingebracht wird. In Teil B wird der mögliche Neubau samt der aktuellen Förderkulisse berücksichtigt - und die sieht momentan nicht vielversprechend aus.

Mitgliedsgemeinden droht sechsstelliges Defizit

Der Bund hat Eltern eine Ganztagesbetreuung ab 2026 versprochen. Die aktuell auf zwei Standorte aufgeteilte Grundschule Mulsum-Kutenholz könnte das in den jetzigen Räumlichkeiten wie berichtet aber nicht umsetzen. Fördert der Bund allerdings, wie aktuell angedeutet, lediglich 533.000 Euro bei einem Invest von 30 Millionen Euro, würde der Neubau nicht nur die Samtgemeinde, sondern auch die jetzt noch finanziell gut aufgestellten Mitgliedsgemeinden in den Ruin stürzen. „Die Gemeinden wären auf Jahre defizitär im sechstelligen Bereich“, stellt Kämmerer von Riegen fest. Bei dieser „aktuell wahrscheinlicheren“ Variante wird von einer Förderung von 41 Euro pro Einwohner durch den Bund ausgegangen. Eine weitere, aber „unrealistische“ Variante, wie es im Rat heißt, geht immerhin von 33 Prozent Förderung aus. Das seien immer noch deutlich weniger als die angekündigten 70 Prozent, so Gemeindedirektor Hartlef.

„Es droht ein finanzielles Desaster“, findet Hartlef deutliche Worte für beide Szenarien. Er zitiert den Vorsitzenden des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebunds (NSGB), Marco Trips: „Die Kommunen haben die schwächste Position in der staatlichen Nahrungskette“. Doch wenn die Kommunen am Ende des Nahrungskette von übergeordneten staatlichen Organen „aufgefressen“ würden, bringe das langfristig auch Probleme an der Spitze des Finanzstaates mit sich. Ein Förderversprechen von 70 Prozent, das in der Realität plötzlich nur noch bei 1,84 Prozent liege, fördere keinesfalls das schwindende Vertrauen der Bürger in den Staat. Trotzdem machte Hartlef deutlich: „Ich will diese Grundschule bauen. Bund und Land müssen sich jetzt bewegen.“ Die Planungen würden trotz unklarer Förderkulisse weitergehen, sagte er.

Massive Steuererhöhungen drohen

Die Auswirkungen eines Baus ohne entsprechende Förderhöhe wären für Fredenbeck dramatisch. „Die Samtgemeinde hat keine Steuereinnahmen, woran kann sie also drehen?“, wirft von Riegen in den Raum. Die Antwort: an der Samtgemeindeumlage. Die Umlage, mit der sich die Samtgemeinde Teile der Steuereinnahmen der Mitgliedsgemeinden sichert, müsste auf 81 Prozent steigen. Über zwei Millionen Euro mehr müssten die Gemeinden dann insgesamt jährlich zahlen. „Das könnte selbst mit massivsten Steuererhöhungen kaum ausgeglichen werden“, so Hartlef.

Der Schuldenstand würde sich für die Samtgemeinde schon im Jahr 2024 auf 52 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Ähnlich sähe es bei den Kreditzinsen aus. Für sie muss die Samtgemeinde auch ohne Neubau schon deutlich tiefer in die Kasse greifen. Statt eines genehmigungsfähigen Haushalts mit einem Plus von 27.000 Euro, prophezeit Kämmerer von Riegen, müsse er im Jahr 2027 womöglich ein Jahresergebnis präsentieren, das 1,3 Millionen Euro im Minus liegt.

Gemeinden bereiten sich auf Klageweg vor

Hartlef nannte die aktuelle Situation im Rat sogar „verfassungswidrig“. Schließlich hätten die obersten Bundesrichter den Kommunen per Grundgesetz eine Selbstverwaltungsgarantie zugesagt. Dafür müsste ihnen aber Geld gelassen werden, um das zu ermöglichen. Auch Fachbereichsleiter und Erster Gemeinderat Ralph Löblich tut seinen Unmut über die Situation kund: „Der Bundestag könnte genauso gut beschließen, dass alle Bürger ab sofort 100 Jahre alt werden. Dann wüsste ich trotzdem nicht, wie ich das umsetzen soll.“ Wenn es bei der Förderkulisse bleibe, würden Städte und Gemeinden den Klageweg antreten. „Ich persönlich wäre schon froh, wenn ein Drittel der Bund, ein Drittel das Land und ein Drittel die Kommunen übernähmen“, sagt Hartlef.

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