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Hitzige Debatte

TNeubauer und Böhmermann auf dem Hurricane: Das finden nicht alle gut

Die Lesung von Umweltaktivistin Luisa Neubauer polarisiert beim Hurricane-Festival.

Die Lesung von Umweltaktivistin Luisa Neubauer polarisiert beim Hurricane-Festival. Foto: Heyne

Die Auftritte von Luisa Neubauer und Jan Böhmermann beim Hurricane in Scheeßel zeigen, dass die Festivalbesucher für mehr als nur Musik offen sind. Doch das gilt längst nicht für alle auf dem Eichenring.

Von Ulla Heyne Montag, 23.06.2025, 12:10 Uhr

Scheeßel. Viel war im Vorfeld diskutiert worden über das Line-up beim diesjährigen Hurricane. Und das jenseits diejenigen Stimmen, die die Auswahl der Band für gelungen halten - oder eben weniger.

Die Diskussionen schon im Vorfeld, aber auch beim Festival selbst galten zwei eher außergewöhnlichen Programmpunkten, nämlich dem Auftritt von Jan Böhmermann und Luisa Neubauer mit einer Lesung. Politik auf dem Festival? „Nein, danke?“ oder „Ja, bitte“?

Wer sich am Samstagmorgen um 11 Uhr im Zelt der „White Stage“ eingefunden hatte, gehörte eindeutig zu letzterer Fraktion. Zunächst um die 1000, im Laufe der Lesung fast doppelt so viele Besucher hatten sich, zu einer fürs Festival recht frühen Stunde, versammelt, um die Umwelt-Aktivistin zu erleben, die 800 aufgestellten Stühle reichten bei weitem nicht aus.

In den ersten Reihen mischen sich T-Shirts mit „Hurricane“ oder Band-Aufdrucken mit solchen von Naturschutzbewegungen und Hanseatic Help.

„Neubauer ist rhetorisch gut und bringt die Dinge auf den Punkt“, sagt eine Zuschauerin

„Neubauer ist rhetorisch gut und bringt die Dinge auf den Punkt“, sagt eine Zuschauerin Foto: Heyne

„Ikone“ der Klimabewegung liest in Scheeßel

Die Auszüge, die die deutsche Ikone der Klimabewegung aus ihrem Buch liest: Nicht gerade leichte Kost für solche, die bis zum frühen Morgen gefeiert haben. Dafür sind die Slogans und Bilder, die der Medien-Profi den Zuschauern mitgibt, umso griffiger.

Und sie liefert auch gleich den Grund mit, warum sie bei einem Festival auftritt, ein „Umweltsünder“ per Excellence, noch dazu einem, das lange Jahre als eines der dreckigsten Deutschlands galt: „Es ist wichtig an Orte zu gehen, wo Klima bisher nicht oben auf der Liste stand und eine Sprache zu finden, die nicht langweilig ist und die Leute mitnimmt, deswegen: Das Hurricane ist der sinnvollste Ort!“

Ihr Öko-Ranking für klimagerechte Superhelden macht Spaß – diejenigen, die heute Morgen hier sind, muss Neubauer aber auch nicht überzeugen.

Zwei davon sind Nora und Robert aus dem Emsland. Der Politiklehrer findet es gut, dass es hier nicht nur um Musik geht, das hier sei genau die richtige Zielgruppe. „Es geht ja nicht um Parteipolitik oder Manipulation, sondern um Aufklärung.“

Politik auf dem Festival? Nicht nur beim Outfit eine Frage.

Politik auf dem Festival? Nicht nur beim Outfit eine Frage. Foto: Heyne

Dass hier eine bestimmte Richtung vertreten wird, stört beide nicht: „Die Bands vertreten ja auch diese politische Richtung, das Publikum ist auch eher links“, findet Nora. Genau dies ist für Anna Godan und Melina Hermes sogar ein Grund, genau dieses Festival zu besuchen. Sie begrüßen die Lesung, „Neubauer ist rhetorisch gut und bringt die Dinge auf den Punkt“, findet die Tuttlingerin Hermes.

Godan aus Düsseldorf hat sich auch über die Statements von Annenmaykantereit und Kate Nash am Vorabend gefreut, die sich für die LGBTQ-Bewegung starkgemacht hatten. „Das hat nichts mit Politik zu tun, da geht es um Menschenrechte“, erklären die beiden angehenden Juristinnen.

Einige sind genervt von den politischen Statements

Richtiggehend genervt von den politischen Aussagen einiger Künstler ist Ulf Harmsen. Der Scheeßeler findet, man hätte Neubauer und Böhmermann nicht einladen sollen: „Das hier ist ein Musikfestival, Politik hat da nichts zu suchen.“

Schon das von Olli Schulz am Vorabend mehrfach skandierte „Fuck AfD“ hat ihn massiv gestört: „Die Hälfte hat gejubelt“, der Rest sei genervt gewesen, so sein Eindruck.

Es sind nicht die einzigen politischen Statements an diesem Wochenende. Schon am Donnerstagabend hatten die Hansemädchen mit der „Schrei nach Liebe“-Karaoke der Ärzte ein Zeichen gegen den Rechtsruck gesetzt, „Rise Against“-Sänger Tim McIlrath umschrieb es blumiger: „Es ist ein seismischer Ruck durch die Gesellschaft gegangen – jetzt heißt es zusammenzustehen!“.

„The Analoges“ setzen sogar ein doppeltes Zeichen: Einmal in puncto Umweltschutz: Die vier Herren aus Amsterdam sind mit dem Fahrrad gekommen, was auch ihr Bühnenoutfit, nämlich Radlerhosen und -trikots, erklärt.

Auf dem Weg zum Konzert in Lwiw in der Ukraine sammeln sie Spendengelder für die Organisation „War Child“, die durch Kriege traumatisierten Kindern hilft. Laut Projektleiterin Susanne Weiß, die im „Impact Village“ im Rund der Wohltätigkeitsorganisationen den Stand der seit 2019 in Deutschland vertretenen, noch relativ jungen Organisation vertritt, sollen bis Donnerstagabend schon 67.000 Euro an Spenden durch die Radtour zusammengekommen sein.

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