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Windenergie

TNeue Pläne: Landkreis Stade will Windkraft-Wildwuchs verhindern

Bis 2027 will der Landkreis seine planerische Zielmarge von vier Prozent Flächenanteil für Windenergie-Gebiete erreicht haben.

Bis 2027 will der Landkreis seine planerische Zielmarge von vier Prozent Flächenanteil für Windenergie-Gebiete erreicht haben. Foto: Bilderbox

Windkraftanlagen sind für die Energiewende essenziell. Doch wo können sie errichtet werden - und wo nicht? Die Fragen beantwortete der Landkreis vor Vertretern der Landwirtschaft.

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Von Katja Knappe
Freitag, 13.12.2024, 14:30 Uhr

Stade. Im Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) legt der Landkreis Stade Vorrang- und Vorbehaltsflächen für alle Nutzungen fest. Alle zehn Jahre muss es neu aufgestellt werden. Der Landkreis beschloss 2023, das aktuell gültige RROP von 2013 neu aufzustellen. Vor allem die sich permanent ändernden Gesetze und neue Erlasse erschweren die Planung. Es gebe fast wöchentlich Neuerungen, sagt Landrat Kai Seefried: „Wir planen uns zu Tode“.

Simon Grotthoff, Leiter des Amts für Planung und Klimaschutz beim Landkreis, erläuterte vor rund 50 Landvolk-Funktionären des Stader Kreisbauernverbands die Eckpunkte des geplanten neuen Regionalen Raumordnungsprogramms.

Kreis plant mehr Flächen für Windenergie

Für den RROP-Teilabschnitt Windenergie war 2023 noch eine Änderung durchgewunken worden, um überhaupt Handlungsmöglichkeiten zu bieten. Dadurch gewannen die Wind-Gebiete einen Flächenanteil von 1,7 Prozent der Gesamtfläche des Landkreises. Niedersachsen fordert aber, dass der Kreis bis Ende 2027 insgesamt 2,84 Prozent der Fläche für Windenergie ausweisen muss, bis Ende 2032 sollen es 3,67 Prozent sein.

Der Landkreis habe sich entschieden, im nächsten RROP-Entwurf gleich das Endziel von 3,67 Prozent zu erreichen. Würde alles in zwei Schritten gemacht, wäre der Aufwand zu groß, so Grotthoff. Der Kreis werde sogar mit 4 Prozent bis 2027 planen – um einen Sicherheitszuschlag zu haben, falls einige Flächen im Laufe des langwierigen Verfahrens wegfielen.

Warum der Kreis unbedingt pünktlich abliefern will

Welche Folgen hätte es, wenn der Landkreis das bis 2027 nicht erreicht, wollte ein Landwirt wissen. In diesem Fall könnten Investoren in weiten Teilen des Landkreises – auch in Landschaftsschutzgebieten – Windenergieanlagen errichten. Auch Anlagen in kritischen Bereichen wären möglich, verdeutlichte Grotthoff. Das will der Landkreis vermeiden. In den aktuell geltenden Vorranggebieten sind Windkraftanlagen in Landschaftsschutzgebieten nicht erlaubt.

Es drohen geringe Abstände zu Siedlungen

Außerdem will der Kreis möglichst große Mindestabstände von Windkraftanlagen zu Siedlungen sicherstellen, um Konflikte mit Anwohnern zu vermeiden: Seine Behörde plane mit rund 220 Meter hohen Anlagen und rund 700 Metern Abstand zu Siedlungen, erläuterte Grotthoff. Würde der Landkreis die Wind-Zielmarge des Landes nicht bis 2027 erreichen, würde grundsätzlich nur die zweifache Höhe der Windkraftanlage als Mindestabstand gelten.

Insgesamt sind rund acht Prozent der Gesamtfläche des Landkreises, also etwas weniger als 10.000 Hektar, als Flächen für Windenergie geeignet. Grotthoff betont: „Wir müssen erreichen, dass Windparks riesengroß werden“ – um einen wilden Flickenteppich aus Windkraftanlagen zu vermeiden. Gemeinden können aber unter Umständen durch ihre eigene Bauleitplanung weitere Windkraftanlagen zulassen, sie können auch Festlegungen zur Größe treffen.

Das Repowern alter Bestands-Windkraft-Anlagen bleibt grundsätzlich möglich, sofern bei der Planung weiterhin die Siedlungsabstände stimmen und Artenschutzbelange eingehalten werden.

Lockerungen beim Artenschutz

Der Artenschutz spielt eine große Rolle bei Genehmigungen von Windkraftanlagen. Hier hat sich die Gesetzeslage geändert und gelockert. Nach den alten Regeln waren gefährdete Vogelarten gleich wertvoll und genossen den entsprechenden Schutz, egal ob Graugans oder Seeadler. Künftig werde hier differenziert, erläuterte Grotthoff.

Graugänse kein K.o.-Kriterium mehr für Windkraft

Künftig wird es bei der Vermeidung von Schlagopfern - also Vögeln, die durch Windkraftanlagen zu Tode kommen - um die Frage gehen, ob die Population gefährdet ist, wenn einzelne Exemplare sterben. Rotmilan und Seeadler beispielsweise sind weiter geschützt. Ein Gänsevorkommen würde Windkraftanlagen künftig nicht mehr ausschließen, sagt Grotthoff. Es wären aber weitere Ausgleichsmaßnahmen fällig.

Ausnahmeregeln für Freiflächen-Photovoltaik

Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen (FPV) sollen auch künftig in landwirtschaftlichen Vorbehaltsgebieten grundsätzlich nicht erlaubt sein. Der Kreis plant aber, die Vorbehaltsgebiete entlang bestehender Autobahnen und zweigleisiger Bahnstrecken etwas zu verkleinern, dort wären künftig Freiflächen-PV-Anlagen möglich.

Erlaubt sind zudem Agrar-PV-Anlagen, die so auf landwirtschaftlichen Nutzflächen errichtet werden, dass diese weiterhin bewirtschaftet werden können. Für solche Anlagen ist in der Regel ein Bebauungsplan der Kommune nötig. Auch hier gibt es Ausnahmen: Ein Bebauungsplan tut nicht not, wenn die Agrar-PV-Anlage klein genug ist und nahe beim Hof liegt.

Agrar-Photovoltaik auf Moor-Standorten

Außerdem sollen Photovoltaikanlagen auf Moor-Standorten erlaubt werden können, wenn die Flächen wiedervernässt werden. Hierbei handelt es sich um Grünlandflächen, die im Boden noch über einen Torfkörper verfügen.

Sonderregelungen gelten für Agrar-Photovoltaik-Anlagen (Symbolbild).

Sonderregelungen gelten für Agrar-Photovoltaik-Anlagen (Symbolbild). Foto: privat

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