TOederquart: Solarpark im Moor könnte wissenschaftlich begleitet werden

Innovar Solar möchte Freiflächenphotovoltaik als Forschungsprojekt realisieren. Foto: Daniel Bockwoldt/ZB/dpa Foto: Daniel Bockwoldt/ZB/dpa
Die Gemeinde Oederquart ist weiter interessant für Projektierer von alternativen Energien. Das Unternehmen Innovar möchte nun seinen Solarpark mit einem Forschungsprojekt verbinden.
Oederquart. Die Firma Innovar Solar aus Meppen plant eine Freiflächenphotovoltaikanlage mit einer Größe von etwa 26 Hektar auf einer Landwirtschaftsfläche östlich der Straße Zollbaum; östlich des Zollbaums zwischen Brucher Schleusenfleth und Neuenwegfleth. Ende 2022 hatte das Unternehmen das Projekt bereits einmal in einer Ratssitzung vorgestellt. Da es aber mit dem aktuell vorliegenden Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises Stade nicht vereinbar ist, war die Politik bisher nicht in die Beratung über einen Bebauungsplan eingestiegen. Nun gibt es einen zweiten Anlauf: Innovar Solar überlegt, den Solarpark in ein Forschungsprojekt einzubinden.
„Mit der Durchführung eines Forschungsprojektes zur Wiedervernässung von Moorflächen bestände eventuell die Möglichkeit, über ein Zielabweichungsverfahren zum RROP das Projekt dennoch umsetzen zu können“, heißt es in der Vorlage der Verwaltung. Die aktuelle Planung stellte Arno Djuren, Leiter der Projektentwicklung bei Innovar, am Mittwoch mit einer kurzen Präsentation in der öffentlichen Ratssitzung vor.
540.000 Tonnen CO2-Einsparung
Auf der Acker- und Grünfläche am Rande des Landkreises soll der Solarpark errichtet werden. Die Anlagenleistung liege bei circa 31 Megawattpeak (MWp), so Djuren. Den jährlichen Stromertrag berechnet das Unternehmen mit etwa 31 Gigawattstunden (GWh). Damit könnten 10.200 Einfamilienhaushalte mit Strom versorgt und letztlich rund 18.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Auf die gesamte Laufzeit hochgerechnet wären das etwa 540.000 Tonnen CO2-Einsparung. Hinzu kämen 300 bis 400 Tonnen durch Wiedervernässung.
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Um das realisieren zu können, möchte Innovar nun das Solarprojekt mit einem Forschungsprojekt verbinden. Die Wiedervernässung des Moores könnte für eine CO2-Senke sorgen. Als Kohlenstoffsenke wird ein natürliches Reservoir bezeichnet, das vorübergehend mehr Kohlenstoff aufnimmt und speichert, als es abgibt. „Die Idee ist, die ganze Fläche auf zehn Zentimeter anzustauen“, so Djuren, im Sommer sogar auf 30 Zentimeter.
Wissenschaftliches Monitoring ist geplant
Den Betrieb einer Freiflächenphotovoltaikanlage mit einer Wiedervernässung zu verbinden, soll mit einem wissenschaftlichen Monitoring begleitet werden. Fragen könnten dabei sein: Wie erfolgreich ist die Wiedervernässung? Welche Folgenutzung ist am Ende der Laufzeit von 20 bis 30 Jahren möglich? Wie wirken sich Vernässung und PV-Anlagen auf die Arten und Lebensgemeinschaften aus? Etablieren sich Torfmoose auch auf den Marschflächen?
Als Vorteile für die Ökologie zählte Djuren eine weitere Reduzierung des Moorkörpers durch Stickstoff- und Nitrateintrag auf. Durch die Kultivierung von Torfmoosen bilde sich mehr Torf, was wiederum eine CO2-Bindung fördert. Innerhalb der Freiflächenanlage entstünde ein störungsarmer Lebensraum für Tiere, wodurch das Vorkommen von bestäubenden Insekten, Reptilien, Heuschrecken und Tagfaltern steige und damit auch die floristische und faunistische Artenvielfalt. So gebe es auch ein besseres Nahrungsangebot für Brutvögel.
Unternehmen hat bereits Pachtvertrag mit Eigentümern
Als Herausforderungen sieht der Projektleiter dagegen den hohen zeitlichen Aufwand, hohe Anforderungen an den Bodenschutz und den Einsatz von Sondermaschinen und speziellem Material. Außerdem seien deutlich mehr Akteure und Institutionen an der Umsetzung des Projektes beteiligt.
Der Pachtvertrag mit den Eigentümern sei inzwischen abgeschlossen, so Djuren. Wie es nun weitergeht, liege nun an der Politik in Oederquart. Bei „Wohlwollen“ der Gemeinde, werde das Unternehmen die ersten Gutachten in Auftrag geben. Kritische Nachfragen kamen von Zuhörern aus dem Nachbarkreis Cuxhaven.
Sie fürchten, dass durch die Vernässung der Moorboden in Bewegung kommt, mit Konsequenzen für ihre Grundstücke und Häuser. Samtgemeindebürgermeisterin und Oederquarter Gemeindedirektorin Erika Hatecke machte deutlich, auch für sie sei das Thema Vernässung völlig neu: „Wir sind noch ganz am Anfang dieses Verfahrens und es gibt noch keine Beschlüsse.“
Simon Grotthoff, Regionalplaner beim Landkreis Stade, erklärte auf TAGEBLATT-Anfrage, dass der Landkreis solche Überlegungen durchaus gutheiße. „Es ist grundsätzlich gut, wenn die Entwässerung der Moorböden durch Wiedervernässung verhindert wird, und wir freuen uns, wenn wir solche Pilotprojekte wissenschaftlich begleiten können.“ Zum konkreten Fall könne er allerdings nichts sagen.