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Irritationen

TOhrfeige für Kehdinger Kultur – CDU und SPD auf Schlingerkurs

Kulturmanagerin Karen Hertlein geht. „Ich hätte mir ein eindeutiges Signal gewünscht“, sagt sie zur widersprüchlichen Debatte um ihre Nachfolge.

Kulturmanagerin Karen Hertlein geht. „Ich hätte mir ein eindeutiges Signal gewünscht“, sagt sie zur widersprüchlichen Debatte um ihre Nachfolge. Foto: Buchmann

Hin und Her: Im September hat der Drochterser Verwaltungsausschuss die Fortsetzung des Kulturmanagements beschlossen. Jetzt gibt es plötzlich wieder Beratungsbedarf.

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Von Katja Knappe
Sonntag, 03.11.2024, 09:00 Uhr

Drochtersen. Drochtersens Politik weiß beim Thema Kulturmanagement offenbar nicht, was sie will. Es geht um die Nachfolge für Karen Hertlein. Drochtersen und Nordkehdingen hatten sie Anfang 2022 als Kulturkoordinatorin für Kehdingen eingestellt. Ihre Aufgabe: Die Kulturangebote und Kulturschaffenden in Drochtersen und Nordkehdingen besser miteinander zu vernetzen, gemeinsame Veranstaltungsangebote für die Region zu schaffen und zu vermarkten. Hertleins Job wurde aus einem Landesprogramm gefördert und läuft zum Jahresende aus. Sie steht danach aus privaten Gründen auch nicht mehr zur Verfügung.

Die Gemeinde Drochtersen, die sich die Kultur ins Leitbild geschrieben hat, erwägt eine Fortsetzung des Kulturmanagements für Drochtersen und Nordkehdingen. Die Stelle soll maximal 25 Stunden haben, Drochtersen würde künftig dafür selbst zahlen, sofern die Samtgemeinde Nordkehdingen sich finanziell beteiligt.

Zaudern - Beschließen - Zurückrudern

Doch bereits im Finanzausschuss im September zauderte die Drochterser Kommunalpolitik. SPD-Ratsherr Heino Baumgarten fragte: „Hat sich das bemerkbar gemacht, dass wir eine Kulturbeauftragte hatten? Wie ist das alles angekommen?“ Er forderte, dass Karen Hertlein erstmal über ihre Arbeit berichten solle - eine Forderung, die auch die CDU unterstützte. Über inhaltliche Schwerpunkte des künftigen Kulturmanagements wollten SPD und CDU noch beraten.

Gerade mal zwei Tage später, im nichtöffentlichen Verwaltungsausschuss, fiel eine andere Entscheidung: Für 2025 soll eine 25-Stunden-Stelle fürs Kulturmanagement im Haushalt eingeplant werden, sofern Nordkehdingen sich beteiligt. Die Stelle ist inzwischen ausgeschrieben, damit das Kulturmanagement möglichst nahtlos fortgesetzt werden kann.

Ich bezeichne mich ein bisschen als Kulturbanause

Joachim Grantz (CDU), Mitglied des Kulturausschusses

Doch ausgerechnet im Fachausschuss für Familie, Soziales, Kultur und Sport, ruderten CDU und SPD zurück. Nachdem Karen Hertlein ihren umfangreichen Tätigkeitsbericht vorgetragen hatte, äußerte Joachim Grantz (CDU), er habe „von vielem, was Sie machen, keine Kenntnis gehabt“. Sich selbst bezeichnete Grantz „ein bisschen als Kulturbanause“.

Grantz forderte, die Ergebnisse des Tätigkeitsberichts sollten nun „erstmal in die Fraktionen getragen werden“. Eine Abstimmung über die Freigabe von Finanzmitteln solle dann in den Finanzausschuss oder in den Verwaltungsausschuss gegeben werden.

Eckhoff: Politiker hatten Zeit genug

Bürgermeister Mike Eckhoff reagierte erstaunt: Der Tätigkeitsbericht von Karen Hertlein habe allen Ratsmitgliedern bereits seit Mitte September in schriftlicher Form vorgelegen - Zeit genug also, um sich zu informieren. Außerdem habe der Verwaltungsausschuss - in dem alle Fraktionen vertreten sind - bereits entschieden.

FWG-Vertreterin Yvonne Neumann appellierte vergebens an die Runde: „Wir können nicht immer alles vertagen - und Kultur ist einfach wichtig.“ Mit sechs Nein-Stimmen aus CDU und SPD gegen zwei Ja-Stimmen lehnte der Kulturausschuss es ab, eine Freigabe der Gelder für das Kulturmanagement zu empfehlen.

Diese Entscheidung kann aber den Beschluss des Verwaltungsausschusses nicht aufheben. Die Stellenausschreibung laufe somit weiter, sagte Bürgermeister Eckhoff gegenüber dem TAGEBLATT. Nur der Verwaltungsausschuss selbst, der am 13. November erneut tagt, kann den Beschluss wieder aufheben.

Hertlein hätte sich eindeutiges Signal gewünscht

Karen Hertlein sagte, sie sei nach der Sitzung „ein bisschen überrascht. Ich hätte mir ein eindeutiges Signal gewünscht.“ Sie sei aber „nach wie vor hoffnungsvoll, dass die Stelle weiterhin besetzt wird“. Hertlein brachte Kulturschaffende und Kultureinrichtungen an einen Tisch. Alle ein bis zwei Monate treffe sich das Kulturnetz Kehdingen.

Die Kulturkoordinatorin hat Übersichtskarten zur Kehdinger Kulturlandschaft und zwei Veranstaltungsbroschüren „Kehdinger Kultur“ erarbeitet, um das Marketing der Region zu verbessern. Eine dritte Broschüre für 2025 will sie bis Jahresende noch fertigstellen. Kulturschaffende können Termine an sie mailen: k.hertlein@drochtersen.de.

Zudem hat die 27-Jährige die zweiwöchige Veranstaltungsreihe „Wir sind Kehdingen - Kulturfestwoche 2024“ mit mehr als 80 Veranstaltungen initiiert. „Ich finde, diese Reihe hat sehr gut gezeigt, was es hier in Kehdingen alles gibt. Wir wollen uns als gesamte Region verstehen, die locker mit dem Alten Land mithalten kann“, sagte Hertlein.

Sie hat zudem Social-Media-Kanäle bestückt und eine Homepage (www.kehdinger-kultur.de) kreiert. In den vergangenen Monaten habe sie verstärkt festgestellt, dass das Kulturmanagement seitens der Vereine wahrgenommen werde. Da gebe es etwa auch mal Anfragen zum Erstellen von Plakaten. Auch das gehöre zum Job: Ehrenamtliche zu entlasten.

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