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Landgericht Stade

TBaby schwer verletzt: Was der Vater gegoogelt hat

In diesem Saal des Landgerichts Stade tagte am Freitag die 4. Große Strafkammer in einem Fall von Kindesmisshandlung.

In diesem Saal des Landgerichts Stade tagte am Freitag die 4. Große Strafkammer in einem Fall von Kindesmisshandlung. Foto: cnv

Ein Vater soll seinen Säugling schwer misshandelt haben. Wie stellt sich das Tatgeschehen aus polizeilicher Sicht dar? Zwei Ermittler berichten am Landgericht Stade von ihren Eindrücken.

Von Kai Koppe Samstag, 16.11.2024, 11:08 Uhr

Stade. Eine Ermittlerin des Polizeikommissariats Hemmoor und ein inzwischen im Ruhestand befindlicher Kollege äußerten sich zu den Ergebnissen der nach der Tat vorgenommenen polizeilichen Befragung, zu Handydaten und den häuslichen Gegebenheiten einer in der Börde Lamstedt lebenden jungen Familie. Dem Kindsvater, der auf der Anklagebank des Stader Landgerichts sitzt, wird vorgeworfen, seinem kleinen Sohn in Abwesenheit der Mutter bleibende Verletzungen zugefügt zu haben.

Bis zur Tat war das Kind „ein vollkommen gesunder Säugling“

Nachdem sich der 24-Jährige bereits zu Prozessauftakt geständig gezeigt hatte, scheint außer Frage zu stehen, dass der von Zeugen als labil beschriebene junge Mann den Säugling heftig geschüttelt hat. Möglicherweise fügte er ihm weitere Verletzungen zu: Während der seit dem 5. November voranschreitenden Beweisaufnahme war nämlich auch von Hämatomen im Kopf- und Brustbereich des Babys die Rede gewesen. Am vergangenen Freitag klang außerdem an, dass der Beschuldigte seinem kleinen Sohn die Atemwege zugehalten haben könnte - unter Umständen, um das schreiende Kind zum Schweigen zu bringen.

Bis zur Tat soll der Junge ein „vollkommen gesunder Säugling“ gewesen sein: Das bestätigte sich nach den Worten eines in der Sache ermittelnden Beamten, als die Polizei vor gut einem Jahr eine Hebamme und den für die Vorsorgeuntersuchungen zuständigen Kinderarzt befragte. Ausgehend von einer Geschichte, die der Kindsvater am Tag der Tat seinem Umfeld aufgetischt hatte, nahmen die Ermittler außerdem Maß von verschiedenen Möbelstücken in der Wohnung des Elternpaares.

Dass das Baby - wie vom Angeklagten zunächst behauptet - irgendwo „heruntergefallen“ sein könnte, war aufgrund der Verletzungsmuster allerdings schon von Medizinern in Zweifel gezogen worden. Jene hatten den Kleinen behandelt, nachdem Mutter und Kind am Nachmittag des 1. November 2023 in der Notaufnahme des Elbe Klinikums Stade vorstellig geworden waren.

„Mit dem Baby stimmt etwas nicht“

Wie berichtet hatte die heute 18-jährige Lamstedterin nach ihrer Rückkehr nach Hause schnell den Eindruck gewonnen, dass mit ihrem Baby „etwas nicht stimmte“.

Ob sich unter der Wohnadresse des seit 2021 liierten Paares Hinweise auf Konsum von Drogen („namentlich Kokain“) gefunden hätten, wollte die Kammervorsitzende am Freitag von einem inzwischen im Ruhestand befindlichen Kripo-Beamten wissen - genau wie von einer ebenfalls im Misshandlungsfall ermittelnden Kollegin.

Der Großvater hatte zuvor aufgeräumt

Die Zeugen verneinten, wiesen aber darauf hin, dass der Vater der Kindsmutter vor der beschriebenen polizeilichen Wohnungsbeschau „aufgeräumt“ habe. Dabei tilgte der Betreffende wohl die Spuren eines Suizidversuchs, den der Beschuldigte im Nachgang der Tat unternommen hatte. Dem Vernehmen nach räumte er aber auch Flaschen und Marihuana-Reste aus dem Weg, auf die er in einem Wohnraum gestoßen sein will.

Der Angeklagte selbst hatte angegeben, zum Tatzeitpunkt bekokst gewesen zu sein. Eine Untersuchung seines Handys ergab, dass er am Tattag im Netz nach Begriffen wie „Traumabewältigung“ und „Säugling“ gegoogelt hatte - zu einem Zeitpunkt, der wohlgemerkt vor jenem Moment gelegen haben soll, in dem Dritte der Verletzungen des Babys gewahr wurden. Die Polizei wertete das seinerzeit als belastenden Hinweis: „Für uns war das sehr eindeutig“, merkte der als Zeuge vernommene Ermittler an.

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