TProbleme der Privatversicherten bei Ärzten: Was die Versicherungsexpertin sagt

Im Alter kann die private Krankenversicherung für manchen zum finanziellen Problem werden. Foto: Franziska Gabbert
Eine Privatversicherte im Basistarif hatte gesagt, dass sie sich schlechter gestellt fühlt als gesetzlich Versicherte. Berechtigt? Einzelfall? Hier die Einschätzung einer Expertin.
Bremerhaven. In Deutschland sind etwas mehr als zehn Prozent der Bürger in der privaten Krankenversicherung (PKV) abgesichert. Das sind Selbstständige, Beamte oder Angestellte, die besonders viel verdienen. Die anderen befinden sich in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Also Arbeitgeber und Angestellte, deren Brutto-Einkommen im laufenden Jahr 2024 monatlich über 538 Euro und jährlich unter 69.300 Euro liegen. Im Gesundheitssystem gelten die Privatversicherten als privilegiert. Sie bekommen bei den Arztpraxen leichter einen Termin – so zumindest die Überzeugung vieler.
Doch zugleich gibt es Fälle, bei denen sich privat Versicherte schlechter gestellt sehen als gesetzlich Versicherte. Mit so einem Eindruck hatte sich eine Leserin an die „Nordsee-Zeitung“ gewandt. Sie war nach ihren eigenen Angaben privat versichert, im Alter jedoch nicht in der Lage, die normalen Prämien zu zahlen und kam in den Basistarif. Da sie nicht erkannt werden wollte – sie schämte sich für ihre Lage – wurde ihr Name geändert und Charlotte Weber genannt.
Gleichstellung in der Theorie
Hatte sie recht mit ihrem subjektiven Empfinden? Zumindest nach der rechtlichen Lage sind Privatversicherte im Basistarif den gesetzlich Versicherten gleichgestellt, haben Anspruch auf vergleichbare Leistungen. „Unserer Erfahrung nach gibt es in der Theorie zwar eine Gleichstellung mit der gesetzlichen Krankenversicherung in den meisten Leistungsbereichen, in der Praxis wird dies jedoch von Ärzten und Heilbehandlern anders gelebt“, sagt Anja Glorius, Geschäftsführerin von KVoptimal.de.
Die Fachwirtin für Versicherung und Finanzdienstleistung verortet das Problem bei den Arztpraxen. Diese würden nicht so abrechnen, wie sie sollten. In der Praxis würden die Praxen nach dem Prinzip vorgehen: „Wo kein Kläger, da kein Richter“. Entweder gebe es dann die Behandlung bis zum Regelhöchstsatz und Höchstsatz der Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte oder eben keinen Termin oder keine Behandlung.
Problem in der Branche bekannt
Bei den gesetzlich Versicherten tauche das Problem nicht auf, da hier der Patient mit der Abrechnung nichts zu tun hat. „Die Ärzte haben bei der privaten Krankenversicherung das Vertragsverhältnis mit dem Mandanten und nicht wie in der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Erstatter und Bezahler.“ Das Problem sei in der Branche bekannt, aber es liege an der Ärzteschaft, die nötige Umsetzung zu verbessern. „Wir können aus der gelebten Praxis unserer Mandantschaft sagen, dass die besten Erfahrungen noch mit den Hausärzten gemacht werden“, so Glorius.
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Durch eine langjährige Vertrauensbasis von Arzt zu Patient sei man sich da etwas näher als die Praxisfinanzierbarkeit. Auf die Frage, ob und wo sie Handlungsbedarf sieht, sagt die Versicherungsfachfrau: „Aus unserer Sicht müsste es für den Standard und Basistarif eine Analogie zur gesetzlichen Krankenversicherung geben.“ Also eine klare Vorgabe der Erstattung, angegliedert an die Kassenärztliche Vereinigung.
Was in der Praxis helfen könnte
Und weiter: „Ich bin mir aber sicher, dass dies aus unserer Sicht ausschließlich verbraucherfreundlich gedacht ist und in der Praxis so wegen der Systemtrennung private und gesetzliche Versicherung gar nicht oder extrem beschwerlich möglich wäre.“ Als mögliche Abhilfe bringt sie eine Beschwerdestelle oder eine Anlaufstation für Terminvereinbarungen mit Ärzten als Koordinierung ins Spiel.
KVoptimal.de ist als Unternehmen mit Sitz in Berlin als Versicherungsmakler tätig, der sich auf die Beratung im Bereich der privaten Krankenversicherung spezialisiert hat. Sie berät ihre Kunden unter anderem beim Tarifwechsel innerhalb der bestehenden privaten Krankenversicherung.
Wann sich ein Wechsel in Basistarif lohnt
Ihrer Sicht nach ist der Basistarif der privaten Krankenversicherung nur dann eine wirkliche Alternative, wenn er die Vorgaben erfüllt und zu 50 Prozent vom Amt für soziale Sicherung und zu 50 Prozent von dem privaten Krankenversicherungsunternehmen finanziert ist. „Wenn dies nicht der Fall ist, ist er nicht nur in der Praxis ,schlechter‘ als die gesetzliche Krankenversicherung, sondern auch teurer als ein Einsteigertarif mit dem 3,5-fachen Höchstsatz zur Abrechnung bei Ärzten.“
Was können Patienten wie die Leserin Charlotte Weber tun, wenn sich der Arzt diese nicht nach dem Basistarif behandelt? Ärzte sind nicht verpflichtet, Patienten zu behandeln, außer es liegt ein Notfall vor. Bei der Suche nach alternativen Ärzten könne Patienten entweder unter der Nummer 116117 den Patientenservice wählen oder selbst auch unter der Adresse der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nach Ärzten in der Region suchen.