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Musik

TProduzent Detlef Wiedeke aus Behrste: Er zog gegen Modern Talking vor Gericht

Detlef Wiedeke betreibt sein Vintage Music Studio in Behrste seit 1987.

Detlef Wiedeke betreibt sein Vintage Music Studio in Behrste seit 1987. Foto: Ralf G. Poppe

Sein Name dürfte nur eingefleischten Musikfans etwas sagen. Doch ohne die Stimme von Detlef Wiedeke hätte es Modern Talking womöglich nicht an die Spitze der Charts geschafft.

Von Ralf G. Poppe Samstag, 05.07.2025, 07:50 Uhr

Behrste. Der Song hat Ohrwurm-Charakter: „You‘re my heart, you‘re my soul“. Er war 1984 die Debütsingle des deutschen Popmusik-Duos Modern Talking, das seitdem weltweit rund 120 Millionen Tonträger verkauft hat. Doch der Reihe nach.

Detlef Wiedeke machte damals gemeinsam mit Rolf Köhler und Michael Scholz Musik, sie bildeten die Top-Fourty-Band Kentucky. Beim Musikverlag, der die Formation herausbrachte, arbeitete damals ein gewisser Dieter Bohlen. Der wiederum hatte den Auftrag bekommen, aus dem talentierten Sänger Thomas Anders einen Schlagerstar zu machen.

Mit den hohen Kopfstimmen kam der Erfolg

Also wurden Schlager eingesungen. Doch Bohlen hatte noch einen Titel namens „You‘re my heart, you‘re my soul“ auf Lager. Der Song blieb nicht nachhaltig im Gedächtnis, bis das Trio auf die Idee kam, den Refrain - ähnlich wie bei den Bee Gees - im Falsett, also mit einer sehr hohen Kopfstimme, zu singen. Die Background-Sänger mit hohen Kopfstimmen waren Wiedeke, Köhler und Scholz.

Bohlen verkaufte die Bänder an den Hansa-Verlag. So wurde der Song auch aufgrund der prägnanten Chorstimmen zum Hit. Bohlen und Anders standen unter dem Namen Modern Talking allein im Vordergrund. Das Prinzip funktionierte mit „Cheri Cheri Lady“, „Brother Louie“ und anderen Titeln drei Jahre lang. Bohlen komponierte, Anders sang die Strophen, Wiedeke und seine Kollegen sorgten für den Chor.

Als Modern Talking 1987auseinanderbrach, ging die Kooperation mit Blue System weiter. Jenem Projekt, das Bohlen ab 1987 betrieb. Obendrein realisierte Wiedeke für Bohlen die kompletten Arrangements für zahlreiche Produktionen, unter anderem mit Bonnie Tyler.

Chor-Mitglieder fordern eine Gewinnbeteiligung

Als Modern Talking 1998 neu durchstartete, wollte Bohlen sein Erfolgsteam wieder dabeihaben. Doch diesmal forderten die Musiker eine Gewinnbeteiligung – im Gegensatz zu Bohlen hatten sie keine Millionen an der Musik verdient. Doch es sollte keine Gewinnbeteiligung geben - stattdessen kam es zum Rechtsstreit.

Das Chor-Trio Wiedeke, Köhler und Scholz zog vor Gericht und forderte einen angemessenen Anteil an früheren Produktionen. Es gab einen großen Presse-Rummel, untere anderem der „Spiegel“ berichtete. Angeblich bekam jeder Musiker dann 100.000 D-Mark.

Musiker wurden vertraglich zum Stillschweigen verpflichtet

Wiedeke selbst darf Nachfragen diesbezüglich lediglich mit einem Lächeln kommentieren – die Musiker wurden nach der Abfindung vertraglich zum Stillschweigen verpflichtet. Dass er jedoch maßgeblich an den Bohlen-Produktionen beteiligt war, zeigen die Goldenen Schallplatten an der Wand seines Vintage Music Studios in Behrste, das Wiedeke seit 1987 betreibt.

Bei besagter Band Kentucky war Wiedeke ab den 1980er Jahren der direkte Nachfolger des Bremervörders Peter Weihe (unter anderem Gitarrist beim Helene-Fischer-Hit „Atemlos“). Bei Kentucky spielte zudem Ian Cussick, der zeitweise in Guderhandviertel lebte. Daher ist Wiedeke auch auf Cussicks Album der „Wonderlove“-Ära zu hören.

Weltstar Albert Hammond zu Gast in Behrste

Wiedeke hat neben seinem Chorgesang und Gitarrenspiel selbst als Produzent zahlreiche Alben mit vielen verschiedenen Künstlern aller möglichen Stilrichtungen realisiert. Weltstar Albert Hammond war vor knapp zehn Jahren gar zwei Mal zu Gast in Behrste.

„Ich durfte für das Label Hypertension zwei Alben mit Albert abmischen. Das war nicht immer ganz einfach, denn es war unter anderem sogar ein ganzes Orchester auf den Aufnahmen zu hören“, sagt Wiedeke. Auch der im November 2022 verstorbene ehemalige Sänger der Band Nazareth, Dan McCafferty, war Mitte der 90er im Vintage-Studio zu Gast.

„Das ist lange her. Wann genau diese Aufnahmen entstanden sind, weiß ich gar nicht mehr“, so Wiedeke. Die daraus resultierenden Titel wurden 2023 auf dem Album „No turning back – in Memory of Dan McCafferty“ veröffentlicht.

„Das Schlagzeug war damals schon programmiert. Ansonsten habe ich alles, was auf dem Album zu hören ist, selbst eingespielt, den Titel „Childrens Eyes“ geschrieben sowie alles arrangiert“, erzählt Wiedeke, der am heutigen 5. Juli 75 Jahre alt wird, aber noch lange nicht ans Aufhören denkt.

Aufnahme vom 11. November 1985: Als Modern Talking verkauften Thomas Anders (links) und Dieter Bohlen weltweit 120 Millionen Tonträger.

Aufnahme vom 11. November 1985: Als Modern Talking verkauften Thomas Anders (links) und Dieter Bohlen weltweit 120 Millionen Tonträger. Foto: Roland Witschel/dpa

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