TPrüfung auf der Prahmfähre: Sechs Männer nehmen Kurs aufs Fährmann-Patent

Konzentriert beim Übersetzen: Die sechs Prüflinge müssen jeder einmal hin- und wieder zurück über die Oste setzen - auch Thomas Kranenberg. Foto: Klempow
Die sechs Männer am Ufer der Oste haben schon viel Zeit investiert. Ihr Ziel: Sie wollen Fährmann auf der Broberger Prahmfähre werden. Dafür müssen sie aber erstmal die Prüfung bestehen.
Brobergen. Ein bisschen Nervosität schleicht sich doch ein. Obwohl die Kandidaten fürs ehrenamtliche Fährmanns-Patent so oft geübt haben, entgeht den aufmerksamen Augen des Prüfkommitees an diesem Morgen nichts.
Die Oste macht es den Fährleuten in spé leicht. Bei auflaufend Wasser und einer leichten Brise aus Südost steht das Wasser hoch, aber nicht zu hoch an den Specken, den Fährzufahrten. Die sechs Kandidaten sind gut vorbereitet. Das haben sie bei der theoretischen Prüfung schon unter Beweis gestellt. Jetzt folgt die Praxis an Bord des Fähr-Oldtimers „Helmut Hudaff“.
Die Fähre im "Hafen" am Fährkrug. Die künftigen Fährleute müssen die Fähre vorschriftsmäßig zum Broberger Ufer übersetzen und wieder anlegen. Foto: Klempow
An Bord fehlt das Steuerrad
„Ich wollte mit 63 gar nicht noch mal lernen“, murmelt Thomas Kranenberg. Er macht sich bereit, auf der Prahmfähre das Ruder zu übernehmen. Aber nur im sprichwörtlichen Sinne, denn ein solches fehlt an Bord. Die Prahmfähre wird über ein Stahlseil von einem Ufer zum anderen gezogen. Die Fährleute können das Tempo über den alten Dieselmotor bestimmen - selbst manövrieren können sie nicht.
An Bord stehen offiziell anmutende Menschen: Bianka Schwarzbach, Polizeihauptkommissarin und stellvertretende Dienststellenleiterin der Wasserschutzpolizei Stade. Holger Körtge vom Landkreis Stade, zuständig für Wasserwirtschaft, und Hartwig Meyer vom NLWKN, dem zuständigen Landesbetrieb. „Ich bin Vertreter des Gewässereigentümers“, sagt er und lächelt.
Die Prüfungskommission (von rechts): Hartwig Meyer (NLWKN), Holger Körtge und Madeleine Meyer (beide Landkreis) und Bianka Schwarzbach. Foto: Klempow
Übungsstunden nach Feierabend
Neben den drei Offiziellen ist eine weitere Instanz an Deck. Horst Schimkatis aus Brobergen, „erster Fährmann und Ausbilder“. Er hat die Prüflinge ein halbes Jahr lang auf diesen Tag vorbereitet. Die Ausbildung übernimmt er schon seit 15 Jahren. „Jeder ist bestimmt 30 Mal gefahren, immer abends“, sagt Horst Schimkatis. Übung ist alles - die Fährleute an der Oste brauchen ein Gespür für die Gezeiten, aber auch fürs Tempo, den Motor und die Seilwinde.
Horst Schimkatis bildet seit 15 Jahren ehrenamtliche Fährleute aus. Foto: Klempow

Aufmerksam beobachtet Thomas Kranenberg die Oste beim Übersetzen der Fähre. Foto: Klempow
Fähre tuckert am Seil über die Oste
Klar zum Ablegen. Vorher klappt er Tafeln hoch, um mit Rot zu den Seiten zu signalisieren, dass die Fähre in Fahrt ist. Er hisst die Bälle. Weit und breit kein Boot in Sicht, Kranenberg lässt die Winde das Stahlseil anziehen. Dann wirft er den Motor an, die 100 Jahre alte Prahmfähre tuckert am Seil über den Fluss.
Kaum in Fahrt, muss er den Motor wieder drosseln. Sonst hat die Fähre zu viel Schwung beim Anlegen in Brobergen. Gleiches gilt für die Rückfahrt zum „Hafen“. Das Anlegemanöver beim Fährkrug verläuft ein bisschen rumpelig - die Nervosität. Kranenberg senkt per Knopfdruck das Seil wieder ab, holt die Bälle am Mast ein, klappt die Tafeln an beiden Seiten wieder um. Geschafft.
Günter Sommerfeld hisst die Bälle, um zu signalisieren: die Fähre ist in Fahrt. Foto: Klempow
Music-Cruise-Konzert
T Feine Sahne Fischfilet rocken die Elbfähre im Dauerregen
Das Signalhorn klemmt
Für jeden der sechs Fährmann-Aspiranten gibt es noch ein kurzes Gespräch. Wo denn der Erste-Hilfe-Kasten ist?, fragt Körtge. Bianka Schwarzbach hakt nach, welches akustische Warnsignal bei schlechtem Wetter möglich wäre? Günter Sommerfeld erwischt diese Frage nach seiner souveränen Überfahrt kalt - das Megaphon ist nagelneu und kompliziert in der Bedienung. Und das Signalhorn will nicht. Es ist ein bisschen eingerostet, stellt Schimkatis fest. Er bearbeitet den Knopf mit Nachdruck - immerhin, es hupt dann doch noch.
Günter Sommerfeld drückt auf den Knopf und setzt die Winde in Betrieb, um das Seil zu spannen. Foto: Klempow
Vom Ufer aus beobachet auch Günter Schimkatis, was auf der Fähre passiert. Am Ende ist der Vorsitzende des Fährvereins zufrieden: Alle sechs Prüflinge bestehen. Damit hat der Verein im Jubiläumsjahr der Fähre fast zwei Dutzend einsatzfähige Fährleute an Bord.

Konzentriert beim Übersetzen: Die sechs Prüflinge müssen jeder einmal hin- und wieder zurück über die Oste setzen - auch Thomas Kranenberg. Foto: Klempow

Das Stahlseil ist an beiden Ufern befestigt und führt durch den Fährprahm. Ist das Seil gespannt, treibt der Motor die Fähre von einem Ufer zum anderen. Foto: Klempow
Die Prahmfähre Brobergen ist vor 100 Jahren gebaut worden. Das feiert der Fähr- und Geschichtsverein am 10. und 11. August. Am Sonnabend ab 16 Uhr mit Musik von BiSiMaHei und um 23 Uhr mit einem großen Feuerwerk an der Oste. Festreden und Grußworte gibt es am Sonntag, 11. August, ab 11 Uhr. Im Anschluss spielt der Blasmusik-Experess, außerdem treten der Kinderchor Hechthausen, die Trachtengruppe Elm und der Shantychor Hemmoor auf. Für Kinder gibt es eine Hüpfburg, Ponyreiten und das Fährmannspatent.
Der Fährbetrieb ist ehrenamtlich organisiert: Von Juni bis August montags und dienstags von 13 bis 18 Uhr, von Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Fußgänger und Radfahrer zahlen 1 Euro, Motorradfahrer zwei Euro. Das Übersetzen eines Autos kostest drei Euro. www.faehre-brobergen.de