TRassistische Parolen: So verschlägt es einem nie mehr die Sprache
Ob in der Kneipe, an der Bushaltestelle oder im Supermarkt: Mit diskriminierenden Parolen kann man überall in Kontakt kommen. Foto: Christoph Soeder/dpa
Unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit schleichen sich Rassismus und Diskriminierung in unsere Alltagssprache. Widerworte bringen nichts? Von wegen! Das TAGEBLATT hat sich im Kreis Stade umgehört.
Horneburg. „Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg“, „Überall in der Innenstadt nur noch Zigeuner“ oder „Diese Schmarotzer kommen nur her, um Bürgergeld zu kassieren“: Solchen offen rassistischen und diskriminierenden Parolen begegnet man inzwischen tagtäglich, von der Stammkneipe über den Sportverein bis zur Supermarktkasse. Das Totschlagargument der Parolenschwinger: „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.“
Aber was soll ich tun, wenn der Vereinskollege oder die Tante gegen Mitmenschen hetzt? Das TAGEBLATT hat für Fragen und Antworten zu diesem Thema mit Sonja Mäder, Ines Mlodoch und Astrid Bergmann von der Evangelischen Familienbildungsstätte Kehdingen/Stade (Fabi) sowie Daniela Subei vom Mehrgenerationenhaus Horneburg gesprochen. Hier einige einfache Tipps, um mit solchen Parolen umzugehen.
Was ist eigentlich eine Stammtischparole?
Unter Stammtischparolen versteht man allgemein Behauptungen, die pauschal und verkürzt andere Menschen etwa aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechtes oder ihres sozialen Standes in der Gesellschaft beleidigen, diskriminieren oder verächtlich darstellen.
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Wer solche Parolen benutzt, ist davon überzeugt, eine vermeintliche Mehrheitsmeinung zu vertreten und will ein „Wir gegen die Anderen“-Gefühl aufbauen. Häufig kaschieren Menschen ihre Ängste mit Parolen. Das Wiederholen solcher Parolen, insbesondere aus rechten Kreisen, soll zudem Vorurteile etwa gegen ausländische Mitmenschen festigen und Alltagsrassismus salonfähig machen.
Soll ich überhaupt etwas sagen, wenn ich eine Parole mitbekomme?
Wer in einem Gespräch plötzlich mit einer Stammtischparole konfrontiert wird, dem verschlägt es oft die Sprache. Wichtig ist, aus der Schockstarre auszubrechen und durch eine eigene Haltung aufzuzeigen, dass solche Beleidigungen in unserer Gesellschaft nicht in Ordnung sind. Nichts dazu zu sagen, kann als schweigende Zustimmung gesehen werden und dazu führen, dass sich rassistische Parolen und offen diskriminierende Begriffe immer mehr in die Alltagssprache einschleichen.
Ich fürchte, dass es dann zu einer unangenehmen Diskussion kommt. Wie gehe ich damit um?
Es geht zunächst nicht darum, Argumente auszutauschen oder den Parolenschwinger von der eigenen Haltung zu überzeugen. Viel wichtiger ist es, als Erstes die Irritation aufzuzeigen, die seine Aussage bei einem selbst auslöst. Das geht schon mit einfachsten Mitteln: Ein irritierender Blick, ein Kopfschütteln oder einfache Nachfragen wie „Habe ich das gerade richtig verstanden?“ können das Gegenüber schon zum Nachdenken anregen.
Jeder entwickelt mit der Zeit seine eigene Strategie im Umgang mit Stammtischparolen. Diskussionen können ebenfalls dazugehören, sie sollten jedoch sachlich bei den Fakten bleiben. Ist die Faktenlage unklar, kann eine Nachfrage nach den Quellen oder ein Faktencheck etwa mit dem Smartphone weiterhelfen.
Wichtig: Niemals den Selbstschutz vergessen. Erscheint die Situation gefährlich, etwa durch größere oder aggressive Gruppen, sollte man sich lieber zurückziehen.
Ich fühle mich unsicher. Wie kann ich üben, meine Haltung zu zeigen?
Zunächst sollte man sich drei bis fünf persönliche Werte überlegen, für die man hundertprozentig einsteht. Denn wer sein Wertegerüst kennt, kann diese Werte leichter als Haltung nach außen zeigen. Um zu üben, seine Haltung gegenüber anderen zu zeigen, bieten sich geschützte Räume an. Hierzu zählen Situationen aus dem persönlichen Umfeld, beispielsweise in der eigenen Familie oder auf der Arbeit.
Wenn in einem Gespräch etwa ein Satz fällt, der nicht mit dem eigenen Wertegerüst übereinstimmt, kann man die eigene Haltung zeigen. Dies geht beispielsweise durch Ich-Botschaften, in denen man seine Gefühle ausdrückt. Andere Menschen im Umfeld können das erkennen und eventuell solidarisch zur Seite stehen. So wird klar: Man steht mit seiner Haltung nicht allein da.
Workshop in Horneburg
Am 5. September findet um 19 Uhr der Workshop „Stammtischkämpfer*innen - Alltagsrassismus begegnen“ im Mehrgenerationenhaus Horneburg statt. Der Workshop ist kostenfrei, die Teilnehmerzahl ist auf maximal 15 Personen begrenzt. Der Workshop ist eine Kooperation von Fabi Stade, Bürgerinitiative „Menschenwürde Landkreis Stade“, der Gruppe „Solidarität grenzenlos“ und MGH Horneburg. Die Anmeldung erfolgt online über www.fabi-stade.de. Die Fabi Stade plant bereits weitere Workshops, Interessenten können sich unter 04141/ 797570 oder info@fabi-stade.de erkundigen.
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